Freiheit nach 27 Jahren!

Was für aufregende erste Stunden und Tage in Freiheit. Nach fast 27 Jahren wurde ich am 29.08.2023 entlassen.

Die Wartezeit auf die Entscheidung des Oberlandesgerichts

Nachdem das Landgericht Freiburg am 05.07.2023 in einer mündlichen Anhörung mitteilte, man werde mich entlassen, legte die Staatsanwaltschaft Beschwerde ein und nach Eingang der Akten beim OLG Karlsruhe wurden erst Schriftsätze zwischen Anwalt und Staatsanwaltschaft gewechselt.

Es war nervlich einerseits aufreibend, denn es stand die nicht völlig aussichtslose Möglichkeit im Raum, dass das OLG den Fall anders beurteilen würde als die Vorinstanz. Aber auch dank der freundlichen und solidarischen Begleitung von Freund*innen kam ich gut durch die Wochen.

Ja, und andererseits bot die „Wartezeit“ die Möglichkeit Abschied zu nehmen von Mitgefangenen.

Tag der Entscheidung: 29.08.2023-noch in der JVA

Morgens um acht Uhr besuchte mich noch die Bewährungshelferin und wir rätselten wann wohl die Entlassung erfolgen würde. Dann kehrte ich in die Zelle zurück, las Zeitung, als mich gegen 10:30 Uhr der Stationsbeamte „St.“ holte. Ich müsse „zur Frau Dr. Sch.“, der therapeutischen Leiterin der SV. In Begleitung von Herrn „St.“ und des Bereichsdienstleiters „W.“ ging es in ihr Büro, dort lag das Telefax, das wenige Minuten zuvor eingetroffen war. „Jetzt ist es soweit!“ meinte die Leiterin, wir besprachen noch ein paar Minuten die notwendigen Formalitäten und dann verabschiedete sie mich mit guten Wünschen in die Freiheit.

Etwas konspirativ drückte mit der erwähnte Bereichsdienstleiter einen Zettel in die Hand, er habe den Auftrag mir das auszuhändigen: „Wir sind für Sie das! Konex“ ein Blatt des Verfassungsschutzes für Aussteiger*innen. Das fand ich lustig und als ich meinte, das werde ich öffentlich machen kam nur die Antwort, sein Auftrag sei lediglich mir das Blatt zu geben.

In den nächsten rund zwei Stunden räumte ich die Zelle, verabschiedete mich von Mitinsassen und dann wurde ein LKW beladen. Es sammelt sich in 27 Jahren doch manches an. Mit zwei Beamten in Uniform ging es in einem Sprinter ein letztes Mal durch die Gefängnistore.

Tag der Entscheidung: endlich in Freiheit am 29.08.2023

Und so fuhren wir durchs Tor, durch das ich sonst nur als Insasse kam in dem Bewusstsein wieder zurück in die Knastwelt zu müssen. Diesmal aber nicht mehr. Endlich. Jetzt ging es in Freiburg zu den Menschen die mir erstmal die Möglichkeit geben anzukommen in Freiheit. Dort kamen dann gleich einige der künftigen Mitbewohner*innen und halfen beim Transport zu meiner Wohnmöglichkeit. Auch die Beamten luden mit aus- verabschiedeten sich und fuhren zurück in die Welt in die ich nun nicht mehr zurück musste.

Ruhe kehrte nicht ein, denn ich musste noch am Nachmittag zum Job-Center und zur Krankenkasse. Danach stand ein gemeinsames Essen in der neuen Gemeinschaft an und es war bewegend, nach 27 Jahren mit Menschen die sich mich irgendwie „ausgesucht“ und die ich mir „ausgesucht“ habe zusammen an einem Holztisch essend, plaudernd.

Erst kurz nach Mitternacht kam ich ins Bett und schlief auch nicht lang.

Der erste Tag in Freiheit!

Am nächsten Morgen um 7 Uhr fuhr ich erst zur JVA, ja, da musste ich nochmal hin. Denn der „Umzugsservice“ der Anstalt war tatsächlich umfassend, man kümmerte sich um die melderechtliche Ummeldung an die neue Adresse und so konnte ich am Anstaltstor die Ausdrucke der Meldebescheinigung abholen und gleich zum Job-Center, denn dieses leistet erst, wenn diese Bescheinigung vorliegt.

Es gab dann viele Gespräche, Telefonate und Begegnungen.

Das muss sich alles erstmal setzen!

Dank an all die Menschen

Ich danke allen die sich über so viele Jahre solidarisch, freundschaftlich an meine Seite gestellt haben, die den Weg zusammen gegangen sind mit mir. Und ich freue mich jetzt auf ein Leben außerhalb der Mauern, zusammen mit Euch! Das Gefängnis wird Teil meines Lebens und auch der Zukunft bleiben, denn in der Anti-Knastszene werde ich aktiv bleiben, mir aber auch einen Ausgleich in anderen Bereichen suchen, suchen müssen, denn erst mit der Entlassung fiel mir auf, wie „verspannt“ ich dann doch war und immer noch bin. Und ich freue mich schon auf das Zusammenleben mit den Menschen wo ich jetzt wohne! Ein Dank gilt auch Radio Dreyeckland (https://www.rdl.de/) die mir die Möglichkeit geben dort zu hospitieren.

Ausblick

Knäste gibt es immer noch, sie sind Elendsverwahrungsanstalten. Immer mal wieder kommen ja selbst Mitarbeitende von Knästen auf diese Idee und verlassen den Betrieb (z.B. Thomas Galli, ehemaliger Leiter einer JVA, heute Anwalt), aber in der Gesamtgesellschaft ist noch kein Punkt erreicht, dass breit über die Abschaffung auch nur diskutiert würde. Dies gilt es aber zu verändern!

Für eine Welt ohne Knäste und Käfige!

Thomas Meyer-Falk

-nach knapp 27 Jahren Haft endlich in Freiheit-

https://www.freedomforthomas.wordpress.com/


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