Schweinegrippe im Knast

Nun ist die Schweinegrippe auch im Gefängnis angekommen. In der JVA Freiburg wurden Anfang August 14 Gefangene in Quarantäne genommen, sprich in das Krankenrevier verlegt, da sie Kontakt zu einem Wärter hatten der sich auf seinem Mallorca-Urlaub mit dem H1N1-Virus infizierte. Auch weitere Wärter gelten als potentielle Gefahr, da sie mit dem Mallorca-Urlauber eine Fahrgemeinschaft bildeten.

Zu leiden haben jedoch alle Insassen des Freiburger Gefängnisses, da vorbeugend die Anstalt nahezu völlig abgeriegelt wurde. Keinerlei Besuche durften empfangen werden, keine Transporte, keine Termine bei Gericht, keiner darf arbeiten (bis auf die Insassen der Küche und anderer ähnlich wichtiger Bereiche), selbst der nun alle 14 Tage stattfindene Einkaufstag steht auf der Kippe.


Bei allem Verständnis für Prophylaxe, dieses Maßnahmenpaket, das wohlgemerkt für die Insassen gilt, nicht nur die 14 unter Quarantäne stehenden, erscheint überzogen. Zumindest erhalten die Gefangenen die Lohnausfall erleiden diesen ersetzt (vgl. § 56 Infektionsschutzgesetz, Zahlungspflichtig ist das jeweilige Bundesland, vgl. § 66 IfSG).


Bis 9.8.2009 sind die Maßnahmen vorerst befristet; es bleibt abzuwarten wie danach verfahren wird. Angesichts der um sich greifenden Infektionsfälle, wir sind in der Hauptreisezeit, dürfte es noch weitere Knäste treffen.

Gericht verweigert Freilassung von Meyer-Falk

Nach meiner Festnahme 1996 wurde ich 1997 vom Landgericht Heilbronn
wegen eines versuchten Banküberfalls zu 11 1/2 Jahren und
Sicherheitsverwahrung verurteilt. In weiteren Verfahren kamen summa
summarum 5 Jahre und 3 Monate Haft hinzu, da sich einige RichterInnen
und PolitikerInnen von mir beleidigt, bzw. bedroht fühlten.

Nachdem 2007 von den Strafen zwei Drittel verbüßt waren, beantragte ich
meine Freilassung auf Bewährung. Dies lehnte das Landgericht Karlsruhe
(Vorsitzender Richter Kleinheinz, Richterinnen am Landgericht Görlitz
und Herlitze) mit Beschluss vom 04. Mai 2009 ab.
Die Kammer ist der Ansicht, ich bedürfe einer langjährigen
Sozialtherapie (in einer entsprechenden Abteilung einer JVA) um dort die
„bestehende Persönlichkeitsproblematik“ aufzuarbeiten, insbesondere aber
einen „sozialkompetenten Umgang mit Konfliktsituationen“ zu erlernen. Es
bestehe eine „ausgeprägte narzisstische Persönlichkeitsstörung“, von
deren „Hintergrund die Straftaten gesehen werden“ müssen.

Besonders nachteilig wirke, so das Gericht, daß ich nicht regelmäßig an
gemeinschaftlichen Veranstaltungen innerhalb der JVA teilnehmen würde;
dies lasse nur den Rückschluss zu, daß ich „nach wie vor nicht
konfliktfähig im Sinne einer sozialkompetenten Auseinandersetzung mit
anderen“ sei.

Eine gegen den Beschluss eingelegte Beschwerde wurde durch das
Oberlandesgericht (1. Strafsenat) Karlsruhe verworfen, so daß die
Entscheidung nun rechtskräftig ist. Bis 2013 kann (und werde ich wohl
auch) alle 6 Monate meine Freilassung beantragen und nach Beginn der
Sicherungsverwahrung kann dann alle zwei Jahre ein solches Gesuch
gestellt werden.

Was heißt nun „sozialkompetenter Umgang mit Konfliktsituationen“? Habe
ich jemals z.B. einen Wärter der mich provozierte physisch angegriffen?
Nein. Oder einen Mitgefangenen? Ebenfalls nein. Ich nehme mir jedoch die
Freiheit über Missstände im Strafvollzug zu berichten, sie öffentlich zu
machen, anstatt sie „sozialadäquat“ unter den Teppich zu kehren.

