Nicht das, was uns droht, sondern, dass einfach alles so weiter geht, ist die eigentliche Katastrophe!

Es ist ihre und unsere leidenschaftliche Liebe zum Leben, zu allem Lebendigen. Das Abenteuer zu zu leben ist uns lieber als Sicherheit.

In einem vor kurzem erschienene Buch der Redaktionsgruppe „Eroberung der Sonne“ wird in 17 Kapiteln auf „Aktionen undogmatischer militanter Gruppen“ der Jahre 1968 bis 2025 zurück geschaut. Allen Akteur*innen ist eben jene leidenschaftliche Liebe zum Leben und allem Lebendigen gemein. Die 17 Kapitel enthalten in jeweils chronologischer Abfolge kurze Meldungen, Ausschnitte aus Erklärungen oder Zeitungsmeldungen zum jeweiligen Schwerpunkt. Jedes Kapitel ist einem Oberthema gewidmet. Von Feministischen Aktionen (Kapitel I.), über Antikapitalismus (II.), Antifaschismus (V.), Gegen die Polizei (X.), Solidarität mit den Gefangenen (XVI.) bis Zeit der Pandemie (XVII).

Die Aktualität des Buchs zeigt sich darin, dass noch Meldungen bis Juni 2025 berücksichtigt wurden. So wird auf Seite 186 unter dem 14.06.2025, im Kapitel Anti-Kolonialismus (XII.), der Angriff auf zwei Autos vor einem Haus des Präsidenten der Kühneholding in Hamburg referiert.

Zugleich werden die in dem Buch versammelten Kämpfe bis heute geführt, kein einziger der Kämpfe ist historisch überholt. Nur ein Beispiel: am 07.07.1987 (Kapitel Antirassismus IV.) wurde in Berlin ein Gebäude der Zentralen „Sozialhilfe“-Stelle für Asylbewerber*innen. Abgebrannt. Die Gruppe „Revolutionäre Viren“ forderte damals unter anderem ein „freies Einreise- Aufenthalts- und Bewegungsrecht“ sowie „keine Wertgutscheine, keine Naturalien, sondern genügend Geld für alle“. Forderungen die gerade jetzt besonders aktuell sind, nachdem der Bundestag 2024 die sogenannte „Bezahlkarte“ im „Asylbewerberleistungsgesetz“ verankert hat. Wobei sich heute der Protest gegen diese entwürdigende Praxis in großen Teilen auf den Umtausch von Gutscheinen in Bargeld zu beschränken scheint.

In Kapitel VIII, „Kämpfe gegen die Zerstörung des Planeten und für die Wälder“, datiert die erste Meldung von 1981, als in Schleswig-Holstein jenes Planungsbüro abgebrannt wurde, das für die im Bau befindliche Autobahn Hamburg-Berlin verantwortlich zeichnete. Auch 24 Jahre später hat der Auobahnbau nicht an Bedeutung verloren.

Emanzipatorische Aktionen jenseits von Kaderstrukturen, jenseits dogmatischer politischer Zusammenschlüsse, wurden und werden mal belächelt, mitunter bekämpft- und ich meine nicht die staatlichen Repressionsorgane, die selbstverständlich mit aller Brutalität und Härte auch schon immer gegen die hier thematisierten Kämpfe vorgegangen sind.

Ein Buch das genau jetzt richtig in die Zeit passt, aber nicht sich fugenlos einschmiegend, sondern widerständig, kantig. Ein Buch, das die zentralen Aktionsfelder in ihrem zeitlichen Zusammenhang dokumentiert. „Ein bisschen wie eigene Geschichte lesen“, meinte spontan ein Person die in den Band hinein schaute.

Grafisch ist das Buch liebevoll und lebendig gestaltet. Die abstrakte Grafik auf dem Cover, eine Reminiszenz an den russischen Künstler Lissitzky, erinnert mich an einen Menschen in Bewegung, voller Energie, nach vorn’ agierend, mutig, kämpferisch. Dazu die Farben. Das Buch ist in schwarz, weiß und lila gehalten. Lila als eine der traditionellen Farben der feministischen Bewegung, als Symbol für Selbstbestimmung, Widerstand gegen Unterdrückung und für Gleichberechtigung.

Gewidmet hat die Redaktionsgruppe das Buch all jenen, die sich in den letzten 50, 60 Jahren die Nächte um die Ohren geschlagen haben, um zum Angriff über zu gehen. Zudem erinnern das Kollektiv an einige jener Gefährt*innen, die gestorben sind oder umgebracht wurden. Darunter Conny Wessmann (1989/Göttingen), Silvio Meier (1992/Berlin) und Kyriakos Xymitiris (2024/Athen).

Wer das Buch nun selbst lesen möchte – es wird in in gut sortierten Buchläden zu finden sein, sicherlich auch auf Veranstaltungen, Festivals. Es wird sich verbreiten. Im übrigen kann es von allen die wollen, nachgedruckt oder anderweitig vervielfältigt werden.

Titel: „Nicht das, was uns droht, sondern, dass einfach alles so weiter geht, ist die eigentliche Katastrophe. Aktionen undogmatischer militanter Gruppen von 1968-2025“

Hrsg.: Redaktionsgruppe „Eroberung der Sonne“

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