Armut im Knast

Auch und gerade vor Gefängnismauern macht die Armut nicht halt. Im Folgenden soll von staatlich geförderter Armut die Rede sein, wenn nämlich im Zuge von Einsparungen die Entlohnung der Gefangenenarbeit gekürzt wird.

Nach einem kurzen Rückblick ins Jahr 1998, als das Bundesverfassungsgericht die damalige Praxis der Gefangenenentlohnung als verfassungswidrig einstufte (a.), sollen die aktuellen Kürzungen anhand der Situation in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Bruchsal näher dargestellt werden (b.). Die Auswirkungen werden im Anschluss beleuchtet (c.), um mit einem Ausblick zu schließen (d.).



a.) Urteil vom 01.07.1998


Gefangene und Sicherheitsverwahrte sind qua Gesetz zur Arbeit verpflichtet; die herrschende Rechtssprechung sieht hierin keine verbotene Zwangsarbeit, denn Artikel 12 Abs. 3 Grundgesetz bestimmt (Zitat): „Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.“ Zwar folgt nicht aus der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte ein Anspruch auf Entlohnung für die Zwangsarbeit (nach der Konvention besteht kein Anspruch, vgl. Frowein/ Peukert, EMRK, 3. Auflage, Artikel 4 Randnummer 13), jedoch entnahm das Bundesverfassungsgericht am 01.07.1998 (Az. 2 BvR 441/90; EuGRZ 1998, S. 518 ff) dem Grundgesetz, insbesondere dem verfassungsrechtlich verbürgten Anspruch auf Resozialisierung, den Anspruch der Zahlung eines Entgelts, welches den Gefangenen (Zitat) „durch die Höhe (…) in einem Mindestmaß bewusst (macht), daß Erwerbsarbeit zur Herstellung der Lebensgrundlage sinnvoll“ sei.
Erhielten die Inhaftierten 1997 im Durchschnitt 200 DM/Monat, stieg zum 01.01.2000 die Entlohnung auf circa 350 – 400 DM/Monat, was 9 % des Durchschnittsverdienstes der Arbeiter und Angestellten entspricht. (Zuvor waren es 5 % des Durchschnittsverdienstes.) Zumindest theoretisch, denn mit Einführung höherer Löhne begannen die ersten Kürzungsversuche, die nun 2010 einen weiteren Höhepunkt erfahren.

b.) Kürzungen 2010 – JVA Bruchsal

b1) Der Staatshaushaltsplan

Auch wenn ich hier nun die Entwicklungen in der JVA Bruchsal beleuchten werde, so gelten diese Ausführungen doch auch für die anderen Anstalten des Landes. Den „Produktionformationen“ (so heißt dies tatsächlich) des Staatshaushaltsplans 2010/2011 für den Einzelplan Justizministerium des Landes Baden-Württemberg kann entnommen werden, daß das Land plant, für die Gefangenenentlohnung im Jahr 2010 circa 1,754 Millionen Euro weniger auszugeben als noch 2009. Wurden 2009 den Gefangenen in den Anstalten insgesamt 12,3 Millionen Euro ausbezahlt, sollen es 2010 nur noch 10,5 Millionen Euro werden (a.a.O., S. 115 im Entwurf des Einzelplans 05), zugleich sollen die Zahlungen an die Bundesagentur für Arbeit um knapp 1 Million Euro sinken. Arbeitende Gefangene/ Verwahrte erwerben für die Zeit nach der Entlassung nämlich Ansprüche auf Arbeitslosengeld I.

