Legalistische Möglichkeiten im Fall Maja

Am 28.06.2024 wurde Maja von deutschen Behörden an die ungarische Justiz übergeben, obwohl die deutschen Behörden rechtzeitig in Kenntnis gesetzt wurden, daß das Bundesverfassungsgericht einen Eilantrag, mit welchem die Auslieferung unterbunden werde sollte, konkret geprüft wird.

Neben vielen sonstigen Aktionen können Menschen gegen die Auslieferung von Maja auch auf legalistischem Weg protestieren. Darunter sind dann Petitionen an den Bundestag. Der Bundestag möge sich, so könnte eine Forderung lauten, für eine unverzügliche Rückführung Majas einsetzen. Die Petition kann direkt online eingereicht werden.

Aber auch die Forderung an die Bundesaußenministerin Baerbock, sich auf diplomatischer Ebene, eine unverzügliche Rückführung von Maja bei der ungarische Regierung zu verlangen, kann helfen, auf dieser politischen Ebene den Druck zu erhöhen. Auf elektronischem Weg kann hier das Kontaktformular genutzt werden.

Wer die Haltung der Berliner Generalstaatsanwaltschaft (GStA) kritisieren möchte, kann sich an die dortige Behördenleiterin wenden. Die Generalstaatsanwältin selbst ist zur Zeit wohl nicht im Dienst, aber ihre Vertreterin im Amt, Simone Herbeth, kann per e-mail direkt erreicht werden (Simone.Herbeth@gsta.berlin.de).

Die GStA stellt sich auf den Standpunkt, sie habe rechtmäßig agiert, da die einstweilige Anordnung des BVerfG zu spät eingetroffen sei: allerdings soll, folgt man Presseberichten, das BVerfG schon im Vorfeld die Behörden gegen 8:30 Uhr darüber informiert haben, dass man über den Eilantrag berate. Damit traf die zuständigen Behörden, u.a. auch die GStA, die verfassungsrechtliche Pflicht, den Beschluss abzuwarten, d.h. die Auslieferung abzubrechen.

Und die Behörde ist kein Abstraktum, sondern es sind konkret handelnde Menschen, d.h. jene Person in der GStA, welche über die laufende Prüfung des Eilantrages beim BVerfG  informiert war, diese hätte handeln müssen! Dies nicht getan zu haben, ist dann Gegenstand einer solchen Dienstaufsichtsbeschwerde. Eine solche kann jede Person einreichen die es möchte!

Kicken gegen Rechts 2024 – „Wir machen das, weil wir eine Überzeugung haben!“

Am 29.06.2024 fand in Freiburg, ab 11 Uhr auf der Freisportanlage der Staudinger Gesamtschule das alljährliche „Kicken gegen Rechts“ statt. Bei über 30 Grad trafen an diesem Samstag, viele Fußballer*innen in entspannter Atmosphäre zusammen. Es wurde gelacht, gespielt, geschwitzt es gab leckeres Essen, Slushis und viele gute Begegnungen und Gespräche.

Für Radio Dreyeckland habe ich eine kleine Collage von Teilnehmenden zusammengestellt.

Urteil gegen Sicherungsverwahrten wegen sexualisierter Gewalt

Das Landgericht Freiburg verurteilte am 25.06.2024 einen Insassen der JVA Freiburg zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe, sowie anschließender Unterbringung in der Sicherungsverwahrung. Hintergrund für die Verurteilung war sexualisierte Gewalt. Der Angeklagte durfte im Rahmen eines alleinigen Ausgangs die JVA verlassen. So dass es zu dem Übergriff kommen konnte.

Ich hatte den Prozess an den fünf Prozesstagen beobachtet und zusammen mit einer Kollegin von RDL darüber schon am 21.06.2024 und 14.06.204 berichtet.

Im Anschluss an die Verkündung konnte ich für RDL die Freiburger Rechtsanwältin Christina Gröbmayr interviewen. Siie hatte in dem Prozess die Interessen jener japanischen Touristin anwaltlich vertreten, die Opfer des Übergriffs geworden war.
In dem Interview bezieht Gröbmayr auch Stellung zu der Frage, ob sie einen Widerspruch darin sehe, Opfer sexualisierter Gewalt wie aber auch Täter vor Gericht zu vertreten.

