Freiheitsfonds plant Gefangenenbefreiung

Der Hamburger Journalist und Aktivist Arne Semsrott gründete Ende 2021 den „Freiheitsfonds“. Der Fonds bezahlt die Geldstrafen von Menschen, die im Gefängnis sitzen, weil sie ohne gültiges Ticket mit Bus, Straßenbahn oder Zug gefahren sind. Tausende Menschen landen deswegen jedes Jahr im Gefängnis. Was nicht nur erhebliche Kosten für die Landeshaushalte bedeutet, sondern vor allem verheerend ist für jene, die dann in Haft landen. Sie werden aus ihrem Leben gerissen und weggesperrt- einzig deshalb, Weil sie eine Geldstrafe für Fahren ohne gültiges Ticket bekommen haben- und dann die Geldstrafe nicht bezahlen konnten.

Der Verein hat sich zum Ziel gesetzt, möglichst viele dieser Betroffenen aus den Knästen freizukaufen!

Am 05.12.2023 ist die nächste große „Gefangenenbefreiung“ geplant, wie es der Verein selbst nennt. Man möchte so viele Menschen wie möglich aus dem Knast holen und sucht dafür Spenderinnen und Spender.

Über die gelpante Aktion des Freiheitsfonds berichtete ich in einem kurzen Beitrag auf RDL.

Kommentar: Freiburger Polizei veröffentlicht rassistische Fahndungsmeldung

Mitte November 2023 fahndete die Freiburger Polizei nach einem aus der Forensischen Psychiatrie geflüchteten jungen Mann.

In der Fahndungsmeldung wurde neben der üblichen Personenbeschreibung wie Größe und Statur in der Rubrik „Erscheinungsbild“ angegeben „afrikanisch“. RDL wollte wissen was es mit dieser rassistischen Fahndung auf sich hatte. Mangels substantieller Antworten seitens der Behörden, kommentierte ich auf RDL den Vorfall.

Rezension: „Nach dem Knast- Alltag und unsichtbare Bestrafungen“

Vor kurzem legte die Freiburger Kulturanthropologin Dr. Barbara Sieferle im transcript-Verlag eine Studie zur Lebenswirklichkeit von (männlichen) hafterfahrenen Menschen in der Übergangsphase von Haft in die Welt außerhalb der Gefängnismauern vor. Welche Herausforderungen, Schwierigkeiten, Konflikten begegnen Menschen in dieser Situation, wie gelingt es ihnen in der Gesellschaft anzukommen?

Die Methode

Durch eine längerfristige „Teilhabe und das Miterleben der Lebensrealitäten hafterfahrener Menschen“, wie Sieferle schreibt, ist es ihr möglich geworden die ganz konkreten Höhen und vor allem auch Tiefen der Betroffenen zu beobachten. Statt nur, wie sonst üblich, durch punktuelle Befragungen zu versuchen die Situation zu erhellen, hat die Autorin über mehrere Monate hinweg, Menschen die noch in Haft saßen, bei denen aber eine Entlassung absehbar war, begleitet. Vor allem dann aber auch in der Zeit nach ihrer Freilassung. Dazu ging sie in (zwei) Haftanstalten, besuchte die Inhaftierten, und traf sich mit diesen nach deren Entlassung: ob in Einrichtungen der Straffälligenhilfe, in Wohnheimen, in deren Wohnungen, oder auch einfach auf einer Steinmauer vor einer Haftanstalt.

Kritik am Begriff der „Resozialisierung“

Den zentralen Grundannahmen die dem Begriff der „Resozialisierung“ eingeschrieben scheinen, begegnet Sieferle kritisch: die erste Grundannahme, straffällig gewordene Menschen wiesen einen Mangel an Sozialisation auf, teilt sie nicht, denn aus kulturwissenschaftlicher Sicht könnten Menschen keinen „Mangel an Sozialisation“ aufweisen. Sozialisation als „mangelhaft“ zu bewerten sei aber typisch für die Strafjustiz und markiere die Betroffenen zu gleich als „moralisch deviant“. Die zweite Grundannahme, der behauptete „Mangel an Sozialisation“ könne gerade im Gefängnis behoben werde, teilte sie ebensowenig. Hier werde, Sozialisation auf die Ausbildung eines Normenbewusstseins und dessen Befolgung verengt. Dabei, so Sieferle, sei soziales Zusammenleben und kulturelle Bedeutungssetzungen jedoch nicht mit Normen gleichzusetzen. Die Fokussierung auf bloße „Legalbewährung“ greife zu kurz.