b2) JVA Bruchsal

Wie verkürzt man aber nun die effektiven Zahlungen an die Betroffenen, wenn doch im Gesetz geregelt ist, daß sie Anspruch auf 9 % des Durchschnittsverdienstes der Arbeiter und Angestellten haben??
Der erste Trick: Zwar müssen die Insassen weiterhin von 6.35 Uhr – 11.30 Uhr und von 12.35 Uhr – 15.00 Uhr in den Betrieb, also 7 Stunden 20 Minuten, die sie auch bislang bezahlt bekamen, künftig erhalten sie aber nur noch für 7 Stunden oder weniger ein Entgelt. Wer bspw. Als „Schänzer“ arbeitet (diese reinigen die Flure, richten die Anstaltswäsche, u.a.m.) bekam schon bislang nur 6 Stunden am Tag bezahlt, künftig werden es nur noch 5 Stunden sein.
Zweiter Trick: „Neubewertung der Arbeitsplätze“: Insgesamt gibt es 5 „Vergütungsstufen“, diese reichen von Stufe 1 für Arbeiten einfacher Art, die keine Vorkenntnisse erfordern, bis hin zur Stufe 5, welche die Kenntnisse eines Facharbeiters voraussetzen und Arbeiten umfassen, die ein ganz besonderes Maß an Können, Einsatz und Verantwortung erfordern. In Stufe 1 erhalten Gefangene 75 % des Grundlohns (also 75 % der oben erwähnten 9 %), in Stufe 2 schon 88 %, in Stufe 3 sind es 100 %, in Stufe 4 dann 112 % und in Stufe 5 schließlich 125 %.
Also begab es sich nun, daß eine Art Kommission alle Arbeitsplätze auf Einsparpotential untersuchte. Das Ergebnis, viele Stellen wurden herabgestuft von Stufe 3 auf 2 oder gar 1. So gibt es den skurrilen Fall eines Sicherungsverwahrten. Für SV’ler hatte der Landesgesetzgeber zum 01.01.2010 großzügig die Entlohnung von 9 % (der Satz, der für Gefangene gilt) auf 12 % erhöht, um einer Forderung des Bundesverfassungsgerichts, wonach Sicherungsverwahrte besser zu behandeln seien als Strafgefangene, nachzukommen. Letztlich wird er aber ab April weniger verdienen als noch vor dieser „Erhöhung“, denn sein Arbeitsplatz wurde von Stufe 3 auf Stufe 1 abgewertet.
Dritter Trick: „Friss oder stirb!“ Neben erwähnten Schänzern gibt es noch „Hilfsschänzer“, diese müssen u.a. das Essen an die Gefangenen austeilen. Bei gleicher Arbeitsleistung wird nicht nur deren Entgelt von ca. 50 Euro/Monat auf knapp 30 Euro/Monat gekürzt, zeitgleich spart man auch noch mehrere dieser Posten ein, sodaß die verbleibenden Hilfsschänzer bei weniger Lohn mehr Arbeit zu leisten haben, oder den Job hinschmeißen, was die ersten zum 1. April auch beabsichtigen.

c.) Auswirkungen auf die Inhaftierten

Real werden die Einkommen der Gefangenen um bis zu 25 % sinken, wer vorher noch 200 Euro/Monat bekam, wird sich mit vielleicht 150 Euro/Monat begnügen müssen. Das mag sich auf der ersten Blick immer noch nach einem erklecklichen Sümmchen anhören. Von diesen 150 Euro/Monat darf man aber nur für 3/7 (ungefähr 65 Euro) seine persönlichen Bedürfnisse nach Tabak, Kaffe etc. stillen, denn 4/7 wandern auf das Überbrückungsgeld-Konto, welches für die Zeit nach der Haft gedacht ist.
Zugleich gestattet es die JVA der Firma Massak Logistik GmbH ( http://www.massak.de mail: info@massak.de) die Gefangenen exklusiv mit ebendiesen Nahrungs- und Genussmitteln zu beliefern und dafür Preise zu verlangen, die oftmals höher (mitunter auch viel höher) liegen als in vergleichbaren Läden außerhalb der Anstalt. So ergab eine von der Anstalt 2009 selbst durchgeführte Untersuchung, daß Werner Massak bzw. seine Firma in über 60 % (!) der Fälle den Gefangenen Waren zu teureren Preisen verkauft, als „draußen“ üblich sind.
Nun wurde auch noch per Erlass des Justizministeriums verfügt, daß Gefangene Strom- und Kabel-TV- Kosten von diesen 3/7 des Lohns zahlen müssen. Bislang war es möglich, diese Kosten vom „freien Eigengeld“ zu begleichen (mittlerweile gibt es 6 verschiedene Buchungskonten pro Gefangenen; die jeweiligen Verwendungsbeschränkungen differieren, weshalb ich hier auf nähere Erläuterungen verzichte). Effektiv werden also die Gefangenen noch weniger Geld zur Deckung ihrer persönlichen Bedürfnisse zur Verfügung haben.
Zwar dürfen sich die Gefängnisbewohner seit dem 01.01.2010 monatlich 55 Euro von „draußen“ schicken lassen, um damit dann machen zu können, was sie wollen; nur haben viele Gefangene niemanden, der ihnen dieses Geld schicken kann. Versuchen sie mit Hilfe der Mitgefangenen und deren Angehörigen Gelder aufzutreiben, wird dies von der Anstalt auch mal gerne als „kleine Gaunerei“ bezeichnet und sofort dem Gericht gemeldet (so geschehen in einem Fall, in welchem es um die vorzeitige Entlassung eines Gefangenen ging; LG Karlsruhe, Az. 15 StVK 68/10). Da zeitgleich weitere Einschränkungen erfolgten, berichten bspw. Sicherungsverwahrte aus der JVA Freiburg, nun real 100 Euro im Monat weniger zur Verfügung zu haben als noch 2009.

