Vor rund einem Jahr wurde dem 38-jährige Mahdi Bin Nasr in den Kopf geschossen, danach zerstückelt und in den Rhein geworfen. Den Täter, Patrick E. aus Maulburg, erwartet nach einem Deal mit Staatsanwaltschaft und Gericht eine Strafe zwischen sechs und sieben Jahren- die rechtsextremen Äußerungen des Angeklagten seien, so die Justiz, nur Indizien, keine Beweise für ein rechtsextremes Tatmotiv.
Der Hintergrund des Prozesses
Vor 11 Jahren floh Mahdi Bin Nasr aus Tunesien nach Deutschland, allerdings wurde ihm hier kein Asyl gewährt. Zuletzt lebte er in Rickenbach, im Hotzenwald, in einer Unterkunft für Asylbewerber. Kurz vor Weihnachten 2023 feierten der Angeklagte und weitere Personen in einem Ferienhaus. Angeblich sei Mahdi Bin Nasr mit dem Fahrrad am Haus vorbeigefahren und habe „Ihr scheiß Deutschen“, „Ihr Nazis“ oder so gesagt. Daraufhin sei der Angeklagte dem späteren Opfer gefolgt, in die Asylbewerberunterkunft eingebrochen. Dort habe er zwei Mal auf Mahdi Bin Nasr geschossen, diesen anschließend zerteilt und im Rhein versenkt.
Der auffällige Vorsitzende Richter Martin Hauser
Der Vorsitzende verwahrte sich dagegen „auf dem rechten Auge blind“ zu sein. Dass sich der Angeklagte in Post aus seiner Zelle damit brüstet ein „Held“ zu sein, da er ein Attentat verhindert habe, dass er nur das getan habe „was in anderen Ländern erlaubt“ sei, alles ohne Bedeutung. Über der Hundehütte stand „Wolfsschanze“, er klebte Sticker der rechtsextremen Zeitschrift „Compact“, über seinem Carport steht „Deutsches Schutzgebiet“, sein Arbeitgeber mahnte ihn ab, nachdem er gesagt hatte „Ein richtiger Deutscher kauft nicht bei Juden“. Auf seinem Smartphone Memes mit Reden Adolf Hitlers.
All das rechtfertige es aber nicht, von einem rechtsextremen Motiv auszugehen. Wichtiger fand Richter Martin Hauser darauf hinzuweisen, dass das Opfer seit 2013 „auf Kosten des Steuerzahlers hier gelebt“ habe und „seit 2017 ausreisepflichtig gewesen“ sei. Zudem habe Mahdi Bin Nasr angeblich provoziert, mit den diesem zugeschrieben Aussagen von den „scheiß Deutschen“ und „Ihr Nazis“.
Der Richter ist einer der sensiblen Sorte wenn es um seine Belange geht, so lamentiert er 2015 gegenüber der Badischen Zeitung, er sei „noch nie so viel angefeindet worden wie hier“, an seiner damaligen richterlichen Wirkungsstätte.
Der schmutzige Deal
Hand in Hand dealten das Gericht, die Staatsanwaltschaft und die Verteidigung mit dem Angeklagten: gegen sein Geständnis, und der dadurch ermöglichten Verkürzung des Prozesses, wurde ihm eine Verurteilung wegen Totschlags zu einer Strafe zwischen sechs und sieben Jahren zugesichert, eigentlich reicht der Strafrahmen für Totschlag von fünf bis fünfzehn Jahren.
Gerichtsreporter Frank Zimmermann von der Badischen Zeitung versicherte im Gespräch mit Radio Dreyeckland, er habe nach nunmehr 20 Jahren als Reporter, so einen Deal bei einem derart schweren Vorwurf noch nie erlebt.
Einordnung des Verfahrens
Wenn es seitens der Justiz gegen linke Beschuldigte geht, ist der Vorwurf des (versuchten) Mordes leicht zur Hand. In jüngster Zeit sind zu nennen die Anklage gegen Benni, dem die Staatsanwaltschaft versuchten Mord im Zusammenhang mit einer Demonstration vorwirft, sowie zuletzt die Anklage der Bundesanwaltschaft gegen Hanna, im Zusammenhang mit den antifaschistischen Aktionen gegen Nazis in Budapest. Auch hier lautet die Anklage auf versuchten Mord.
Wer hingegen Waffen hortet, fast 40 Schusswaffen hatte der Angeklagte Zuhause in Besitz, die meisten davon legal, sich antisemitisch äußert, rechtsextremistische Publikationen bewirbt, nazistische Memes konsumiert, da fällt es den Staatsanwält*innen und Richter*innen naturgemäß sehr schwer ein rechtsextremes Motiv zu erkennen. Da helfen dann auch keine Tatumstände, wie der Einbruch in die Wohnung, Schüsse in den Kopf, Zerteilen und Verstecken der Leiche. Auch ein sich mit der Tat noch aus der Haft heraus brüsten, verhelfen nicht zu neuen Perspektiven, sondern am Ende zu einer Belohnung für den Angeklagten: er habe schließlich geholfen den Prozess zu verkürzen, zudem sei das Opfer dem Staat auf der Tasche gelegen und hätte längst nicht mehr in Deutschland sein dürfen. Sechs bis sieben Jahre ab in den Knast. Bevor die Badische Zeitung den Fall intensiver aufgriff, nahm kaum jemand in Südbaden Notiz vom Tod Mahdi Bin Nasrs. Danach berichtete zumindest der Regionalsender SWR4 über den Prozessverlauf. Radio Dreyeckland wiederum schickte Reporter*innen zum Prozess und bipocfreiburg fordert „Justice for Mahdi Bin Nacr“.
Wie viele Mahdis wurden und werden in Deutschland jedes Jahr umgebracht, ohne dass ihre Namen, Gesichter und Geschichten bekannt werden? Wie viele Martin Hausers sprechen tagtäglich Recht und stehen in der Tradition eines Richters Manfred Götzl, dem Vorsitzenden im NSU-Prozess?
Für den 18. November 2024 um 9:00 Uhr hat das Landgericht Waldhut-Tiengen die Urteilsverkündung angesetzt. Gerechtigkeit kann und darf niemand erwarten!
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