„Verhindern wir die Auslieferung Zaids nach Ungarn“ – Soligruppe im Interview

Vor wenigen Wochen stellten sich bundesweit mehrere Antifaschist:innen, die von der ungarischen Justiz mit Haftbefehlen gesucht werden. Ihnen wird vorgeworfen, 2023 Neonazis in Budapest angegriffen zu haben. Alljährlich marschieren Neonazis aus ganz Europa durch die ungarische Hauptstadt, um am sogenannten „Tag der Ehre„, Soldaten der Wehrmacht und der Waffen-SS zu gedenken. Diese hatten, gemeinsam mit ungarischen Kollaborateuren, 1945 versuchte, aus dem Kessel der Roten Armee, die Budapest umstellt hatte, auszubrechen.

Dem nun in Kön in Auslieferungshaft sitzenden Zaid, der keinen deutschen Pass hat, wird vorgeworfen, Teil jener Gruppe von Antifaschist:innen gewesen zu sein, die Neonazis angegriffen haben sollen. Für Radio Dreyeckland sprach ich mit Lio, einer Person der Kölner Soligruppe, die gegen die Auslieferung Zaids kämpft.

Ausblick

Der zivilgesellschaftliche Protest gegen die Auslieferung nach Ungarn ist noch ausbaufähig, auch wenn schon viele Menschen gegen eine mögliche Auslieferung protestieren. Dem Kammergericht sollte klar sein, dass es diesmal nicht so oberflächlich und verfassungswidrig wird agieren können, wie im Fall von Maja, die sehenden Auges in unmenschliche Haftbedingungen geschickt wurde, in ein Land, das selbst rudimentärste menschenrechtliche Ansprüche nicht zu erfüllen gewillt ist- insbesondere wenn es sich um eine dem linken Spektrum zugerechnete Person handelt. Der in ein Land deportiert werden soll, in welchem 2023 die damalige Staatspräsidentin Katalin Novák, den verurteilten Neonazi György Budaházy begnadigte und dann das Gefängnis, auf einem Pferd reitend, verlassen durfte.

Solidaritätsbrief

Wer einen Offenen Brief mitunterzeichnen möchte, der sich gegen die Auslieferung Zaids nach Ungarn wendet, findet eine solchen auf der Internetseite des Komitees für Grundrechte und Demokratie.

Freiheit für Zaid!
Freiheit für alle Antifaschist:innen!

Kammergericht lehnt Freilassung Zaids ab!Rechtsanwältin Busl zum Fall ihres Mandanten Zaid

Anna Magdalena Busl aus Bonn vertritt den zur Zeit in Köln inhaftierten Zaid. Ihm wird von der ungarischen Justiz vorgeworfen, sich 2023 in Budapest an Angriffen auf Neonazis beteiligt zu haben. Am sogenannten „Tag der Ehre“ marschieren regelmäßig tausende Neonazis durch die Stadt um SS- und Wehrmachtssoldaten zu gedenken.

Während gegen alle deutschen Antifaschist:innen in Deutschland Ermittlungs- und Strafverfahren laufen und die aktuell inhaftierten Personen, nicht nach Ungarn ausgeliefert werden sollen, will die deutsche Justiz dies bei Zaid nicht so handhaben, obwohl er fest in Deutschland verwurzelt ist. Seine Anwältin spricht davon, dass hier mit zweierlei Maß gemessen werde.

Trotzdem er sich freiwillig der Justiz stellte, lehnte nunmehr das Kammergericht Berlin es ab, den EU-Haftbefehl ausser Vollzug zu setzen.

Für Radio Dreyeckland sprach ich mit der Bonner Rechtsanwältin Anna Busl, sie vertritt Zaid A. in dem Verfahren. Das Interview gibt es hier zu hören.

Solidaritätsbrief

Wer einen Offenen Brief mitunterzeichnen möchte, der sich gegen die Auslieferung Zaids nach Ungarn wendet, findet eine solchen auf der Internetseite des Komitees für Grundrechte und Demokratie.