Die Herausforderungen für die hafterfahrenen Menschen

Unsicherheitsgefühle erscheinen dominierend. Schon während der Phase einer bevorstehenden Freilassung machen sich diese bemerkbar, auch wenn zugleich viel Euphorie zu verzeichnen ist, bald den Gefängnisalltag hinter sich lassen zu können. Aber immer wieder schlagen Fragen durch, wie ein Neubeginn gelingen, wie der Lebensunterhalt gesichert, gewohnt und wie der Alltag strukturieren werden kann. Wie wird die Rückkehr gelingen, angesichts des Stigmas des „Ex-Gefangenen“? Und dann, kaum in Freiheit gelangt, verstärken sich diese Unsicherheiten angesichts erlebter Frustrationen in Alltag.

Der Autorin gelingt es in besonderer Weise, durch die Wiedergabe ihrer Begegnungen mit den Betroffenen, deren Lebenswirklichkeit lebendig zu machen, zugleich diese jedoch kulturwissenschaftlich einzuordnen in den größeren Zusammenhang. Vor allem aber zu dekonstruieren, beispielsweise durch Reflexion der Gesellschaftsbilder welche die Haftentlassenen aufweisen. Die gerne integriert werden möchten und deshalb oftmals ganz besonders vorsichtig agieren, um nirgends anzuecken.

Systemische Faktoren

Der kulturwissenschaftliche Blick ist in seiner Analytik auf die Gesamtheit angelegt, weshalb Barbara Sieferle immer wieder auf die systemischen Zusammenhänge zurück kommt. Wie hafterfahrene Menschen auf mitunter sichtbarere oder oft auch weniger sichtbare Mauern stoßen welche eine Rückkehr in die Welt außerhalb von Gefängnissen erschweren, oder gar verunmöglichen. Selbstverständlich können die Betroffen immer versuchen innerhalb ihrer Strukturen zu verbleiben, bei Anlauf- und Beratungsstellen für Haftentlassene, in Wohnheimen oder an ähnlichen Orten. Das Stigma Gefängnis, so die Kulturwissenschaftlerin, sei nicht nur äußerst langlebig, sondern weise auch eine durch und durch moralische Komponente auf. Es markiere hafterfahrene Männer als ›unmoralische Andere‹.

Weshalb, auch nach Ansicht der hafterfahrenen Betroffenen, die eigentliche Bestrafung erst nach der Haftentlassung beginne. Die von der Gesellschaft, stellvertretend von den Gerichten, zugemessene Freiheitsstrafe verbüßt, beginnt erst mit der Entlassung die soziale Wirkmächtigkeit der Verurteilung so richtig zu wirken, da die Wiedereingliederung ein im Grunde Jahre dauernder Prozess ist.

Resümee

Bei der Buchlektüre fühlte ich mich immer wieder erinnert an Alice Goffmans Buch aus dem Jahre 2014, “ON THE RUN Die Kriminalisierung der Armen in Amerika”, die gleichfalls im Rahmen einer teilnehmenden Beobachtung die prekäre Lebenssituation von Menschen in einem Armenviertel beschrieb und analysierte. Die nun vorgelegte Studie von Dr. Sieferle bietet einen Einblick in die ganz aktuellen Problembereiche von Menschen die aus der Haft entlassen werden: deren Armut, deren Suche nach einem Platz in der Gesellschaft, ihre Hoffungen, ihre Sorgen und Nöte.

Es sollte besonders von jenen gelesen werden die mit hafterfahrenen Menschen in Berührung kommen, aber auch von Inhaftierten, um sich schon vorab ein (realistischeres) Bild zu machen von der eigenen Situation in welche sie dereinst gelangen werden. Eigentlich müsste das Buch auch zur Pflichtlektüre im Bereich des Justiz-/Strafvollzuges gemacht werden. Aber die Praktiker*innen der „Resozialisierung“ könnten dort mit ihnen womöglich unangenehmen An- und Einsichten konfrontiert werden. Zu wünschen wäre zudem eine vergleichbare Studie zur Lebenswirklichkeit von weiblichen und weiblich gelesenen hafterfahrenen Menschen, denn deren spezifischen Problembereiche konnten in der vorliegenden Studie nicht mit abgedeckt werden, auch wenn sich viele der allgemeinen Herausforderungen bei diesen in ähnlicher Weise stellen dürften.