Über die Sinnhaftigkeit und Wirksamkeit von Sozialtherapien kann
gestritten werden (erst kürzlich wurde ein wegen Sexualverbrechen
vorbestrafter ehem. Sicherungsverwahrter, den die sozialtherapeutische
Abteilung in Asperg/bei Stuttgart „behandelt“ hatte und den ein Gericht
2007 dann frei ließ, erneut in Bruchsal eingeliefert, nachdem er nämlich
2008 prompt wieder eine Frau vergewaltigte). Ich für mich lehne sie ab;
denn eine solche Zwangstherapie die darauf setzt, daß der Proband am
Ende in die Schablonen der TherapeutInnen, GutachterInnen und
RichterInnen passt ist mit meinen Menschenbild nicht zu vereinbaren.

Diese Haltung brachte mir schon den von mir als zynisch erlebten Vorwurf
ein: „Du willst doch gar nicht mehr raus“. Es geht mit Sicherheit darum
wieder frei zu kommen, aber nicht um den Preis sich jahrelang (denn es
geht um eine Jahre dauernde Therapie) zu verbiegen, von staatlichen
Psychologinnen und Psychologen im Hirn herumdoktern zu lassen, bis man
-wie ein pawlowscher Hund- zu sabbern beginnt, wenn die TherapeutInnen
mit dem Glöckchen klingeln. Das mag eine sehr subjektive Sicht der Dinge
sein, jedoch bekam ich von therapeutisch tätigen Personen in meinem
Umfeld durchaus zu hören, daß unter qualitativen Gesichtspunkten bspw.
die Sozialtherapie auf dem Asperg ziemlich sinnlos sei.

Aber auch eine qualitativ hochwertige Therapie kann nicht dem
Betroffenen aufgezwungen werden; es mutet zudem perfide an den
politischen Aspekt der Handlungen die mit Knast und SV geahndet wurden
vollkommen zu negieren und alles einer „narzisstischen
Persönlichkeitsstörung“ zuzuschreiben. Es ist eine banale Erkenntnis,
daß die menschliche Psyche es ist die uns motiviert dieses oder jenes zu
tun oder zu lassen.

Die hier beobachtbare Pathologisierung menschlichen Tuns entspricht
zweifelsohne dem Menschenbild des Gutachters und der RichterInnen, aber
sie ist kein Grund auf ihre Forderungen einzugehen und sich damit ihrem
Diktat zu unterwerfen.

Und so werde ich vorerst weiter aus dem Knast berichten, anstatt mich in
Freiheit an der Auseinandersetzung beteiligen zu können.

Folter in Jugendgefängnis

Anfang Juli 2009 wurde ruchbar, dass mehrere Gefangene in der Jugendstrafanstalt Regis-Breitingen im Frühjahr 2008 einen Jugendstrafgefangenen über Wochen schwer misshandelt haben sollen; am Ende sollen die Täter versucht haben, ihr Opfer zu töten, was ihnen jedoch misslungen sei.

Der Aufschrei in den Medien war groß; nicht so groß wie im November 2006, als in der JVA Siegburg (bei Bonn) ein Mitgefangener zu Tode gequält wurde, jedoch immerhin. Es gab zahlreiche Berichte in den regionalen und überregionalen Medien über den Fall an sich und die Situation speziell in Jugendgefängnissen im Besonderen. Was war geschehen?

Insgesamt neun Gefangene zwischen 15 und 24 Jahren sollen ihr Opfer, einen 18-jährigen Mitgefangenen, zwischen April und Mai 2008 geschlagen, mit kochendem Wasser verbrüht, bedroht und schließlich versucht haben zu erdrosseln. Die Staatsanwaltschaft Leipzig hat die Tatverdächtigen zwischenzeitlich angeklagt.
Empört zeigte sich der Bürgermeister von Regis-Breitingen bei Leipzig darüber, dass er als Vorsitzender des Anstaltsbeirats 2008 nicht von dem Vorgang zeitnah informiert worden sei. Beim Anstaltsbeirat handelt es sich meist um Politiker oder sonstige Honoratioren aus der Gemeinde der jeweiligen Anstalt, die nach dem Gesetzeswortlaut „bei der Gestaltung des Vollzuges und bei der Betreuung der Gefangenen“ mitwirken (vgl. § 163 Strafvollzugsgesetz). Insbesondere haben sie durch Anregungen und Verbesserungsvorschläge den Anstaltsleiter zu „unterstützen“.

Im Haftalltag erleben viele Gefangene die jeweiligen Beiratsmitglieder als eher desinteressiert, oder aber als verlängerten Arm des Anstaltsleiters.
Aufschlussreich war in vorliegendem Fall eine Pressemitteilung des Sächsischen Justizministeriums vom 06. Juli 2009 (Medieninformation 64/09), denn dort merkte man an, der Beirat der Anstalt sei „im Juni 2008 über die Misshandlung des Gefangenen und die Einschaltung der Staatsanwaltschaft informiert“ worden.

