Strafsache Dubravko Mandic: Landgericht Freiburg spricht Mandic frei- hier der ausführliche Prozessbericht!

Wie schon am 25.10.2023 kurz berichtet, fand am selben Tag eine mehrstündige Berufungsverhandlung vor dem Landgericht Freiburg statt. Verhandelt wurde über eine Strafsache von 2016. Ihm waren fünf Fälle der Beleidung zur Last gelegt worden. Unter Vorsitz von Richter Dr. Bleckmann, kam das Schöffengericht jedoch zu dem Ergebnis, dass Mandic freizusprechen sei und die Staatskasse die Kosten des Verfahrens zu tragen habe. 

Der Strafbefehl von 2017

Schon 2017 erging auf Antrag der Staatsanwaltschaft Karlsruhe gegen Mandic Strafbefehl durch das Amtsgericht Freiburg. Er habe auf seinem Facebook Account ein Foto verbreitet, welches eines der bekannntesten Fotos aus dem NS-Hauptkriegsverbrecherprozess zeigt, nur, dass in der Aufnahme auf der Facebook Seite von Mandic, rund 17 der Originalgesichter ausgetauscht waren: nun sah man dort Frau Merkel, Cem Özdemir, Claudia Roth, Ralf Stegner und weitere Politprominenz auf der Anklagebank. Zudem habe Mandic von „Türken-Özi“ geschrieben, gemünzt auf Cem Özdemir. Dies sei strafbar nach § 185 StGB in fünf Fällen; fünf der Betroffenen hätten fristgerecht Strafantrag gestellt.

Einspruch und weiterer Verfahrensgang

Gegen den Strafbefehl hatte Mandic Einspruch eingelegt, so dass das AG Freiburg mündlich darüber verhandelte und ihm am 27.04.2018 entsprechend verurteilte; auf seine Berufung hin stellte das Landgericht im Jahr 2022 das Verfahren ein, denn die Geschädigten hätten nicht fristgerecht ihre Strafanträge eingereicht. Die 3-Monatsfrist innerhalb derer Strafantrag hätte gestellt werden müssen, hätte schon im Jahr 2015 zu laufen begonnen, denn sonst würde bei Äußerungen im Internet die Strafantragsfrist unzulässig ausgedehnt. Hier seien die Strafanträge nunmehr zu spät gestellt worden, dies stelle ein nicht behebbares Verfahrenshindernis dar.

Hiergegen erhob die Staatsanwaltschaft Revision zum Oberlandesgericht Karlsruhe, der mit Urteil vom 18.Januar 2023 stattgegeben und an das Landgericht Freiburg zurück verwiesen wurde (Az.: 2 Rv 34 Ss 589/22). Danach sei zu unterscheiden zwischen der Tatvollendung und der Tatbeendigung- beide Zeitpunkte fielen oftmals in eins, aber eben nicht immer. Bei Publikationen wie hier, sei die Tat erst beendet, wenn das Bild gelöscht worden sei.

Im selben Urteil hat das OLG Karlsruhe, dies nur der Vollständigkeit halber, das Rechtsmittel des Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgericht Freiburg wegen gefährlicher Körperverletzung verworfen. Mandic war zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt worden, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden war.

Der Berufungsprozess am 25.10.2023

An einem verregneten Mittwochmorgen trafen die Staatsanwaltschaft Karlsruhe, vertreten durch Staatsanwalt Röber, zwei Verteidiger*innen von Dubravko Mandic, nämlich der Kölner Rechtsanwalt Jochen Lober (bekannt als Verteidiger von Ralf Wohlleben im NSU Prozess https://www.nsu-watch.info/2015/08/neue-anwaelte-fuer-wohlleben-in-vertretung/) und Rechtsanwältin Dr. Sylvia Schwaben im Saal II des Landgericht Freiburg aufeinander. Unter Vorsitz von Richter Dr. Bleckmann und zwei Schöffinnen wurde bis den ganzen Vormittag und dann auch am Nachmittag um die Deutung des Bildes sowie der schriftliche Zusatz „Türken-Özi“ gerungen.

Und war der um den es ging, Dubravko Mandic? Er ließ sich von seinem Rechtsanwalt vertreten, was in einer Konstellation wie der hier verhandelten möglich ist. Der aus dem Norden angereiste Verteidiger Lober stellte im Verlauf der Verhandlung 11 Beweisanträge. Unter anderem wollte er, dass ein Sachverständigengutachten eingeholt werde zum Beweis der Tatsache, dass es sich bei der Fotomontage um Kunst handele. Einem anderen Beweisantrag legte er ein Lineal bei. Damit sollte der Abstand der Gesichter auf der Fotomontage vermessen werde, um so zu verdeutlichen, dass keines der (Politker*innen)Gesichter irgendwie besonders hervorgehoben sei.

