Am 13. November 2025 hat das US Department of State bzw. das US Department of the Treasury mitgeteilt, dass „Antifa Ost“ als „Transnational Terrorist Group” (SDGT – Specially Designated Global Terrorist Organisation) gelistet wurde. Was kann das für rechtliche Auswirkungen haben?
Der Hintergrund zu „Antifa-Ost“
Als „Antifa Ost“ wird meist eine informelle Gruppe von in der Regel jungen Antifaschist:innen bezeichnet, die sich organisiert gegen rechte Gewalt einsetzt, dies oft direkt auf der Straße. Besonders Aktionen, die als Angriff auf Nazi-Strukturen oder deren Infrastruktur interpretiert werden, werden staatlicherseits kriminalisiert, auch wenn sie aus einem emanzipatorischen Selbstverständnis heraus erfolgen. Von September 2021 bis Mai 2023 verhandelte das Oberlandesgericht Dresden gegen mehrere Antifaschist:innen unter anderem wegen des Vorwurfs der Bildung einer kriminellen Vereinigung und Körperverletzung. Das OLG verurteilte die Angeklagten zu Strafen zwischen 2 ½ bis zu über fünf Jahren.
Am 25.11.2025 beginnt vor dem Staatsschutzsenat des OLG Dresden ein weiterer Prozess gegen weitere beschuldigte Antifaschist:innen.
Die Einstufung von „Antifa-Ost“ als „Terrororganisation“ durch die USA
Am 13. November 2025 hat das US Department of State mitgeteilt, dass unter anderem Antifa Ost (auch: „Hammerbande“) als „Transnational Terrorist Group“ (SDGT- Specially Designated Global Terrorist Organisation) gelistet wurde.
Damit verbunden ist die Möglichkeit, dass auch Sekundärsanktionen greifen, das heißt also Sanktionen gegenüber Dritt-Personen, die mit der gelisteten Organisation Geschäfte machen. Der Status erlaubt den US-Behörden, bestimmte Vermögenswerte einzufrieren, Transaktionen mit US-Personen zu untersagen und Strafverfolgung zu betreiben.
Exkurs: Was steht in der Entscheidung der US-Behörden genau?
Auf der Webseite des US-State Departement ist zu lesen: „Alle Eigentums- und Eigentumsinteressen von bestimmten Personen oder Gruppen, die sich in den Vereinigten Staaten befinden oder die im Besitz oder unter Kontrolle einer US-Person sind, sind blockiert. US-Personen ist es generell untersagt, Geschäfte mit sanktionierten Personen zu führen. Es ist auch ein Verbrechen, wissentlich materielle Unterstützung oder Ressourcen für die Beauftragten bereitzustellen oder zu versuchen oder sich zu verschwören. Personen, die bestimmte Transaktionen oder Aktivitäten mit den heute benannten durchführen, können sich einem Sanktionsrisiko aussetzen. Insbesondere die Durchführung bestimmter Transaktionen mit ihnen birgt das Risiko sekundärer Sanktionen aufgrund von Anti-Terror-Behörden.“
Versuch einer rechtlichen Einordnung
Vieles ist zum jetzigen Zeitpunkt noch unklar, beispielsweise was die konkreten Folgen der Listung angeht, solange noch keine Einzelpersonen benannt sind.
- Wer ist primär betroffen? Vorerst ist lediglich „Antifa-Ost“ als vermeintliche Organisation gelistet. Diese dürfte kaum über eigene Konten oder ähnliches, schon garnicht in den USA, verfügen, so dass die Einstufung seitens der USA keine unmittelbare Folgen auslöst, denn erst wenn konkrete Einzelpersonen auf die Sanktionsliste gesetzt werden, greifen auch individuelle Beschränkungen. Wenn in der Verlautbarung der US-Regierung stets von „Antifa-Ost“, wahlweise auch „Hammerbande“ die Rede ist, wird doch explizit Bezug genommen auf die Ereignisse im Frühling 2023 in Ungarn, als Antifaschist:innen in Budapest Neonazis angegriffen und verletzt haben sollen. Dies weist darauf hin, dass von möglichen künftigen Sanktionen, wenn denn die US-Regierung dazu übergehen sollte, Einzelpersonen zu listen, auch jene Menschen betroffen sein könnten, die im sogenannten „Budapest-Komplex“ angeklagt sind, oder gegen die ermittelt wird.