Der Verlag stellt das Buch erfreulicherweise als PDF kostenlos zum Download bereit, denn in der gedruckten Fassung kostet es stolze 45 €!

Bibliografische Angaben:
Autorin: Dr. Barbara Sieferle
Titel: „Nach dem Gefängnis-Alltag und unsichtbare Bestrafungen“, 234 Seiten
Preis: 45 € (als PDF: kostenfrei)
ISBN: 978-3-8376-6891-9

Kämpferische Demo gegen Sozialabbau in Freiburg

Am Samstag, dem 18. November 2023 kamen in Freiburg auf dem Platz der Alten Synagoge rund 150 Menschen zusammen um gegen den Sozialabbau zu protestieren. Die Bundesregierung und der Bundestag beschließen in Zeiten sprudelnder Milliardengewinne der Konzerne und der nicht minder sprudelnden Steuereinnahmen umfangreiche Kürzungen im sozialen Sektor. Der „Arbeitskreis Kritische Soziale Arbeit Freiburg“ hatte unter der Überschrift „Sozialkürzungen Stoppen“ zu der Demo aufgerufen.

Start der Veranstaltung auf dem Platz der Alten Synagoge

Bei niesligem Novemberwetter ging es mit mehreren Redebeiträgen der AKS und auch der FAU, um kurz nach 14 Uhr los, in welchen die drastischen Kürzungen skandalisiert wurden. Zugleich wurde auch auf den Rechtsruck in der Politik, die Sündenbock-Strategie der Regierung hingewiesen. Immer öfter würden Geflüchtete oder Leistungsempfänger*innen zu Sündenböcken für die gegenwärtige Situation erklärt. Bundesfinanzminister Linder wurde aufgefordert die sofortige Rücknahme der geplanten Kürzungen zu veranlassen. Zu Anfang war die Polizei mit doch erklecklichem Aufgebot vor Ort.



Der Demozug setzt sich in Bewegung

Die Demonstration marschierte, unter Begleitung von Polizeikräften, in Richtung Bertholdsbrunnen und dann über die Kaiser-Joseph-Strasse zum Europaplatz. An der Spitze mit einem Transparent auf dem stand : „Sozialkürzungen Stoppen“, aber im Einsatz waren auch selbstgemalte Plakate und Schilder. Unterdessen skandierten die Teilnehmenden immer wieder lautstark: „Wir sind hier, wir sind laut, weil man  uns die Zukunft klaut“. Oder auch: „What do we want?-Social Justice- When do wie want it?- Now”! Ebenfalls skandiert wurde „Kapitalismus raus aus den Köpfen“ und „“Bei der Rüstung sind sie fix – für soziales tun sie nix“.

Da die Kaiser-Joseph-Strass gut mit den Konsument*innen gefüllt war, die Samstags in die Läden gehen wollten, konnten viele Menschen den Parolen folgen und es gab von Sympathiebekundungen bis hin zu einigen wenigen Anpöbeleien Resonanz.

Kundgebung am Europaplatz und Weitermarsch über den Friedrichsring

Am Europaplatz angekommen gab es nochmal Redebeiträge, unter anderem ein Grußwort aus Berlin, in welchem die sozialen Verwerfungen im Land, in Folge der rigiden Sparpolitik im Sozialbereich dargestellt wurden.

Anschließend zog die Kundgebung über den Friedrichsring zurück zum Platz der Alten Synagoge. Es wurden weiter die Parolen skandiert, gelegentlich auch durch ein Megaphon der Anlass der Demo erklärt.

Ende der Demo

Gegen 1530 Uhr endete auf dem Platz der Alten Synagoge die Demo. Die Veranstalter*innen dankten u.a. der FAU Freiburg für die Bereitstellung von technischem Support, bevor dann die Veranstaltung für beendet erklärt wurde.

Radio Dreyeckland zeichnete erfreulicherweise die Reden auf.

Letzte Generation: Lehrer in Freiburg vom Amtsgericht verurteilt!

