Wenige Tage vor Weihnachten, erreichte den in der Dresdner Neustadt gelegene Kinderladen im AZ Conni, ein Brief des Landesjugendamtes. Mit sofortiger Wirkung werde die Erlaubnis für den Betrieb des Kinderladen zurückgenommen! Jetzt, rund 2 ½ Monate später, ordnete das Verwaltungsgericht Dresden an, dass der Kinderladen (vorläufig) weiter arbeiten darf.
Die Vorgeschichte
Das AZ Conni ist ein linkes, emanzipatorisches, soziokulturelles Projekt, das seit 1991 in Dresden besteht. Im selben Haus gibt es auch einen Kinderladen dem das Landesjugendamt im Frühjahr 2023 die entsprechende Erlaubnis für den Betrieb erteilt hatte. Allerdings wurde dann dann im Dezember diese Erlaubnis zurückgenommen.
Eltern hatten ihr Kind im Kinderladen angemeldet- und kurze Zeit später stellte sich heraus, der Vater ist Polizist. Dies führte zu Diskussionen über den damit verbundenen Zugang des Polizisten zum Areal des AZ und schließlich dazu, dem Vater die Ummeldung in eine andere Einrichtung nahezulegen. Dem kamen die Eltern nach, beschwerten sich jedoch im Nachgang beim Landesjugendamt.
Die Entscheidung des Landesjugendamtes
Mit Bescheid vom 20.12.2023 widerrief das Amt die Betriebserlaubnis, da eine generelle Gefährdung des Kindeswohls in der Einrichtung bestünde. Ein Träger einer Kindertageseinrichtung müsse die freiheitlich-demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland umfassend anerkennen. Dazu zähle auch das Anerkenntnis des Gewaltmonopols des Staates. Hieran fehle es. Dies werde fulminant bewiesen durch einerseits die Kündigung des Vertrags mit dem Polizisten und andererseits durch ein Plakat das auf der Webseite des AZ zu finden sei. Dort wurde eine „Hunde-Küfa“ (Küfa steht für „Küche für alle“) unter dem Slogan „No Nazis, No Cops“ beworben. Hier werde jedoch dir Polizei als Gruppe und damit letztlich die verfassungsmäßige Ordnung böswillig verächtlich gemacht, so das Landesjugendamt. Vorgetragen wurde ergänzend, dass in den Räumen des AZ (nicht etwa des Kinderladens) „extremistische Gruppierungen“ Veranstaltungen abhalten würden. Damit werde das „Gewaltmonopol“ des Staates grundsätzlich in Frage gestellt.
Die vom Landesjugendamt beabsichtigte (sofortige) Schließung des Kinderladens wurde lokal in den Medien aufgegriffen, darunter dem Neustadt-Ticker.
Verwaltungsgericht stoppt den Angriff auf den Kinderladen vorläufig
Am 08.03.2024 stoppte das Verwaltungsgericht Dresden (Az.: 1 L 936/23) vorläufig das Landesjugendamt und stellte die Aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid her, was bedeutet: der Kinderladen kann weiter arbeiten. Das Gericht mochte keine konkrete Kindeswohlgefährdung erkennen und erinnerte den Freistaat Sachsen an das Grundrecht auf Meinungsfreiheit: „No Nazis, No Cops“ falle in den Schutzbereich der Meinungsfreiheit.
Eine konkrete Kindeswohlgefährdung konnte das Gericht nicht erkennen. Die etwaige Nutzung von Räumen des AZ (nicht des Kinderladens) durch angeblich linksextremistische Gruppen könne für sich genommen eine Unzuverlässigkeit des Kinderladens nicht begründen, so das Gericht weiter.
Wie geht es weiter
Der Freistaat kann nun in Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht gehen und es bleibt abzuwarten, ob dies passiert. Das Hauptsacheverfahren selbst wird Monate dauern, denn im Moment ging es nur um ein Eilverfahren. Seitens des Landesjugendamt wurde gewünscht, dass die Betreiber*innen des Kinderladens die berüchtigte sächsische „Demokratieerklärung“, besser als „Extremismusklausel“ bekannt, unterzeichnen. Dies haben sie nicht getan- und wie das Verwaltungsgericht meint, sei hieraus auch nichts ungünstiges abzuleiten.
Wie sich beiläufig aus dem Beschluss des Verwaltungsgerichts ergibt, scheint irgendjemand dem Landesjugendamt Zugang zu internen Unterlagen verschafft zu haben, welche das Amt dann gleich versuchte gegen den Kinderladen zu verwenden.
Noch ohne, dass die AfD konkrete Regierungsämter inne hat, versucht hier der Freistaat vor den Wahlen, mit massiven Schlägen gegen ein linkes, emanzipatorisches Projekt vorzugehen. Das lässt für die Zukunft wenig Gutes erahnen!
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