Kritische Mediziner*innen fordern: „Wir wollen gute Ärztinnen und Ärzte werden!“

Vor wenigen Tagen sprach ich mit Elena und Alex, denn die „Kritischen Mediziner*innen“ riefen für den 21. Juni 2024, zu einer Demonstration auf dem Platz der Alten Synagoge auf.

Sie wehren sich gegen Ausbeutung im „Praktischen Jahr“. Das PJ, wie es im Mediziner*innen-Jargon genannt wird, ist zwingender Teil der Mediziner*innen-Ausbildung. Im Grunde bedeutet es Vollzeitarbeit, ohne dass währenddessen der Lebensunterhalt angemessen gesichert ist. Was das ist, das „Praktische Jahr“, und wo die Konfliktlinien verlaufen, was sie fordern, das haben Elena, von den Kritischen Mediziner*innen und Alex, von der Bundesvertretung Medizinstudierender in Deutschland, im RDL-Interview erzählt.

Sächsische Justizministerin äußert sich zu Angriff auf Maja

Wie basc.news am 11. Mai 2024 berichtete, kam es kürzlich zu einem queerfeindlichen Übergriff auf Maja in der JVA Dresden. Maja sitzt seit letztem Dezember in Haft, da die ungarischen Justizbehörden behaupten, Maja sei im Frühjahr 2023 an antifaschistischen Aktionen gegen Nazis in Budapest beteiligt gewesen.

Eine Abgeordnete der LINKEN richtete eine Anfrage an die sächsische Staatsregierung und wollte Hintergründe zu dem Übergriff auf Maja in Erfahrung bringen. So wollte sie wissen, wie sich der Angriff auf Sicht der Staatregierung darstelle, aber auch, was unternommen werde, um Maja und andere queere Inhaftierte zu schützen.

Mit Schreiben vom 13.06.2024 antwortete Staatsministerin Meier (GRÜNE) auf die Anfrage, wenig detailliert, aber mit ausgiebigem Verweis auf gesetzliche Grundlagen, welche helfen sollen, queere Gefangene zu schützen. Aber wie das so ist, wenn Jurist*innen Schreiben formulieren. Auf die Frage was getan werde, damit queere Gefangene nicht durch „Sicherungsmaßnahmen“ in ihren Rechten beschränkt werden, antwortet Ministerin Meier dahingehend, getroffene Maßnahmen „sollen nicht zusätzlich belasten“.

Das Wörtchen „sollen“ ist entscheidend, denn „sollen“ bedeutet im Vollzugsalltag, dass es sehrwohl sehr belastende Einschränkungen geben dürfte, die zusätzlich belasten. Notwendig wäre für den Vollzugsalltag, die Vorgabe, dass entsprechende Maßnahmen „nicht belasten dürfen“. Die Sprache der Jurist*innen ist hier eine sehr eigene (zur „Soll-Vorschrift“). Solange Maßnahmen nur nicht belasten „sollen“, ist kein*e Anstaltsleiter*in wirklich verpflichtet dies auch zu gewährleisten.

Armutsstrafrecht – Zwei geklaute Zahnbürsten brachten Geflüchteten in den Knast

Eingangsbereich Drogeriemarkt dm in Freiburg

Vor einem Strafrichter des Amtsgerichts Freiburg fand am 11.06.2024 ein Schnellverfahren statt. Ein junger Geflüchteter, geboren 1998 in Algerien, immer noch auf Antwort auf seinen Asylantrag wartend, war angeklagt, weil er in einem dm-Drogeriemarkt, zwei elektrische Zahnbürsten geklaut haben soll. Vor Beginn der Verhandlung wurde der junge Mann gefesselt in den Saal geführt, denn seit der Festnahme am Samstag zuvor, saß er in der JVA!

Über das Verfahren sprach ich für RDL im Anschluss an die Verhandlung mit dem Freiburger Rechtsanwalt Jan-Georg Wennekers, der den Geflüchteten anwaltlich vertreten hat und den Fall zudem kriminalpolitisch einordnet.

