Thomas Meyer-Falk ist gestern vormittag entlassen worden.
endlichendlichendlich!
Thomas Meyer-Falk ist gestern vormittag entlassen worden.
endlichendlichendlich!
Nachdem das Landgericht Freiburg am 12. Juli 2023 meine Entlassung beschlossen und hiergegen die Staatsanwaltschaft Beschwerde erhoben hat, liegen die Akten seit dem 28. Juli dem OLG Karlsruhe vor.
Der weitere Verfahrensgang
In den folgenden zwei Wochen wechselten die Staatsanwaltschaft (StA), die Generalstaatsanwaltschaft (GStA) und mein Verteidiger aus Düsseldorf mehrfach Schriftsätze. Wobei die Begründung von StA und GStA nicht über die immer wiederholte Behauptung hinaus reichte, ich sei deshalb weiterhin gefährlich, weil dies früher Sachverständige behauptet hätten und die gegenteiligen Ergebnisse von Frau Dr. Z. aus dem vergangenen und von Herrn Dr. R. und Frau Diplompsychologin M. aus diesem Jahr deshalb „anzuzweifeln“ seien.
Die objektivste Behörde der Welt: die Staatsanwaltschaft
Man höre und staune: Die StA hatte nicht nur zu meinem Nachteil Beschwerde eingelegt – sie hat dies auch zu meinen Gunsten getan. Das Landgericht hatte im Zuge der Entlassungsentscheidung unter anderem die Auflage erteilt, dass ich monatlich einmal bei der Polizeidirektion Süd in Freiburg vorzusprechen hätte, nämlich bei Koordinator KURS. Letzteres ist ein Akronym und steht für „Konzeption zum Umgang mit rückfallgefährdeten Sexualtätern“. Da ich kein Sexualtäter sei, so die StA, handele es sich um eine „gesetzeswidrige Weisung“. Mir sei hingegen die Auflage zu erteilen, mich einmal im Monat beim für meinen künftigen Wohnsitz zuständigen Revier Nord zu melden. KURS sei zwar auch für Ex-Gefangene zuständig, die keine Sexualtäter seien, aber nur dann wenn die elektronische Fußfessel angeordnet worden wäre. Diese sei in meinem Fall aber nicht Gegenstand der gerichtlichen Weisungen.
Am 10. August 2023 hat daraufhin das LG Freiburg seinen eigenen Weisungsbeschluss vom 12. Juli 2023 geändert und die Vorstellungsweisung vollständig gestrichen – ich müsse zu keiner Polizeistation! Das LG folgte der Argumentation der StA: Da ich kein Sexualtäter, und auch die elektronische Fußfessel nicht angezeigt sei, bestehe kein Raum mich zu verpflichten, bei KURS vorstellig zu werden. Mich zu einem anderen Revier zu schicken, so das Gericht weiter, biete allerdings keinen „Mehrwert“ hinsichtlich der Resozialisierung, da ich sowieso monatlich zur Bewährungshelferin und einer Therapeutin gehen müsse. Deshalb sei die entsprechende Weisung ersatzlos zu streichen.
Ausblick
Mein Verteidiger hat mehrfach versucht, das OLG telefonisch zu erreichen, entweder war niemand da, die/der den Anruf entgegennahm, oder es war zumindest die Geschäftsstelle besetzt, aber die Richter*innen waren im homeoffice oder aus sonstigen Gründen nicht anwesend. Es bleibt weiterhin spannend und nicht abschätzbar, wann das OLG über die Frage der Entlassung entscheiden wird. Freund*innen haben letzten Monat einen Solibrief veröffentlicht (https://www.anarchistischefoderation.de/offener-brief-aufforderung-zur-entlassung-des-sicherungsverwahrten-thomas-meyer-falk/) und es ist zu hoffen, dass das OLG nun in überschaubarer Zeit die Beschwerde der StA zurückweisen wird.
Thomas Meyer- Falk, z. Zt. JVA (SV), Hermann-Herder-Str. 8, D-79104 Freiburg
https://freedomforthomas.wordpress.com
http://www.freedom-for-thomas.de
Radiointerview mit „Wie viele sind hinter Gittern“ zur aktuellen Situation:
Da die Staatsanwaltschaft Beschwerde gegen das Urteil des Landgerichts Freiburg eingelegt hat, liegt der Fall beim Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe, wo voraussichtlich im August oder September mit einer Endscheidung zu rechnen ist.
https://www.freie-radios.net/123659
Nachdem die Staatsanwaltschaft in meinem Fall den die Freilassung anordnenden Beschluss des Landgerichts Freiburg angefochten hat, gingen am 28.07.2023 die Akten beim Oberlandesgericht Karlsruhe ein. Aktuell werden Schriftsätze gewechselt: Mein Anwalt soll bis zum 11.08.2023 ebenso Stellung nehmen wie die mittlerweile zuständige Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe. Ob dann schon kommende Woche eine Entscheidung getroffen wird oder weiterer Schriftverkehr erfolgt, ist noch offen. Für die freundliche solidarische Begleitung danke ich Euch allen vielmals.