d.) Ausblick

„Arbeit im Strafvollzug, die dem Gefangenen als Pflichtarbeit zugewiesen wird, ist nur dann ein wirksames Resozialisierungsmittel, wenn die geleistete Arbeit angemessene Anerkennung findet“, so am 01.07. 1998 das Bundesverfassungsgericht. Wie die Praxis 2010 aussieht, habe ich soeben erläutert. Nun gibt es sicher auch jene Bürger, die meinen, den Gefangenen gehe es noch viel, viel zu gut, man möge sie in den Steinbruch schicken, bei Wasser und Brot. Solche Menschen sind es dann, die wenn sie – durch welche Umstände auch immer – selbst im Gefängnis landen, am lautesten jammern.
Man könnte die oben skizzierten Entwicklungen freilich auch als Vorbereitung der Gefangenen auf das Leben nach der Haft begreifen. Ihnen wird schon jetzt klar gemacht, wo sie landen werden, wenn sie wieder frei kommen: in der Armut. Dort wo für 1 Euro/Stunde Fronarbeit geleistet wird (1 Euro Jobs).

Thomas Meyer-Falk, z.Zt. JVA-Z. 3113, Schönbornstr. 32, D-76646 Bruchsal

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Knast und Renitenz – drei Beispiele

Wer in einem Gefängnis sitzt, hat mitnichten ein solch süßes Leben, wie es beispielsweise BILD immer wieder gerne zeichnet. Vielmehr sind Gefangene zahlreichen Pressionen ausgesetzt; heutzutage eher psychischer, denn physischer Natur. Das heißt, die körperliche Misshandlung ist die Ausnahme, dafür empfinden Gefangene vielfach Handlungen der Anstaltsmitarbeiter/innen als psychische Gewalt.


Wohlgemerkt, hier geht es um die Wahrnehmung auf Seiten der Insassen/innen, ob eine solche Misshandlung von den auf Seiten der Anstalten handelnden Personen beabsichtigt ist, vermag ich nicht zu beurteilen.


Inhaftierte nehmen es schon als alltäglich hin, dass die Anstalten in Schriftsätzen (sei es im Rahmen von gerichtlichen Klagen oder die Entlassung auf Bewährung betreffend) einem advocatus diaboli (= Anwalt des Teufels) gleich, die tatsächlichen oder vermeintlichen negativen Seiten des Betreffenden hervorheben. Pro soziales Engagement wird wahlweise gar nicht erwähnt, oder aber negativ konnotiert: Engagiert sich ein Gefangener ehrenamtlich (z.B. im Sportbereich der Anstalt), fällt dies gerne mal unter den Tisch, oder wenn es denn erwähnt wird, dann mit der Wertung, der Betreffende wolle wohl durch solchen Einsatz eine subkulturelle Machtposition erringen, oder sich selbst darstellen.


Alles Gauner – oder was?