Denn das war seine Verhandlungsstrategie: unter Hinweis auf die „ACAB“-Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichts, das 2016 entschieden hatte, dass die Verwendung „ACAB“ nicht per se strafbar sei, denn bei „Kollektivbeleidigungen“ müssen sich sie Äußerung auf eine hinreichend überschaubare und abgegrenzte Personengruppe beziehen. Hier, so Rechtsanwalt Lober, stünden die Gesichter der Politiker*innen jedoch für die Politikerklasse als solche, die nämlich AfD Politiker in die Nähe des Nazismus rücken würden. Weshalb neben der Fotomontage auch der Hinweis „Hautptanklagevorwurf Üble Nachrede“ gestanden habe.

Das Gericht lehnte die meisten Beweisanträge ab, so zum Beispiel den Antrag auf Vernehmung der Verlegerin Friede Springer: sie sollte dazu vernommen werden um zu beweisen, dass es sich bei der Fotomontage um reine Satire handele.

Die Verteidigung bemängelte zudem, dass die Staatsanwaltschaft Karlsruhe gegen einen linken Blog, der ein vergleichbares Foto verwendet habe, keine Ermittlungen führte, sondern nur gegen ihren Mandanten. Die Verfahrensbeteiligten und drei Zuschauer bekam dann noch ein Video zu sehen, welches Mandic im Gespräch mit einer Frau des Kanals „News Front“ zeigt, und in welchem er erklärte das Bild gepostet zu haben, sich dem „Patriotischen Lager“ zurechne und politische Korrektheit für ihn weniger eine Rolle spiele.

Fast durchgehend bezeichnete der Verteidiger Mandic als „meinen Kollegen“, also als Rechtsanwaltskollegen, der dieser ja tatsächlich ist. Rechtsanwalt Lober gefiel sich augenscheinlich darin, das Verfahren auch ins Lächerliche zu ziehen, wenn der den Begriff „Türken-Özi“ in eine Reihe stellte mit DJ Özi, der ja aus Österreich komme. Dann müsse man ja auch den „feschen Franzosen“ und die „rassige Italienerin“ offenbar unter Strafe stellen, im übrigen sei es Özdemir selbst, der seine türkischen Hintergrund auf seiner Internetseite thematisiere. Man sei zudem im politischen Sektor oft sehr robust unterwegs.

Er forderte wenig überraschend Freispruch für seinen Mandanten.

Staatsanwalt Röber betonte, dass es sich bei der Aussage „Türken Özi“ um eine strafbare rassistische Beleidigung handele und die Fotomontage sei kein Beitrag zur Meinungsbildung, sie die Verteidigung meine, sondern ebenfalls strafbare Beleidigung, da si ehrverletzenden Charakter habe, bzw. dieser im Vordergrund stünde. Die Staatsanwaltschat forderte eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen à 100 €.

Das Urteil des Landgerichts Freiburg

Es wurde dann 16:30 Uhr als das Landgericht verkündete, dass Mandic freigesprochen werde, die Kosten des Verfahrens trage die Staatskasse. Nach den Worten des Vorsitzenden Richters Dr. Bleckmann seien zwar fristgerecht Strafanträge gestellt worden, jedoch liege hier keine Beleidigung im Sinne des § 185 StGB vor. Es lasse sich eben nicht sicher ausschließen, dass Mandic einen Beitrag zur politischen Diskussion habe leisten wollen. Hier gälten dann andere Maßstäbe, so wie ja auch in „bayrischen Bierzelten“ die GRÜNEN verballhornt würden. Nicht beweisen lasse sich, dass Mandic durch die Verwendung der Fotomontage die dort Gezeigten mit den Nationalsozialisten habe gleichsetzen wollen, und so gelte „in dubio pro reo“ (Im Zweifel für den Angeklagten). Und zudem sei nicht alles was rassistisch ist auch strafbar. In einer Schlussbemerkung in Richtung des Verteidigers, dessen Kollegin erschien nach der Mittagspause nicht mehr, wies der Vorsitzende noch darauf hin, dass Mandic offenbar einen Wandlungsprozess durchgemache und sich nicht mehr entsprechend äußere.

Reaktionen der Beteiligten

Die Staatsanwaltschaft Karlsruhe teilte RDL auf Anfrage mit, man habe das Urteil zur Kenntnis genommen und werde nun prüfen ob Revision eingelegt werde. Von Dr. Ralph Stegner kam über sein Büro die Rückmeldung folgende Rückmeldung: „In einem demokratischen Rechtsstaat muß man die Urteile unabhängiger Gerichte akzeptieren. Das gilt für mich auch in diesem Fall. In der Sache bleibt der Vorgang allerdings vollständig inakzeptabel und die Gleichsetzung mit den Nazi-Kriegsverbrechern bleibt eine empörende Diffamierung, gegen die ich mich immer wieder zur Wehr setzen würde.“
Und was macht Dubravko Mandic? Wie sein Verteidiger auf Frage von RDL lachend erklärte, werde der das Urteil nun wohl feiern. Es sei doch „eine Super Sache“, in nur rund 3% der Strafsachen gebe es einen Freispruch.


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