Thomas Meyer- Falk, z. Zt. JVA (SV), Hermann-Herder-Str. 8, D-79104 Freiburg
https://freedomforthomas.wordpress.com
http://www.freedom-for-thomas.de
Auch hier aus dem in Süddeutschland gelegenen Freiburg solidarische und herzliche Grüße zu der Soliwoche. Seit bald 27 Jahren beobachte ich die Welt hinter Gittern aus der Perspektive des gefangenen Menschen. Erst in Untersuchungshaft, später in Strafhaft und schließlich seit 2013 in Sicherungsverwahrung (SV). Die SV wurde ein Deutschland 1933 eingeführt. Ja, es waren die Nazis, die am 24.11.1933 das Strafrecht entsprechend ergänzten. Seitdem können in Deutschland Menschen auch nach Verbüßen der Freiheitsstrafe auf unabsehbare Zeit in Gefängnissen gehalten werden. In den 1990er und 2000er Jahren zogen auch andere europäische Länder nach, stets im Namen der „öffentlichen Sicherheit“: Belgien, Frankreich, Schweden, Großbritannien, Schweiz und viele Länder mehr.
Dabei erweist sich schon die normale Haft in vielen Fällen als eine Todesstrafe auf Raten: Erst stirbt die Seele und oftmals am Ende auch der Körper. Gerade vor ein paar Wochen hat sich in der Freiburger SV ein erst Anfang-40-jähriger das Leben genommen. Er sah offenbar für sich keine realistische Perspektive, wieder in Freiheit zu gelangen. Frau, Kinder, Adoptivmutter, Geschwister trauern um ihn, aber auch einige der Mitinsassen. Dabei muss jedoch eines klar sein: Auch Gefangenen steht das Recht zu, sich das Leben zu nehmen. Niemand soll es ihnen verbieten dürfen. Aber es ist auch zu fragen, welche Mitverantwortung tragen die staatlichen Institutionen an solch einer Entscheidung? Es wäre zu leicht, diese aus ihrer Verantwortung zu entlassen, indem auf die autonome Entscheidung der jeweiligen Insass:innen verwiesen würde.
Anarchist:innen streiten und kämpfen für den Autonomieanspruch der Individuen, aber immer auch eingebettet in ein soziales Netz. Denn kein Mensch steht jemals für sich alleine, wir alle sind eingewoben in ein Netz sozialer Beziehungen! Niemand ist eine Insel! Wir alle sind Teil des sozialen Miteinanders. Etwas, das verloren zu gehen scheint in der modernen Konsumwelt, wo Menschen nur in scheinbar „sozialen“ elektronischen Welten miteinander interagieren, aber in Wirklichkeit doch vielfach in die Vereinzelung von ihren Smartphones zurückgeworfen werden.
Gefängnisse sind in aller Regel internetfreie Zonen. Mein Beitrag heute findet auch nur deshalb Verbreitung, weil solidarische Menschen ihn abtippen und online verbreiten, auf diese Wiese die Gefangenenperspektive zur kritisierenden Kenntnis einer gewissen Öffentlichkeit bringen. Diese Möglichkeit verweist auf das dann durchaus auch emanzipatorische Potenzial der elektronischen Medien. Wenn nämlich zuvor nicht vernetzte Menschen zueinander Kontakt finden, wenn zuvor Namenlosen, Gesichtslosen und Stimmlosen schlussendlich doch Namen, Gesicht und Stimme gegeben wird.
Das strukturelle Ausgeliefertsein, das das Leben der Gefangenen kennzeichnet, soll in dieser Woche ganz besonders in den Fokus gerückt werden. Die oftmals unmenschlichen, erniedrigenden Haftbedingungen werden skandalisiert. Es wird die Freiheit der Gefangenen gefordert! Immer und immer wieder! Jahr um Jahr! Aber nur wenn diese Forderungen kontinuierlich erhoben und von Generation zu Generation weitergetragen werden, wenn an jene erinnert wird, die in den Gefängnissen leben und auch dort sterben, nur dann werden wir etwas ändern.
Für eine Welt ohne Käfige und Gefängnisse!
Thomas Meyer-Falk
z.Zt. JVA (SV)
Hermann-Herder-Str. 8
D-79104 Freiburg
https://freedomforthomas.wordpress.com