Nazi-Angriff in Freiburg auf Dieti-Waldbesetzer*innen

Seit Mai 2021 ist das Langmattenwäldchen im Freiburger Dietenbacharreal besetzt.

Am 08.06.2024 kam es gegen 2 Uhr nachts zu einem Angriff durch Nazis. Bewaffnet mit einem Messer und einer Axt versuchten die Nazis, die Aktivist*innen einzuschüchtern und drohten auch mit Mord. Trotz der nächtlichen Stunde, kamen nach einem Hilferuf über soziale Netzwerke, solidarische Menschen um Support und Schutz zu geben.

RDL war wenige Stunden später vor Ort, und sprach mit einem der Waldbesetzer*innen über den nächtlichen Angriff.

Wer sich weiter über die Besetzung im Langmattenwäldchen informieren möchte, findet hier weitere Informationen.

Die Waldbesetzer*innen freuen sich über Support und Unterstützung jeglicher Art. Es steht zu befürchten, daß es sich nur um einen Probelauf der Nazis gehandelt haben könnte. Während in Freiburg noch vor wenigen Tagen wieder tausende Menschen gegen Nazi protestierten, unter dem Stichwort „Wir sind die Brandmauer„, toben sich Neonazis an Waldbesetzer*innen aus. Das eine scheint mir zu sein, bei sonnigem, oder, wie zuletzt, auch regnerischem Wetter Schilder in die Luft zu halten und bunt, laut, kreativ gegen Nazis zu demonstrieren, das andere und mindestens genauso wichtige, eher noch wichtigere: Menschen die von Nazis attackiert werden, zu unterstützen- und vor allem nicht alleine zu lassen.

Kommentar zum Freispruch im Prozess gegen Fabian: Ist das Urteil ein Sieg für die Pressefreiheit?

Endlich ist es soweit, das Landgericht Karlsruhe sprach RDL-Redakteur Fabian frei! Seit einer Razzia in den Räumen von RDL, aber auch bei Fabian im Januar 2023, schwebte das Damoklesschwert eine Verurteilung über Fabian. Was war geschehen? Der RDL Redakteur hatte einige Monate zuvor, wie es sein Job als Journalist ist, über die Einstellung eines Ermittlungsverfahrens berichtet.

Die Vorgeschichte

Im Zusammenhang mit dem 2017 verbotenen sogenannten „Verein“, der die Plattform linksunten.indymedia.org betrieben haben soll, wurde 2022 ein Ermittlungsverfahren wegen „Bildung einer kriminellen Vereinigung“ eingestellt. Fabian berichtete über eben diese Verfahrenseinstellung. Dazu ein Foto. Aufgesprayt auf einer Häuserwand zu sehen: „Wir sind alle linksunten indymedia“. Im Beitrag ein Link zur Archivseite von linksunten.

Damit, so die Vorstellung des Staatsschutzstaatsanwalts Graulich aus Karlsruhe, habe sich Fabian strafbar gemacht. Er soll die weitere Betätigung einer verbotenen Vereinigung unterstützt haben.

Der Prozess

Acht lange Prozesstage wurde nun verhandelt. Am neunten Tag dann der Freispruch! Mit einer recht offensichtlichen Verbissenheit versuchte der Staatsanwalt nicht nur eine Fortexistenz des Betreiber*innen-Vereins von linksunten-indymedia zu konstruieren. Sondern er bemühte sich mit einer Ausdauer und Blindheit für die Wirklichkeit, die ihresgleichen sucht, eine Verbindung von Fabian mit Menschen, die diesem Betreiber*innen-Kreis zugerechnet werden, herzustellen. Dafür musste ein Interview von 2010 dienen. Vor 14 Jahren soll Fabian, wieder im Rahmen seiner Arbeit als Journalist, zwei Mitglieder des Kollektivs interviewt habe. Ach ja, und er soll verschiedentlich bei Demonstrationen oder Veranstaltungen in „räumlicher Nähe“ zu eben diesen Personen gesehen worden sein. Aus dem Umstand, dass Fabian dabei weder Mikro noch Kamera in Händen hielt, könne man schließen, dass er dort nicht als Journalist, sondern als Aktivist gewesen sei. Wahrscheinlich hält es ein Staatsanwalt nicht für denkbar, dass Journalist*innen auch dann journalistisch arbeiten, wenn sie mal gerade nicht Mikro oder Kamera in den Hand haben.