Ein Gefangener, der auf Mitgefangene, die über keine Angehörigen verfügen, die ihnen Geld zuwenden, hat Gelder einzahlen lassen, um dann den hierdurch ermöglichten Einkauf von Lebensmitteln zu teilen, liest in einer Stellungnahme der JVA Bruchsal an das Landgericht Karlsruhe – im Rahmen eines Verfahrens über seine vorzeitige Entlassung – :

„Kleine Gaunereien werden gelegentlich sichtbar, z.B. hat er Kontakt mit Gefangenen, die keine Angehörigen haben und mit denen er – brüderlich teilend – versucht, zusätzliche Einzahlungen für Weihnachtspakete zu organisieren“.


Immerhin, das „brüderlich teilend“ wird noch erwähnt, aber durch die vorangegangene Wendung der „kleinen Gaunerei“, in die Nähe kriminellen Tuns gerückt. In was für einer Absicht wohl?


Veränderter Blickwinkel


Oder Uwe K., lange Jahre in Haft, vermochten ihn, einen wahren Künstler, auch noch so massive Disziplinarversuche der JVA nicht dazu zu bewegen, von seinem Lebensinhalt, dem Tätowieren zu lassen. Für die JVA Bruchsal stellte dieses beharrliche Vorgehen ein schwerwiegendes Indiz für künftiges kriminelles Verhalten dar (nach der simplifizierenden Logik: Wer sich nicht an die Knasthausordnung hält, wird auch Gesetze nicht achten und deshalb Verbrechen begehen). Dem Landgericht Karlsruhe war diese Anstaltslogik allzu simpel und sie entließ den Gefangenen in Freiheit. Sie tat das, was auch das JVA-Personal hätte tun können, sie veränderte den Blickwinkel: „Dass der Verurteilte ein hohes Verantwortungsbewusstsein gegenüber der körperlichen Unversehrtheit seiner Mitmenschen hat, hat sich (paradoxerweise) gerade auch in seinen zahlreichen verbotenen Tätowierungen (…) gezeigt. (Der Verurteilte) verstand es, sich eine Ausrüstung zu konstruieren, die beim Tätowieren das Verletzungsrisiko gering hält (und) er habe stets auf Hygiene und die Desinfektion von Geräten und Kunden“ geachtet.


Darfs noch ein Kübel Müll sein?!


Über Gerd T. berichtete ich schon an anderer Stelle (z.B. Tortenringaffäre, http://www.de.indymedia.org/2009/08/259273.shtml) und es gibt nichts Gutes über den Fortgang der Auseinandersetzung zu berichten. Der für ihn zuständige JVA-Jurist Paukner, seines Zeichens Oberregierungsrat, fühlte sich nun bemüßigt, in einem Schriftsatz an das Landgericht, – dort hat T. Klage erhoben, da man ihm aus seiner Sicht ungerechtfertigter Weise einige Frischhaltedosen aus seinem Haftraum entfernt hatte -, auf immerhin sechs Seiten ein möglichst schlechtes Bild von Gerd T. zu zeichnen. Nun zählt T. zu jenem Typus Gefangener, der – nach vielen Jahren der Haft – einen merkbaren Drang zu Sauberkeit auslebt, d.h. die Zelle wird penibel sauber gehalten, alles hat seinen sorgfältig bestimmten Platz.

Alles in allem ist die Zelle, auch angesichts der vielen Haftjahre, eher karg ausgestattet.


Dies muss man vorausschicken, um zu verstehen, wie perfide (=gemein) es ist, wenn besagter Paukner dem Gericht mitteilt, man habe die 5 (!) kleinen Frischhaltedosen und eine (!) leere Tabakdose sofort aus der Zelle des T. entfernen müssen, bevor dieser „aufgrund seiner dissozialen Persönlichkeitsstruktur seinen Haftraum gänzlich zugemüllt“ habe.


In vergleichbarem Stil und Wortwahl ging es über sechs Seiten.

Was solls?! So wird mancher vielleicht sagen. Papier ist geduldig. Aber wer als Gefangener solche Schriftsätze dann regelmäßig liest und immer und immer wieder richtig stellen, erklären, erläutern muss, dessen Nerven leiden.

Er hätte die Wahl, was ihm, so berichtete er zumindest, durch die Blume bedeutet worden sei, seine juristische Wehrhaftigkeit einzustellen, was dann dazu führen könne, dass man nicht mehr so rigoros ihm gegenüber sei.

