Tödliche Polizeigewalt in Oldenburg

Was ist bisher bekannt

Am 20. April 2025 soll es angeblich vor einer Bar in Oldenburg eine Auseinandersetzung gegeben haben, bei der Lorenz, der zur BPoC Community gehörte, angeblich ein Reizstoffsprühgerät eingesetzt haben soll. Anschließend sei er geflüchtet und als ihn dann die Polizei antraf, soll er angeblich „bedrohlich“ auf sie zugegangen sein. Hieraufhin wurde mehrfach auf ihn geschossen, woraufhin er starb.

Polizeischüsse von hinten

Bei der Obduktion stellte sich heraus, dass Lorenz ausschließlich von Schüssen von hinten getroffen wurde, darunter in den Kopf. Nun sind Schüsse, die ein Opfer von Polizeigewalt von hinten treffen, weder auf den ersten noch auf den zweiten Blick mit einer behaupteten Notwehrlage in Einklang zu bringen. Offenbar ist Lorenz von der die Schusswaffe einsetzten Person weggegangen und nicht „bedrohlich“ auf sie zu.

Pseudobetroffenheit durch den Oldenburger Polizeipräsidenten Sagehorn

Andreas Sagehorn lässt sich wie folgt zitieren: „Dieser Einsatz und die Tatsache, dass ein junger Mensch ums Leben gekommen ist, machen mich sehr betroffen. Meine Anteilnahme gilt den Angehörigen und Freunden, die um den Verstorbenen trauern. Nicht nur sie, sondern auch viele Bürgerinnen und Bürger wünschen sich Antworten auf die noch ungeklärten Fragen. Das ist emotional verständlich, jedoch müssen zunächst – nach den Prinzipien eines funktionierenden Rechtsstaates – die Hintergründe dieses tragischen Ereignisses lückenlos aufgearbeitet werden. Hierbei habe ich vollstes Vertrauen in die Staatsanwaltschaft Oldenburg, die in ihrer Ermittlungsarbeit vollumfänglich von der Polizei unterstützt wird. So werden beispielsweise zur Aufklärung des Sachverhalts Zeugenbefragungen vorgenommen und sämtliche Spuren ausgewertet.“

Rückblick in die 90er

Der Fall erinnert unter anderem an die Erschießung eines griechischen Staatsbürgers, der am 04.10.1996 in Nürnberg von einer bayrischen Polizistin in den Rücken geschossen wurde. Die behauptete, sie habe eine Waffe gesehen, gefunden wurde keine. Im Folgejahr wurde sie vom Amtsgericht zu einer geringen Geldstrafe verurteilt, 4.000 DM, wegen „Putativnotwehr“, d.h. einer wahnhaft angenommener Notwehrsituation. Diesen Fall tödlicher Polizeigewalt erwähne ich deshalb, weil er die Maßstäbe mit der die Justiz misst, besonders deutlich macht. Denn zwei Jahre später schickte ein (anderes) bayrisches Amtsgericht dem Liedermacher Hans Söllner einen Strafbefehl über 120.000 DM (nein, das Komma ist nicht verrutscht), da er die Ehre des damaligen bayrischen Innenministers Beckstein verletzt haben soll.

Demoaufruf in Oldenburg

Für den Freitag, 25. April 2025 wird nun in Oldenburg zu einer Demonstration aufgerufen, um an den Tod des 21-jährigen Lorenz in Folge polizeilicher Todesschüsse zu erinnern.

„Verhindern wir die Auslieferung Zaids nach Ungarn“ – Soligruppe im Interview

Vor wenigen Wochen stellten sich bundesweit mehrere Antifaschist:innen, die von der ungarischen Justiz mit Haftbefehlen gesucht werden. Ihnen wird vorgeworfen, 2023 Neonazis in Budapest angegriffen zu haben. Alljährlich marschieren Neonazis aus ganz Europa durch die ungarische Hauptstadt, um am sogenannten „Tag der Ehre„, Soldaten der Wehrmacht und der Waffen-SS zu gedenken. Diese hatten, gemeinsam mit ungarischen Kollaborateuren, 1945 versuchte, aus dem Kessel der Roten Armee, die Budapest umstellt hatte, auszubrechen.

Dem nun in Kön in Auslieferungshaft sitzenden Zaid, der keinen deutschen Pass hat, wird vorgeworfen, Teil jener Gruppe von Antifaschist:innen gewesen zu sein, die Neonazis angegriffen haben sollen. Für Radio Dreyeckland sprach ich mit Lio, einer Person der Kölner Soligruppe, die gegen die Auslieferung Zaids kämpft.

Ausblick

Der zivilgesellschaftliche Protest gegen die Auslieferung nach Ungarn ist noch ausbaufähig, auch wenn schon viele Menschen gegen eine mögliche Auslieferung protestieren. Dem Kammergericht sollte klar sein, dass es diesmal nicht so oberflächlich und verfassungswidrig wird agieren können, wie im Fall von Maja, die sehenden Auges in unmenschliche Haftbedingungen geschickt wurde, in ein Land, das selbst rudimentärste menschenrechtliche Ansprüche nicht zu erfüllen gewillt ist- insbesondere wenn es sich um eine dem linken Spektrum zugerechnete Person handelt. Der in ein Land deportiert werden soll, in welchem 2023 die damalige Staatspräsidentin Katalin Novák, den verurteilten Neonazi György Budaházy begnadigte und dann das Gefängnis, auf einem Pferd reitend, verlassen durfte.

Solidaritätsbrief

Wer einen Offenen Brief mitunterzeichnen möchte, der sich gegen die Auslieferung Zaids nach Ungarn wendet, findet eine solchen auf der Internetseite des Komitees für Grundrechte und Demokratie.

Freiheit für Zaid!
Freiheit für alle Antifaschist:innen!

Kammergericht lehnt Freilassung Zaids ab!Rechtsanwältin Busl zum Fall ihres Mandanten Zaid

Anna Magdalena Busl aus Bonn vertritt den zur Zeit in Köln inhaftierten Zaid. Ihm wird von der ungarischen Justiz vorgeworfen, sich 2023 in Budapest an Angriffen auf Neonazis beteiligt zu haben. Am sogenannten „Tag der Ehre“ marschieren regelmäßig tausende Neonazis durch die Stadt um SS- und Wehrmachtssoldaten zu gedenken.

Während gegen alle deutschen Antifaschist:innen in Deutschland Ermittlungs- und Strafverfahren laufen und die aktuell inhaftierten Personen, nicht nach Ungarn ausgeliefert werden sollen, will die deutsche Justiz dies bei Zaid nicht so handhaben, obwohl er fest in Deutschland verwurzelt ist. Seine Anwältin spricht davon, dass hier mit zweierlei Maß gemessen werde.

Trotzdem er sich freiwillig der Justiz stellte, lehnte nunmehr das Kammergericht Berlin es ab, den EU-Haftbefehl ausser Vollzug zu setzen.

Für Radio Dreyeckland sprach ich mit der Bonner Rechtsanwältin Anna Busl, sie vertritt Zaid A. in dem Verfahren. Das Interview gibt es hier zu hören.

Solidaritätsbrief

Wer einen Offenen Brief mitunterzeichnen möchte, der sich gegen die Auslieferung Zaids nach Ungarn wendet, findet eine solchen auf der Internetseite des Komitees für Grundrechte und Demokratie.