Bundesregierung antwortet auf Anfrage der LINKEN im Fall Maja

Nachdem die deutsche Justiz am 28. Juni 2024 in aller Eile dafür sorgte, dass Maja T. aus dem Komplex „Budapest“, an die ungarischen Behörden ausgeliefert wurde, so dass ein beim Bundesverfassungsgericht gestellter und erfolgreicher Antrag auf vorläufigen Aufschub der Auslieferung ins Leere lief, gab es zahlreiche parlamentarische Anfragen. Nunmehr liegt eine Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der LINKEN im Bundestag vor.

Was wollte die LINKE im Bundestag wissen?

Die LINKE wollte wissen welche Bundesbehörden involviert waren, welchen Kenntnisstand die Bundesregierung hatte, inwieweit der Verfassungsschutz eingebunden ist, aber auch welche Konsequenzen die Bundesregierung aus den Berichten über ein generell queerfeindliches Klima in Ungarn allgemein und in den dortigen Haftanstalten im Besonderen für künftige Auslieferungen bzw. Überstellungen an ungarische Strafverfolgungsbehörden ziehe.

Antwort der Bundesregierung

Die Bundesregierung bestätigte, wenig überraschend, die Beteiligung von BKA und Bundespolizei. Es sei die Bundespolizei gewesen, die Maja am 28. Juni „auf dem Landweg vom Flugplatz Vilshofen (Bayern) an die deutsch-österreichische Grenze“ gefahren habe.

Auch der Generalbundesanwalt sei informiert und beteiligt gewesen, schließlich hatte dieser, vor der vom Kammergericht Berlin bewilligten Auslieferung, beim Bundesgerichtshof die Aufhebung des gegen Maja T. bestehenden Haftbefehls erwirken müssen.

Was das queerfeindliche Klima in Ungarn und eigene Schlussfolgerungen der Bundesregierung anbetrifft, meint diese: „Die Bundesregierung darf nach den europarechtlichen Vorgaben auf die Übergabeverfahren nach einem Europäischen Haftbefehl keinen Einfluss nehmen“, es sei Sache der Gerichte entsprechende Aspekte zu prüfen.

Soweit zu einer Beteiligung des Bundesamtes für Verfassungsschutz bei Fahndungsmaßnahmen in dem Komplex „Budapest“ Fragen gestellt wurde, verweist die Bundesregierung lapidar auf vorherige Antworten auf Fragen der AfD (!). Sucht man sich dann die Antworten heraus, erfährt man lediglich, dass sich die Bundesregierung hierzu öffentlich nicht äußern möchte, denn die „Betroffenen Akteure könnten dementsprechend Abwehrstrategien entwickeln und dadurch die Erkenntnisgewinnung des BfV erschweren oder in Einzelfällen unmöglich machen. Dies kann die Funktionsfähigkeit des BfV nachhaltig beeinträchtigen und damit einen Nachteil für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland bedeuten“ (hier in der Drucksache zu finden auf Seite 21, Frage 21).

Resümee

Offenbar auch als Folge der Auslieferung von Maja T. an Ungarn, plant nunmehr die Bundesregierung, wie kürzlich LTO berichtete, eine Reform des Auslieferungsrechts und will die Möglichkeit einer mündlichen Anhörung auszuliefernder Personen ebenso einführen, wie die eines Rechtsbehelfs. Hierzu liegt ein Referentenentwurf aus dem Bundesjustizministerium vor.

All das hilft Maja nichts! Aber aus der Antwort der Bundesregierung wird vielmehr deutlich, dass das Handeln der beteiligten Mitarbeitenden von Behörden wie auch des Kammergerichts, davon geprägt gewesen schien, Maja eiligst an Ungarn zu auszuliefern. Eine mögliche, ja eine wahrscheinliche Intervention des Bundesverfassungsgerichts sollte verunmöglicht werden.









































Auslieferung von Maja nach Ungarn: organisierte Ahnungslosigkeit!

Die Vorgeschichte

Nachdem es im Frühjahr 2023 zu antifaschistischen Protesten in Budapest (Ungarn) gegen den alljährlichen Nazi-Aufmarsch, anlässlich des „Tags der Ehre“, ein faschistisches „Heldengedenken“, kam, versucht die ungarische Justiz europaweit Antifaschist*innen festnehmen und ausliefern zu lassen.