So etwas läuft in einer totalen Institution wie dem Strafvollzug alles recht subtil. Der Beamte, der diese Andeutungen machte, würde, als Zeuge benannt, eine solche Aussage in Abrede stellen – und ein Insasse ist nun mal per se in Augen Dritter kein „guter Zeuge“.


Schlusswort


Wer heute darauf wartet, dass Gefangene blutende Platzwunden vorweisen können, um zu dokumentieren, wie es ihnen hinter den Mauern ergeht, wird meist vergeblich warten. Die Methoden heute sind klinisch, sauber, hinterlassen keine sichtbaren Spuren, alles „rechtsstaatlich“ korrekt, ordentlich!


Thomas Meyer-Falk, z. Zt. JVA – Z. 3113, Schönbornstr. 32, D-76646 Bruchsal

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Prozess um Bush-Besuch-Kosten vertagt

Eigentlich hätte am Freitag, 05. März endlich vor dem Verwaltungsgericht Schwerin ein Prozess um die Kosten für den Besuch des U.-S.-Präsidenten Bush 2006 stattfinden sollen (vgl.
http://www.de.indymedia.org/2010/02/272962.shtml).

Nachdem sich die Presse redlich für die Sache interessierte, setzte der Richter am 03.03.2010 kurzerhand den Termin ab.

Das Innenministerium Mecklenburg-Vorpommern legte nämlich zwei Landtagsdrucksachen von 2007 und 2008 vor, welchen ich angeblich die von mir angeforderten Informationen entnehmen könne. Dies schien dem Richter einsichtig. Zudem war ihm unklar, wie ich, sollte ich denn obsiegen, die Kopiekosten des Landes würde zahlen können. Eine Frage, die den Richter schlicht nichts angeht. Jedenfalls konnte, da ich in Haft sitze, keine Vorabverständigung zwischen mir und meinem Anwalt, Rechtsanwalt Stefan Schulz, Schwerin (http://www.die-verteidiger.de) kurzfristig erfolgen, so dass der Anordnung des Richters, die mündliche Verhandlung abzusetzen, erst mal nichts entgegen zu setzen war.

Die Landtagsdrucksachen, dies zur Sache, sind wenig aussagekräftig, zumal sie lediglich „circa“-Angaben enthalten und ich gerne die Originalrechnungen selbst sehen möchte, so wie es das Informationsfreiheitsgesetz vorsieht. Insofern ist der Anspruch auf Zugang zu den Informationen kein Gnadenakt, sondern stellt einen Rechtsanspruch dar.

Thomas Meyer-Falk, c/o JVA – Z. 3113, Schönbornstr. 32, D-76646 Bruchsal

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Links zu dem Rechtsstreit:

http://www.svz.de/nachrichten/home/top-thema/article/111/

haeftling-verklagt-mv-nach-bush-party.html

http://www.ostsee-zeitung.de/ozdigital/archiv.phtml?

SID=4a5a3526792aa67ca54481aca6079b22&param=news&id=2698311

Gefangene und das Parlament

Auch Gefangene glauben vielfach immer noch daran, dass Parlamentsabgeordnete ihnen im Einzelfall helfen (können/wollen).

Heute soll anhand aktueller Erfahrungen mit den GRÜNEN im Landtag Baden-Württemberg, dieser Glaube hinterfragt werden. In Stuttgart sitzen die GRÜNEN seit eh und je in der Opposition; dies mindert ihre Handlungsmöglichkeiten verständlicherweise, dennoch haben sie die Möglichkeit behördliches Tun kritisch zu beleuchten.

A.) Heizzeiten-Petition

Im Dezember 2009 wandten sich über 40 Gefangene mit einer Unterschriftenliste an Thomas Oelmayer, den Strafvollzugsbeauftragten dr GRÜNEN im Landtag. Sie bemängelten die nach ihrem Empfinden zu geringen Heizzeiten in der JVA Bruchsal. Dort wird in den drei nicht renovierten Hafthäusern nur stundenweise geheizt und abends ab 20.00 Uhr oder kurz danach geht die Heizung danz aus. So erwachten morgens Gefangene und fanden eine Eisschicht auf dem Fenster, bzw. die Fenster waren ganz zu gefroren, abgesehen davon, daß es zum frieren kalt war. Die Petition der Gefangenen nahm Oelmayer zum Anlass, sich an Thomas Müller, den Leiter der JVA Bruchsal (über dessen Weihnachtsgruß, in welchen ein Zitat der Boehsen Onkelz zu finden war, ich kürzlich berichtete (http://www.de.indymedia.org/2010/01/270866.shtml) zu wenden.