Am 14.11.2023 fand vor dem Amtsgericht Freiburg, unter Vorsitz von Richterin Bucher ein Prozess gegen einen Lehrer aus dem Freiburger Umland statt. Ihm wurde von der Staatsanwaltschaft zur Last gelegt am 07.02.2022, am 11.02.2022 und am 21.02.2022 sich in Freiburg an Straßenblockaden der Letzten Generation beteiligt zu haben. Verteidigt wurde der Lehrer durch den Freiburger Rechtsanwalt Düsselberg.

Im Gegensatz zu anderen Strafprozessen, die zu oft vor leerem Zuschauer*innen-Raum stattfinden, war diesmal der Gerichtssaal voll, kein Stuhl blieb unbesetzt. Es dürften um die 70 oder 80 Menschen im Zuschauer*innen-Raum gesessen haben, darunter auch ganze Schulklassen mit ihren Lehrkräften. Aber auch die Mutter des angeklagten Lehrers und weitere Angehörige.

Der Prozess zog sich von 9 Uhr bis in den Nachmittag hinein. Der Aktivist der Letzten Generation bekam die Möglichkeit in einem umfangreichen Eingangsstatement die Ziele der Letzten Generation zu erläutern. Auf den Tisch hatte er einen kleinen Stoffhasen gestellt, ihn „rettete“ er aus Lützerath, bevor das Dorf geräumt wurde.

Als Biologielehrer seien ihm die klimatechnischen Zusammenhänge voll bewusst, er habe sich in einem „Sabbatjahr“ intensiv eingearbeitet. Anschließend sei für ihn klar gewesen, er müsse etwas tun! Es sei nicht nur zulässig mit Methoden des zivilen Ungehorsams, wie den Blockaden von Straßen, auf den drohenden Klimakollaps und das Erreichen und Überschreiten der „Kipppunkte“ hinzuweisen, es gebe im Grunde eine entsprechende moralische Pflicht. Immer wieder gab es aus dem Publikum lauten Applaus für die Wortbeiträge den Lehrers, was die Richterin schweigend zur Kenntnis nahm. Zugleich wurde deutlich, dass auch wenn der Aktivist von einer „Überwindung des (bestehenden) Systems“ sprach, er tief im bürgerlichen Spektrum verankert ist: den als Zeugen vernommenen Polizeikräften dankte er ausdrücklich für deren gute und faire Arbeit. Darüber hinaus war ein wesentlicher Argumentationsstrang sein Beamteneid welchen er geschworen habe. Das Grundgesetz und die Landesverfassung „zu achten und zu verteidigen“ (§ 71 Landesbeamtengesetz BW) sei mit Leben zu füllen, angesichts der Milliarden von zu erwartenden Toten, dem Zusammenbruch der Zivilisation. Hier sehe er sich auch durch den Beamteneid verpflichtet zu handeln

Zwischen Verteidiger, Staatsanwaltschaft und Gericht wurde dann darum gerungen, ob hier das allgemeine Widerstand- oder das Notstandsrecht (§ 34 StGB: rechtfertigender Notstand) die Blockaden rechtfertigt haben könnten. An neuralgischen Punkten hatten die Aktivist*innen Anfang 2022 den Straßenverkehr für einige Zeit lahmlegen können und fraglich war ob die Blockaden in strafrechtlichem Sinne „gerechtfertigt“ gewesen sein könnten. Da der Lehrer den Strafbefehl des Amtsgerichts wegen Nötigung in drei Fällen, der ihm per Post geschickt worden war, nicht akzeptierte, wurde nun vor großem Publikum verhandelt.

Letztlich konnten jedoch weder er noch sein Rechtsanwalt die Richterin überzeugen: kurz vor 15 Uhr erging das Urteil. 45 Tagessätze zu jeweils 60 €, wegen Nötigung in drei Fällen. Es habe sich bei der Sitzblockade um strafbare „Gewalt“ im Sinne des § 240 StGB gehandelt und diese Gewalt sei auch verwerflich, denn in einer Demokratie müsse sich der Angeklagte anderer Mittel bedienen, auch wenn die Vorsitzende Richterin ihm ausdrücklich hohe moralisch Ideale zubilligte. Auch seine Verzweiflung über die klimapolitische Situation spreche zu seinen Gunsten. Aber Gewalt bleibe Gewalt. Die Autofahrenden seien psychisch und physisch gehindert an der Weiterfahrt gehindert worden, dies stelle „Gewalt“ im Sinne des Nötigungsparagrafen dar.