Maja wird festgenommen und ausgeliefert

Im Dezember 2023 vollstrecken deutsche Behörden einen ungarischen EU-Haftbefehl und verhaften Maja. Bis Ende Juni 2024 wird Maja in Dresden in Haft sitzen, bevor dann das Kammergericht Berlin entscheidet, dass die Auslieferung zu erfolgen habe. Es gab regelmäßig Demonstrationen vor der JVA Dresden und vielfältige Proteste gegen die drohende Auslieferung. Nur Stunden nach Zustellung des Beschlusses des Kammergerichts, beginnen die Behörden mit der Umsetzung der Auslieferung: nach Mitternacht wird Maja aus dem Schlaf gerissen, das LKA Sachsen ist da uns will Maja nun nach Ungarn schicken.

Eilverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht

Majas Rechtsbeistände beantragen noch am frühen Morgen des 28. Juni 2024 beim Bundesverfassungsgericht eine einstweilige Anordnung gegen die Vollziehung der Auslieferung. Das Gericht erlässt um 10:50 Uhr die beantragte einstweilige Anordnung-aber da sitzt Maja schon in ungarischer Haft!

Anfrage der GRÜNEN an die Sächsische Staatsregierung

Der Abgeordnete Valentin Lippmann (Bündnis 90/Die Grünen) fragte vor wenigen Wochen die sächsische Staatsregierung ob dem LKA bekannt gewesen sei, dass Majas Rechtsbeistände vor dem Verfassungsgericht klagen würde, ob das LKA sich bei der (zuständigen) Generalstaatsanwaltschaft rückversichert oder gar etwaige „Bedenken (…) gegen die Rechtmäßigkeit (…) auf dem Dienstweg“ mitgeteilt habe.

Erste Antwort der Sächsischen Staatsregierung

Die organsierte Ahnungs- oder auch Verantwortungslosigkeit kann der Antwort der Staatsregierung vom 02.08.2024 entnommen werden.

Nach einer kurzen Schilderung des konkreten Ablaufs, Einsatzbeginn 2.00 Uhr in der Nacht, folgen im berüchtigsten Jurist*innen-Deutsch, Verweise auf SächsVwVfZG, VwVfG, fast schon zynisch anmutend auch auf das Grundgesetz und die Verfassung des Freistaates Sachsen. Alles nur um zu belegen, dass man streng nach Recht und Gesetz gehandelt habe. Zudem sei unter keinen Umständen das LKA Sachsen für irgendetwas verantwortlich, denn es trage „die ersuchende Behörde gegenüber der ersuchten Behörde die Verantwortung für die Rechtmäßigkeit der zu treffenden Maßnahme“.

Will sagen: wir, die sächsische Justiz, tragen keine Verantwortung!

Zweite Antwort der Staatsregierung

Auf eine Kleine Frage der LINKEN Abgeordneten Juliane Nagel gab die Staatsregierung am 06. August weitere Details bekannt. So kam heraus, dass mit der Einsatzplanung schon Mitte Juni begonnen wurde, ganz so, als sei die Auslieferung schon beschlossene Sache („…Mitte Juni 2024 mit der Einsatzplanung begonnen und diese bis zum Einsatzbeginn fortgeschrieben…), da durfte dann das Bundesverfassungsgericht nicht hineingrätschen. Kein Wunder also, dass nahtlos nach Zustellung des Kammergerichtsbeschlusses, binnen Stunden LKA und Hubschrauber vor Ort waren.

Selbstverständlich versäumte es der sächsische Innenminister Armin Schuster, der auch schon selbst mal Polizeidirektor der Bundespolizei war,  nicht, auf die angeblichen Gefahren hinzuweisen die von der „linksextremistischen Szene“ ausgehen würden, für Richter*innen, Polizeikräfte und andere.