Einleitend wünschte der Abgeordnete dem Anstaltsleiter ein „gutes Neues Jahr“ und bedankte sich „nochmals für das offene Gespräch am 01.12.2009“, als er die JVA besucht hatte, um dann die Heizzeitenproblematik anzusprechen. Er halte diese in der Tat für bedenklich. Am 22. Februar 2010 kam Oelmayer auf die Angelegenheit zurück, referierte die Stellungnahme der JVA: danach könne „aufgrund technischer Eigenheiten“ die Heizungsanlage „nicht bedarfsgerecht“ geregelt werden. Damit Hafträume nicht überheizt würden, aber auch „aus ökologischen und ökonomischen Gründen“, würde nur eingeschränkt in den Zellen geheizt, was auch die Anstaltsleitung unbefriedigend finde. Jedoch sei aus finanziellen Gründen eine Sanierung derzeit nicht möglich. Der Abgeordnete teilt die Einschätzung der JVA, daß die Situation unbefriedigend sei. Da aber die Temperaturen in den Zellen seiner Ansicht nach „ausreichend“ waren, betrachtete er „diese Angelegenheit hiermit als erledigt“. Die betroffenen Gefangenen empfanden dieses Schreiben als Hohn. Vom gut geheizten Landtagsbüro locker von sich gegeben. Soll er doch mal bei -15 Grad Celsius eine Nacht in solch einer Zelle, die seiner Weisheit nach „ausreichend“ temperiert ist, verbringen.

B.) Kleine Anfrage der GRÜNEN

Am 13.01.2010 reichten die GRÜNEN eine Kleine Anfrage in den Landtag ein (Drucksache 14/5673 gibt Anfrage und Antwort der Landesregierung wieder; http://www.landtag-bw.de/Dokumente) um mannigfache Verschlechterungen im Vollzugsalltag der Gefangenen in Bruchsal zu thematisieren. Die Liste der Fragen reichte von Beschränkungen der Einkaufsmöglichkeiten, Reduzierung des Hofgangs, Kameraüberwachung im Hof, langdauernde Absonderung von Gefangenen, keine Kochmöglichkeit für die Insassen, kein abendlicher Zellenaufschluss. Die Antwort des Justizministers Dr. Goll (FDP) parierte alle Fragen mit schönstem Behördensprech, gerne auch mal vollkommen am Thema vorbei. Für Einschränkungen mussten „subkulturelle Aktivitäten“ herhalten die es schon immer gab und in jedem Gefängnis auch immer geben wird.

Ausserdem sei Bruchsal zuständig für „besonders gefährliche Gefangene“, dies ziehe dann eben auch besondere Sicherungsmaßnahmen nach sich. Soweit ersichtlich war die Anfrage der GRÜNEN die erste parlamentarische Initiative seit Jahren die sich spezifisch auf Probleme einer bestimmten Anstalt bezog. Solange jedoch dann keine kritische Nachfrage erfolgt (und so sieht es aus), verpufft selbst das geringe Potenzial das solch eine Anfrage haben könnte.

C.) Resümee

Ich bestreite nicht, daß in einer sehr geringen Anzahl von Einzelfällen engagierte Abgeordnete etwas bewirken können; im Regelfall wird aber verfahren wie oben beschrieben. Die Behörde wird zur Stellungnahme aufgefordert, diese hernach abgeschrieben, für sachlich nachvollziehbar erklärt, weshalb man die Angelegenheit „hiermit als erledigt“ betrachtete. Wer seine Hoffnungen auf die gewählten „VolksvertreterInnen“ setzt, der hat schon verloren.

Thomas Meyer-Falk, c/o JVA-Z. 3113, Schönbornstr. 32, 76646 Bruchsal http://www.freedom-for-thomas.de

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