- Welche Folgen sind möglich wenn Einzelpersonen gelistet werden sollten? Neben dem Verbot US-Staatsgebiet zu betreten, oder auch nur den Luftraum zu queren (das betrifft Flüge die bspw. nach Südamerika gehen und dabei US-Luftraum nutzen), sind es vor allem finanzielle Sanktionen die einschneidende Folgen haben können. Das beträfe potentiell alle wirtschaftlichen Tätigkeiten in welche US-Unternehmen involviert sind: PayPal, amazon, Microsoft, Netflix, uvm. Beispielhaft kann hier das Vorgehen gegen den Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs genannt werden, dem kurzerhand, das mail-Konto bei Microsoft gesperrt wurde, da er von den US mit Sanktionen belegt ist.
- Sekundärsanktionen Je nachdem mit wieviel Nachdruck die US-Administration vorgehen sollte, könnten über Sekundärsanktionen eine Vielzahl weiterer Menschen betroffen werden. Denn „Sekundärsanktionen“ meint, dass Firmen, aber auch Privatpersonen, die mit auf der Sanktionsliste gelisteten Personen finanzielle Transaktionen gleich welcher Art abwickeln, Gefahr laufen können, nun ihrerseits sanktioniert oder in den USA strafrechtlich verfolgt zu werden. Hierauf weist das US-State Departement in seiner Verlautbarung zu „Antifa-Ost“ explizit hin. Dies schließt sämtliche finanziellen Transaktionen, selbst Spenden, ein. Mitunter kündigen Banken Kund:innen ihr Konto, nur weil diese auf einer US-Sanktionliste stehen. Dies hat zumindest das Oberlandesgericht Frankfurt kürzlich für rechtswidrig erachtet, solange keine Sanktionierung auch auf EU-Ebene erfolgt. Allerdings hat das hier genannte Urteil einen Haken: die Bank kann nicht verpflichtet werden, die Kontobeziehung weiter fortzusetzen. Sie muss dem Kunden lediglich die durch die Kündigung entstandenen Schäden ersetzen. Wer also auf einer US-Sanktionliste steht, muss damit rechnen, dass Firmen entweder bestehende Vertragsverhältnisse kündigen oder keine Verträge abschließen, denn Firmen wollen verhindern, selbst ins Visier von US-Behörden zu geraten.
- Wo kann ich erfahren wer auf der Sanktionsliste steht? Die USA veröffentlichen regelmäßig entsprechende Listen, mit tausenden von Namen. Der einfachste Weg scheint aktuell zu sein, hin und wieder auf diese offizielle Seite der US-Regierung zu gehen und nachzusehen, indem als Suchfilter unter „Country“ dann Germany ausgewählt wird. Dort findet sich aktuell schon „Antifa-Ost“ gelistet.
- Zusammenfassung Aktuell dürfte die bloße Listung von „Antifa-Ost“ noch keine konkreten Folgen auslösen, sobald aber konkrete Einzelpersonen auf die Liste gesetzt werden sollten, dürfte dies den wirtschaftlichen Alltag ungünstig beeinflussen.
Offene Fragen
Warum gerade jetzt? Warum überhaupt „Antifa-Ost“? Angesichts der guten Verbindungen der rechtsextremen ungarischen Regierung zu den USA, aber auch den engen Verbindungen der AfD in die US-Administration, liegt die Frage nahe, ob die AfD oder auch die ungarischen Regierung bei der US-Administration antichambriert haben, um die bekannte Aversion von Trump und Consorten zu nutzen, gegen Antifaschist:innen in Europa vorzugehen. In der Berichterstattung geht etwas unter, dass neben „Antifa-Ost“ auch griechische und italienische „Organisationen“ auf die Liste gesetzt worden sind.
Offen ist auch, wie konkrete Namen auf die Liste kommen sollten, denn das würde voraussetzen, dass die US-Regierung Zugriff entweder auf Akten in Strafverfahren bekäme, oder deutsche Regierungsstellen oder Sicherheitsbehörden, den USA entsprechende Daten zuliefern. Ob der US-Administration auch bloße namentliche Erwähnung von Menschen in der Presse, die „Antifa-Ost“ zugerechnet werden, genügen würde, kann momentan nicht sicher beurteilt werden.
Der Versuch, mittels solch einer Einstufung Aktivist:innen, jenseits konkreter Sanktionsmaßnahmen, einzuschüchtern, dürfte auf der Hand liegen. Aber nicht nur jene Antifaschist:innen die auf der Straße aktiv sind sollen verunsichert werden, sondern ebenso deren Unterstützer:innen, Familien und Freund:innen.