Majas Auslieferung nach Ungarn: Verfassungsgericht hatte große Bedenken

Im Zusammenhang mit den antifaschistischen Protesten gegen Neonazis in Budapest im Februar 2023, sucht die ungarische Justiz seitdem europaweit nach Antifas, um diese in Ungarn vor Gericht zu stellen. Eine (nicht-binäre) Person aus Deutschland, Maja, wurde im Dezember festgenommen und am 28.06.2024, nachdem das Berliner Kammergericht am Vorabend die Auslieferung bewilligte, in einer Nacht-und-Nebel-Aktion nach Ungarn überstellt. Den Ausgang des gegen die Auslieferung anhängige Verfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG), warteten die deutschen Behörden nicht ab. Dabei hatte das BVerfG am späten Vormittag des 28.06.2024, die Übergabe Majas an Ungarn per einstweiliger Anordnung untersagt. Als der Beschluss erging saß Maja aber schon in einer ungarischen Zelle!

Verfassungsgericht legt Beschlussgründe vor

Mittlerweile hat das Gericht die Gründe für die Eilentscheidung vorgelegt. Danach steht nun fest, dass das Bundesverfassungsgericht große verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Auslieferung Majas an die ungarische Justiz hegte.

  1. Aufklärungspflicht zu den (unmenschlichen) Haftbedingungen

    Das Kammergericht Berlin hatte am 27.06.2024 in seiner die Auslieferung nach Ungarn stattgebenden Entscheidung zu den (unmenschlichen) Haftbedingungen dort lapidar erklärt, dass trotz des sehr ausführlichen Vortrags der Anwält*innen von Maja zu den realen Vollzugsbedingungen, es nicht ersichtlich sei, weshalb es in ganz Ungarn keine Haftanstalt geben solle, einen Haftraum zur Verfügung zu stellen, der der Europäischen Menschenrechtskonvention entspräche. Zudem könnte Maja entsprechende Verstöße dann vor Ort (also in Ungarn) vor Gerichten beanstanden. Dazu merkt das BVerfG an, dass letzteres nicht ohne weiteres dazu führen dürfe, dass jemand sehenden Auges in solche Verhältnisse ausgeliefert würde. Ob das Kammergericht „die Bedeutung und Tragweite von Art. 4 GRCh und die damit verbundenen Aufklärungspflichte (…) in ausreichendem Maße beachtet“ habe, das müsse ebenfalls gründlich untersucht werden. Denn Artikel 4 der Europäischen Grundrechtecharta verbietet Folter und unmenschliche oder erniedrigende Behandlung und Strafe.
  2. Zusicherungen der ungarischen Justizbehörden

    Es gibt zwar eine entsprechende Zusicherung der Justizbehörde in Ungarn, wonach der Schutz einer nicht-binären Person hinreichend sichergestellt sei. Die Werthaltigkeit und Wirklichkeitstreue diese Zusicherung bezeichnet das BVerfG als „zweifelhaft“. Denn das Kammergericht in Berlin hatte allgemeine Aussagen der ungarischen Behörde, man lege Wert auf die Verhinderung von möglichen -Zitat- „Gräultaten“, zudem enthalte der „Ethikkodex für den Strafvollzug“ explizit ein Diskriminierungsverbot. Dies als ausreichenden tatsächlichen Schutz anzusehen, so wie es die Richeter*innen des Kammergerichts getan haben, hält das BVerfG für verfassungsrechtlich wohl nicht ausreichend.
  3. Fehlender effektiver Rechtsschutz

    Deutlich arbeitet das BVerfG heraus, dass in Auslieferungsverfahren es an einem effektiven Rechtsschutz fehlt, wenn die Behörden dann ohne Wartezeit, ohne der betroffenen Person die Möglichkeit zu geben, sich mit den Rechtsbeiständen zu beraten, mit der Umsetzung der Auslieferung beginnt und so die Anrufung des Verfassungsgerichts unterlaufen. Ob eine (angemessene) Wartezeit oder auch eine konkrete Ankündigung eines Termins für eine Auslieferung notwendig sind, sei in dem weiteren Verfassungsbeschwerdeverfahren dann konkret zu prüfen.