Auf Rückfrage von RDL nach der Urteilsverkündung, gab der nunmehr verurteilte Lehrer an, er werde in die nächste Instanz ziehen!

Auf Radio Dreyeckland berichtete ich am 15.11.2023 über den Prozess im Interview mit Max.

Nach der Haft- was nun: Theorie meets Praxis. Eine Rechtsanwältin und eine Kulturanthropologin sprechen im Interview über Ihre Arbeit

In der Katholischen Akademie in Freiburg fand am 06. November 2023 eine Vortrags- und Diskussionsveranstaltung unter der Überschrift „Du kommst aus dem Gefängnis frei- Resozialisierung-Impulse aus Theorie und Praxis“ statt. Norbert Schwab, stellvertretender Direktor und einer der Studienleiter der Akademie, leitete die Veranstaltung mit einem kurzen Impuls ein. In Monopoly-Spiel, so Schwab, verhelfe einem die Ereigniskarte „Du kommst aus dem Gefängnis frei“ zurück ins Spiel.In der Wirklichkeit sei das aber nicht so einfach. Wer fängt Menschen nach der Freilassung aus dem Gefängnis auf ihrer emotionalen Achterbahn ab, wer hilft, was leistet die Gesellschaft? Im Anschluss an Schwabs Impuls hielten die aus Würzburg angereiste Theologin Katharina Leniger und die Freiburger Uni-Dozentin Dr. Barbara Sieferle jeweils einen etwa zwanzigminütigen Vortrag. Leniger sprach aus der Sicht der Ethikerin was den ein „resozialisiertes Leben“ meine und wie Strukturen aussehen sollten um ein solches zu gewährleisten. Das Problem im Haftalltag, so Leniger, sei nicht nur die Entfremdung von Familie und Freund*innen, sondern auch das Fehlen von Eigenverantwortung. Selbst die einfachsten Alltagshandlungen, wie kochen, Wäsche waschen, würden den Gefangenen abgenommen, so dass nach der Freilassung viel zu vieles erst wieder neu gelernt werden müsste. Kritisch positionierte sich Leniger auch zur Frage der „Sicherheit“: diese sei ein wichtiges Gut, aber letztlich sei es doch ein „leerer Begriff“, dominiere aber zu häufig die politische Debatte, wenn es um den Strafvollzug gehe.

Dr. Sieferle wiederum sprach in ihrem Vortrag aus der Perspektive der Kulturwissenschaften. Sie erzählte einleitend, dass sie viele Jahre gedankenlos an der Mauer der örtlichen Haftanstalt vorbei gefahren sei auf dem Weg zur Uni, sich nicht ansatzweise für die Welt und die Menschen dahinter interessiert habe. Nun, nach, vielen Jahren intensiver wissenschaftlicher Beschäftigung mit Strafe, Strafvollzug und insbesondere den hafterfahrenen Menschen sehe sie einen deutlichen Widerspruch zwischen den gesetzlichen Vorgaben Inhaftierte zu „re-sozialisieren“ einerseits und der Wirklichkeit andererseits. Schon dem Begriff der „Resozialisierung“ begegnete sie mit viel Skepsis und dekonstruierte ihn, auch wenn er als Konzept eine wichtige politische Funktion habe.  Wenn sie heute an der Mauer der Haftanstalt vorbei fahre, frage sie sich immer wieder, welche Alternativen es zu den Gefängnissen geben könne.

Auf RDL sprach Konstantin mit mir über die GG/BO und auch darüber wo die Männer in den Solistrukturen bleiben

In der RDL Sendereihe „Ausbruch-die Antirepressionswelle“ spricht Konstantin, ein langjähriger politischer Aktivist, mit unserem Redakteur Thomas, über die Gründung der Gefangenengewerkschaft GG/BO im Jahre 2014, die Folgezeit sowie den aktuellen Stand. Anschließend versuchen die beiden der Frage nachzugehen, weshalb in (Gefangenen)Solistrukturen der Großteil der Care-Arbeit an Frauen oder weibliche gelesenen Personen hängen bleibt-und wo da die Männer bleiben!