Sommer 2022 in der JVA Freiburg

Nun hat Corona auch die SV-Abteilung der Freiburger Haftanstalt erwischt (1.), darum soll es gehen, sowie einen neuerlichen Wechsel im Sozialdienst (2.).

1. Corona in der Sicherungsverwahrung in Freiburg

Vor einigen Tagen hatte der erste Insasse ein positives Testergebnis.

Bis dahin war zumindest die SV-Abteilung seit Beginn der Pandemie ganz ohne bekannt gewordene Infektion unter den Bewohnern durchgekommen.

Aber da seit Wochen fast niemand mehr vom Personal Masken trug und auch sonst der Alltagsbetrieb wieder hochgefahren wurde, war es nur eine Frage der Zeit, bis die hochansteckende Variante auch hier eingetragen würde.

In den folgenden Tagen ploppten weitere Infektionen hier und dort auf, bis zuletzt rund die Hälfte der Inassen infiziert wurden.

Die entsprechenden Insassen werden für die Dauer der Infektion in ihren Zellen eingesperrt ( in hiesiger JVA 10 Tage), dürfen diese jedoch morgens für eine Stunde Hofgang verlassen. Auch das Duschen wird ihnen ermöglicht.

Da es zahlreiche Bewohner gibt, welche schwere Vorerkrankungen mitbringen, z.B. Schlaganfälle, Herzinfarkte, Lungenfibrose, sind einige von ihnen ernstlich um ihre Gesundheit besorgt.

Am 11. Juli ordnete der Anstaltsleiter an, dass erneut Ausführungen (= bewachtes Verlassen der JVA für ein paar Stunden) und Therapiegruppen entfallen.

Auch die gegenseitigen Besuche von einer Station auf die andere sind vorerst nicht möglich.

2. Wechsel im Sozialdienst

Immer mal wieder musste ich über personelle Wechsel im Sozialdienst der Station 2 der Sicherungsverwahrung berichten.

Seit 2013 wohne ich auf dieser Station und erlebe nunmehr den siebten oder achten Wechsel im Sozialdienst.

Frau B. schied 2013 wegen einer Schwangerschaft aus, eine später hier tätige Kollegin ging als Offiziersanwärterin zur Bundeswehr, ein anderer wechselte in die Begleitung schwerbehinderter Kinder.

So reihte sich fast jährlich ein Wechsel an den nächsten.

Nun tritt auch Herr S. ab, der in den Gesundheitssektor wechseln möchte.

Als er seinerzeit sein Amt auf der Station antrat, bemerkte ein älterer Insasse sarkastisch, er werde sich den Namen des neuen Sozialarbeiters nicht merken, denn der werde eh bald wieder gehen.

Wie recht er hatte!

Die Arbeit in der SV ist sicherlich auch für das Personal psychisch belastend (also nicht nur für die Bewohner), aber wenn auf ein und derselben Station fast jährlich die Sozialarbeiter*innen wechseln, sollte das eine Behördenleitung zumindest nach bald 10 Jahren nachdenklich werden lassen, sagt das doch womöglich etwas über das allgemeine Betriebsklima aus.

So teilte Herr B., der Vorgänger des Ende Juli scheidenden Sozialarbeiters, mit, er sei „gegangen worden“, da die Leitung der Anstalt Kritik nicht hören wollte.

Thomas Meyer-Falk, z.Zt. JVA (SV),

Hermann-Herder-Str. 8, 79104 Freiburg

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Telefonie im Gefängnis im 21. Jahrhundert

Gefangene in fast allen Bundesländern (Ausnahme Bayern) können ziemlich komplikationslos telefonieren. Durch einen Anbieterwechsel in Freiburgs Haftanstalt ist nun ein neuer „alter“ Anbieter tätig. Über die Irrungen und Wirrungen berichte ich heute kurz.

Der Anbieterwechsel 2022

Als ich 2013 in die JVA Freiburg verlegt wurde, betrieb dort die Firma Telio Communications GmbH aus Hamburg die an den Flurwänden montierten Apparate. Nach verschiedenen Klagen, auch gegen die hohen Tarife, die die Firma seinerzeit verlangte, konnte durchgesetzt werden, dass zumindest im Bereich der Sicherungsverwahrung Telefonapparate in den Zellen montiert wurden.

Zwischenzeitlich erfolgte ein Betreiberwechsel zur Firma Gerdes Communication GmbH, die dann auch die Möglichkeit installierte, sich in den Zellen anrufen lassen zu können (freilich war auch dafür eine gerichtliche Klage gegen die Anstalt erforderlich).

Nachdem der Vertrag mit Gerdes auslief, gewann die Hamburger Firma Telio Communications GmbH die Ausschreibung und betreibt seit dem 01.07.2022 die Telefonie in der südbadischen Haftanstalt.

„Sich-anrufen-lassen“ im 21. Jahrhundert

Anlaufschwierigkeiten sind völlig normal, aber was sich die Telio Communications GmbH ausgedacht ist, ist bemerkenswert; nicht, dass jede Zelle eine eigene Nebenstellennummer bekommen hätte (so wie beim vorherigen Betreiber). Nein! Freund*innen und Anwält*innen müssen eine 12-stellige Hamburger Nummer des Anbieters wählen und landen damit in einem computergeschützten Call-Center.
Danach müssen sie zuerst die gewünschte Sprache wählen, in der der Dialog mit dem Computer geführt werden soll. Anschließend ist die Telio-Telefonkontonummer des Insassen einzugeben und muss mit der Raute-Taste bestätigt werden. Hernach, muss, warum auch immer, noch die 2 gewählt werden.

Jetzt sollt es irgendwann beim Insassen in der Zelle klingeln. Der Insasse hebt ab und muss erst seine eigene PIN korrekt eingeben und die Eingabe mit der Raute-Taste abschließen.

Endlich! Wenn alles klappt, kann nun fröhlich miteinander gesprochen werden.

Thomas Meyer-Falk, z. Zt. JVA (SV), Hermann-Herder-Str. 8, D-79104 Freiburg

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