Ausblick

Der Beschluss hat für Maja erstmal keine konkreten günstigen Folgen, eine Rückholung nach Deutschland wird voraussichtlich erst nach rechtskräftigem Abschluss des ungarischen Strafverfahrens erfolgen. Allerdings wird das Verfahren über den Einzelfall hinaus, (hoffentlich) positive Folgen zeigen: sei es für andere im „Budapest-Komplex“ beschuldigte und/oder inhaftierte Personen, wie Hanna, die in Nürnberg in Auslieferungshaft festgehalten wird, aber auch darüber hinaus.

So wird von Abschiebungen, für diese dürfen keine anderen Maßstäbe gelten, immer wieder wird berichtet, wie tief in der Nacht Polizeibeamt*innen in Unterkünfte eindringen, um Menschen, ohne die Möglichkeit ihre Anwält*innen zu informieren, mitnehmen um sie abzuschieben. Das ist Tagesgeschäft für die deutschen Behörden.

Viele schauen aktuell auf die Behörden welche Majas Auslieferung in Rekordzeit vollzogen haben, dabei gerät die Verantwortung des Kammergerichts zusehends aus dem Blick, dabei war es das Kammergericht, das mit seiner Entscheidung, die umfangreich vorgetragenen Argumente zu den unmenschlichen Haftbedingungen in Ungarn, kleinzureden oder ganz zu ignorieren, erst das ganze Geschehen in Gang setzte. Dabei sind die den Beschlussgründen zu entnehmenden Kritikpunkte und Vorhaltungen in Richtung des Kammergerichts  doch sehr massiv.

Was von Zusicherungen der ungarischen Justizbehörden zu halten ist, kann jede*r selbst beurteilen, die/der sich nur mal Berichte der Nationalen Stelle zur Verhütung von Folter zu den Verhältnissen in deutschen Hafteinrichtungen durchliest. Auch hierzulande gibt es viele Gesetze welche Diskriminierung, wie auch Misshandlung eigentlich verbieten.

Ein Blick in ungarische Zellen, auch in Ungarn gibt es eine entsprechende Nationale Stelle zur Verhütung von Folter, lässt zwar polierte Böden und militärisch strenge Ordnung in den Zellen erkennen, und mag womöglich das Kammergericht geleitet haben, jedoch haben solche Bilder wenig mit der Wirklichkeit zu tun.

Für Maja ist der Beschluss des Bundesverfassungsgericht ein Pyrrhussieg, vielleicht wird er aber anderen Betroffenen noch von Nutzen sein und zumindest bei diesen Menschen verhindern, dass sie in unmenschliche Haftbedingungen hinein geschickt werden.

Majas Auslieferung Thema im Parlamentsaussschuss

Nachdem vor wenigen Tagen Maja von Dresden nach Ungarn ausgeliefert wurde, und auch Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim Bundesverfassungsgericht, obwohl dieser Erfolgt hatte, nichts half, hat nun die Berliner Justiz ihr Vorgehen vor Abgeordneten versucht als rechtsstaatlich zu rechtfertigen.

Die Ausschusssitzung ist mittlerweile auf YouTube abrufbar. Ab Minute 11:17 geht es dort dann um Maja. Die Justizsenatorin spricht wenige Sätze und übergibt dann erstmal das Wort an die stellvertretende Generalstaatsanwältin Simone Herbeth (per e-mail ist diese direkt erreichbar unter Simone.Herbeth@gsta.berlin.de).

https://m.youtube.com/watch?v=R-W1Pnh32rc&list=PLgqUxMeOmFHwGeGhstZMYz9-6NyBfJvRa&index=9&pp=iAQB

Legalistische Möglichkeiten im Fall Maja

Am 28.06.2024 wurde Maja von deutschen Behörden an die ungarische Justiz übergeben, obwohl die deutschen Behörden rechtzeitig in Kenntnis gesetzt wurden, daß das Bundesverfassungsgericht einen Eilantrag, mit welchem die Auslieferung unterbunden werde sollte, konkret geprüft wird.