Der Freispruch

Der Freispruch ist gut begründet: weder ist die Fortexistenz des verbotenen Vereins nachgewiesen, noch stellt der Beitrag eine Unterstützung des Vereins dar, selbst wenn es diesen Verein noch geben sollte. Ein Sieg für Fabian. Ein Sieg für RDL. Ein kleiner Sieg auch für die Pressefreiheit. Aber ein echter Sieg für die Pressefreiheit wäre es gewesen wenn erst garkeine Anklage erhoben worden wäre. Wenn es die Razzien nicht gegeben hätte. Wenn es die staatlichen Versuche der Einschüchterung nicht gegeben hätte. Wenn nicht zahlreiche Datenträger mit dem Redaktionsgeheimnis unterliegenden Inhalten beschlagnahmt worden wären. Das Gericht ordnete in seinem Urteil zwar auch an, dass die Staatskasse die Koste des Verfahrens und Fabians notwendige Auslagen zu erstatten habe. Für die Razzia und die Beschlagnahme der Datenträger sei er zu entschädigen. Aber eine echte Kompensation kann und wird das nicht sein.

Das Gericht hob in deutlichen Worten hervor, wie essentiell Meinungs- und Pressefreiheit für diesen Staat seien und es gehe nicht an wenn jemand kritisch über ein Verbot berichtet, diese Person dafür verfolgt werde. Auch das Setzen eines Links sei als solches nicht strafbar, in Fabians Fall sei der Link zu linksunten.indymedia gewissermaßen eine Fußnote gewesen, die seinen Eilmeldung abgerundet habe.

Mehr als schöne Worte?

Schöne Worte, richtige Worte, wichtige Worte. Aber es darf sehr bezweifelt werden, dass ein so ideologisierter Staatsanwalt wie Herr Graulich sich diese zu Herzen nehmen wird. Er dürfte eher den Kopf schütteln, schmunzeln- so wie es immer wieder getan hat, als der Vorsitzende Richter das Urteil der Kammer begründete. Und ein Herr Staatsanwalt Graulich ist auch nicht alleine! Es gibt so viele Staatsanwältinnen und Staatsanwälte wie ihn- und nicht zu vergessen auch Richter*innen. Schließlich war es das Oberlandesgericht Stuttgart, das diesen Prozess erstmal erzwungen hatte!

Wie wird es erst aussehen, wenn neofaschistische Kräfte in Amt und Würden kommen, wenn schon jetzt jeder Staatsanwalt, mit dem ganzen Polizeiapparat im Rücken, gewissermaßen Jagd auf linke Journalist*innen machen darf. Denn wenn am Ende der Bundesgerichtshof das Urteil bestätigen sollte, ich unterstelle mal, dass ein überaus engagierter Staatsanwalt wie Herr Graulich die heutige Niederlage nicht auf sich sitzen lassen wird, ist da niemand der Herr Graulich belangen wird. Er wird weiter Karriere machen: er wird irgendwann Oberstaatsanwalt werden, vielleicht wechselt er auch in den Richterdienst. Und seine Haltung, seine Agenda, wird er aller Voraussicht nach mitnehmen.

Bitterer Nachgeschmack

Es bleibt ein bitterer Nachgeschmack. So erleichternd der Freispruch auch ist, so klar die Ausführungen des Landgerichts zu den Fallgestaltungen unter welchen das Setzen von Links straflos ist, erst recht im journalistischen Kontext, so wenig dürfte dies an dem Verfolgungseifer der Polizei und der Staatsanwaltschaften ändern.

Es bleibt nur ein Teilsieg für die Presse- und Meinungsfreiheit- trotz der Eindeutigkeit der Begründung für den Freispruch!

Für Radio Dreyeckland habe ich über den Prozess berichtet.