Und so musste am 15.07.2009 der erwähnte Beiratsvorsitzende kleinlaut einräumen, dass er tatsächlich seinerzeit informiert wurde, jedoch habe man ihm keine Details mitgeteilt, schob er nach.

Dies deckt sich mit den Erfahrungen der Gefangenen anderer Anstalten: die Beiratsmitglieder sitzen mit der Anstaltsleitung bei Kaffee und Keksen zusammen, gelegentlich werden sie durch Teile der Anstalt geführt. Und wenn sich mal ein Gefangener zu einem Gespräch meldet und um Hilfe bittet, darf der Betreffende schon froh sein, wenn er am Ende die Mitteilung erhält, man werde die Anstaltsleitung bitten, Stellung zu nehmen. Und mit der dann eingeholten Stellungnahme ist die Angelegenheit auch beendet; d.h. kritisches Hinterfragen der Haltung der Anstaltsleitung ist eine Seltenheit. Gerne wird sich jedoch mit der Urkunde geschmückt, die es für dieses Ehrenamt seitens des jeweiligen Bundeslandes gibt.

Gewalt in Gefängnissen, und gerade in Jugendstrafanstalten ist Alltag!

Wo Menschen mit problematischen Biografien auf engstem Raum zusammengepfercht werden, man ihnen die Möglichkeit nimmt, einander auch auszuweichen, gedeihen Nächstenliebe und Friede in den seltensten Fällen. Auch wenn dies das Verhalten der mutmaßlichen Täter nicht entschuldigt, so sollten gerade solche Vorfälle Anlass sein, über Alternativen zu den Knästen nachzudenken.
Aber es ist genauso zu fragen, weshalb weder der Beirat (dem übrigens auch eine Abgeordnete der LINKE angehört) noch der Justizminister von sich aus 2008 die Öffentlichkeit informierten. Der Minister behauptet, der „Schutz der Persönlichkeitsrechte der betroffenen Jugendlichen“ (vgl. Medieninformation vom 06.07.2009) habe im Vordergrund gestanden. Soviel Fingerspitzengefühl bewies Minister Mackenroth vor einigen Jahren, als er seine Solidarität mit Polizei-Vizepräsident Daschner (dieser hatte einem Verdächtigen Folter androhen lassen) bekundete, nicht; aber vielleicht ist Folter für ihn auch deshalb nicht etwas allzu außergewöhnliches.

In deutschen Gefängnissen werden nach einschlägigen Untersuchungen (vgl. „Sicherheitsempfinden im Justizvollzug“ in: Justiznewsletter der Führungsakademie im niedersächsischen Justizvollzug, Ausgabe 10 vom 16.04.2009,(http://www.fajv.de) fast 30 % der Inhaftierten während ihrer Haftzeit Opfer von Gewalt, Bedrohung oder Erpressung (nur übertroffen z.b. von Lettland, Polen und Litauen).

Seit Gefängnisse existieren gibt es Folter und Übergriffe, ob nun seitens Gefangener auf Mitgefangene oder Wärter auf Inhaftierte – und solange es Gefängnisse geben wird, hat diese Gewaltspirale kein Ende!