Neben vielen sonstigen Aktionen können Menschen gegen die Auslieferung von Maja auch auf legalistischem Weg protestieren. Darunter sind dann Petitionen an den Bundestag. Der Bundestag möge sich, so könnte eine Forderung lauten, für eine unverzügliche Rückführung Majas einsetzen. Die Petition kann direkt online eingereicht werden.

Aber auch die Forderung an die Bundesaußenministerin Baerbock, sich auf diplomatischer Ebene, eine unverzügliche Rückführung von Maja bei der ungarische Regierung zu verlangen, kann helfen, auf dieser politischen Ebene den Druck zu erhöhen. Auf elektronischem Weg kann hier das Kontaktformular genutzt werden.

Wer die Haltung der Berliner Generalstaatsanwaltschaft (GStA) kritisieren möchte, kann sich an die dortige Behördenleiterin wenden. Die Generalstaatsanwältin selbst ist zur Zeit wohl nicht im Dienst, aber ihre Vertreterin im Amt, Simone Herbeth, kann per e-mail direkt erreicht werden (Simone.Herbeth@gsta.berlin.de).

Die GStA stellt sich auf den Standpunkt, sie habe rechtmäßig agiert, da die einstweilige Anordnung des BVerfG zu spät eingetroffen sei: allerdings soll, folgt man Presseberichten, das BVerfG schon im Vorfeld die Behörden gegen 8:30 Uhr darüber informiert haben, dass man über den Eilantrag berate. Damit traf die zuständigen Behörden, u.a. auch die GStA, die verfassungsrechtliche Pflicht, den Beschluss abzuwarten, d.h. die Auslieferung abzubrechen.

Und die Behörde ist kein Abstraktum, sondern es sind konkret handelnde Menschen, d.h. jene Person in der GStA, welche über die laufende Prüfung des Eilantrages beim BVerfG  informiert war, diese hätte handeln müssen! Dies nicht getan zu haben, ist dann Gegenstand einer solchen Dienstaufsichtsbeschwerde. Eine solche kann jede Person einreichen die es möchte!

Sächsische Justizministerin äußert sich zu Angriff auf Maja

Wie basc.news am 11. Mai 2024 berichtete, kam es kürzlich zu einem queerfeindlichen Übergriff auf Maja in der JVA Dresden. Maja sitzt seit letztem Dezember in Haft, da die ungarischen Justizbehörden behaupten, Maja sei im Frühjahr 2023 an antifaschistischen Aktionen gegen Nazis in Budapest beteiligt gewesen.

Eine Abgeordnete der LINKEN richtete eine Anfrage an die sächsische Staatsregierung und wollte Hintergründe zu dem Übergriff auf Maja in Erfahrung bringen. So wollte sie wissen, wie sich der Angriff auf Sicht der Staatregierung darstelle, aber auch, was unternommen werde, um Maja und andere queere Inhaftierte zu schützen.

Mit Schreiben vom 13.06.2024 antwortete Staatsministerin Meier (GRÜNE) auf die Anfrage, wenig detailliert, aber mit ausgiebigem Verweis auf gesetzliche Grundlagen, welche helfen sollen, queere Gefangene zu schützen. Aber wie das so ist, wenn Jurist*innen Schreiben formulieren. Auf die Frage was getan werde, damit queere Gefangene nicht durch „Sicherungsmaßnahmen“ in ihren Rechten beschränkt werden, antwortet Ministerin Meier dahingehend, getroffene Maßnahmen „sollen nicht zusätzlich belasten“.

Das Wörtchen „sollen“ ist entscheidend, denn „sollen“ bedeutet im Vollzugsalltag, dass es sehrwohl sehr belastende Einschränkungen geben dürfte, die zusätzlich belasten. Notwendig wäre für den Vollzugsalltag, die Vorgabe, dass entsprechende Maßnahmen „nicht belasten dürfen“. Die Sprache der Jurist*innen ist hier eine sehr eigene (zur „Soll-Vorschrift“). Solange Maßnahmen nur nicht belasten „sollen“, ist kein*e Anstaltsleiter*in wirklich verpflichtet dies auch zu gewährleisten.