Pressemitteilung zum Düsseldorfer §129b Verfahren

Pressemitteilung zum Düsseldorfer §129b Verfahren
Termin 3.August 12 Uhr am OLG Düsseldorf, Kapellweg 36
Zu Lehrstunden in Sachen Klassenjustiz und institutionalisiertem
Rassismus entwickelt sich das Verfahren nach Paragraph 129b StGB vor dem
2. Strafsenat am OLG Düsseldorf. Verhandelt wird dort seit dem 15.1.2009
gegen Faruk Ereren, der sich nach dem Militärputsch in der Türkei am 12.
September 1980 zum aktiven Widerstand entschloss, deshalb war er dort
langjährig in Haft, wurde gefoltert, unter anderem wurden
Scheinhinrichtungen an ihm vollzogen.
Hier in Deutschland wirft man ihm Mitgliedschaft in führender Position
in der verbotenen Volksbefreiungsfront/partei (DHKP-C) vor. Interessant
in diesem Zusammenhang: Ursprünglich ging das Verbot der Partei von dem
als rechtstreu bekannten Innenminister Kanther (CDU) aus. Am 13. August
1998 hatte Innenminister Kanther(CDU) die Revolutionäre
Volksbefreiungspartei-Front (DHKP-C) in Deutschland verboten. Und im
zweiten §129 b Prozess in Stuttgart gab es bereits einige Skandale.
Dort war im Herbst Serdar Bayraktutan, Leiter der Abteilung DHKP-C in
der Istanbuler Antiterroreinheit, nach Stuttgart vorgeladen worden, um
dort seine Erkenntnisse über die Organisation vorzutragen. Die Anwälte
der Angeklagten stellten jedoch fest, daß gegen Bayraktutan ein
Gerichtsverfahren eröffnet wurde. Der Vorwurf: Er soll gefoltert haben.
Daraufhin beendete das Gericht die Vernehmung Bayraktutans, um dessen
Dienststelle zu kontaktieren.
Auch in Düsseldorf läuft nicht alles nach Maß, es gab Übergriffe auf
Prozessbeobachter, türkisches Beweismaterial beruhend auf Folteraussagen
wurde akzeptiert.
Während in Düsseldorf BKA Zeugen vorgeben wichtige Tatsachen nicht zu
kennen, werden türkische Linke als Zeugen vor Gericht genötigt jedes
einzelne Detail, und sei es auch 20 Jahre her, genau dazulegen.
Am letzten Verhandlungstag im Monat Juni brachte dies der Zeuge des BKA
– ein Kriminalhauptkommissar- auf den Punkt: Ein Schwerpunkt der §129 b
Verfahren seien die „Personenbeweise“ aus türkischen Gerichtsurteilen
und diese stützen sich auf „Aussagen des Beschuldigten“ in der Türkei.
In diesem Zusammenhang sprach er wortwörtlich von „so genannten
Missständen in türkischen Gefängnissen“. Der BKA Beamte berücksichtigte
die Tatsache nicht, daß die Türkei regelmäßig wegen ihrer
Informationsgewinnung durch Folter vom Europäischen Gerichtshof
verurteilt wird.
Sich genau erinnern musste allerdings der Zeuge Nuri E. am Vortag. Die
Bundesanwaltschaft wollte detaillierte Angaben welche Bücher und
Broschüren die DHKP-C vor einem Jahrzehnt bei ihren Schulungen einsetzte
– unter anderem wurde der Zeuge Nuri E. auch nach den Herausgebern
befragt. Über eine Stunde lang dauerte die diesbezügliche Befragung
durch den Staatsanwalt der BAW auch nach der“DHKP-C Bibliothek“.
Schwierig für Nuri E. ist in diesem Fall seine Behinderung: Während der
Haft in der Türkei wurde Nuri E. regelmäßig gefoltert, infolge dessen
ist Nuri E. erblindet. Einige Tage später, am 2.Juli, musste Nuri E.
dann bereits zum fünften Mal als Zeuge aussagen. Bei einer für den
Prozess um Faruk Ereren völlig unrelevanten Frage machte er von seinem
Aussageverweigerungsrecht Gebrauch, um sich nicht selbst der
Strafverfolgung auszusetzen. Des Weiteren wies er drauf hin, dass in den
fünf Prozesstagen nur selten Fragen zum eigentlichen Verfahren kamen.
Doch der Richtersenat drohte nach vorhergegangenem Antrag der
Bundesanwaltschaft, mit einem Ordnungsgeld von 1000 Euro und 1 Monat
Beugehaft, weil man die Rechtmäßigkeit der Aussageverweigerung nicht
anerkannte. Doch dies stieß beim Zeugen verständlicherweise auf
Unverständnis. Er wiederholte seine Bedenken und berief sich erneut auf
sein Recht auf Aussageverweigerung. Nach zwei viertelstündigen
Beratungen des Richtersenats verkündete dieser, dass die Verweigerung
widerrechtlich sei und verhängte 500 Euro Bußgeld und bis zu drei Monate
Beugehaft. Besonders zynisch bemerkte der Vorsitzende Richter des
2.Strafsenates für Nuri E. sei die Beugehaft wohl ein wirksames Mittel
um sich zu besinnen, denn er sei ja erblindet. Nuri E. wurde noch im
Gerichtssaal abgeführt und bleibt vorerst bis zum nächsten
Prozesstermin, der aufgrund einer sog. „Sommerpause“ des OLG erst für
den 3. August angesetzt ist, in Haft.
Der Prozess beginnt: 12 Uhr am OLG Düsseldorf, Kapellweg 36.
Es wird dringend um die Anwesenheit der Presse gebeten, damit
Öffentlichkeit gewährleistet ist!

Die „Geständnisse“ im Stammheimer §129bVerfahren

Am Montag, den 20. Juli 2009 wurde das in Stuttgart-Stammheim laufende
§129b-Verfahren gegen Mustafa Atalay, Ilhan Demirtas, Devrim Güler,
Hasan Subasi und Ahmet Düzgün Yüksel in zwei Prozesse aufgetrennt. Die
öffentlichen Berichte, dass diese Abtrennung auf „Geständnissen“ seitens
der Angeklagten beruhen würde, verschleiern den gesamten Verlauf dieses
politisch hoch brisanten Prozesses, da die Farce und die Brutalität
dieses Verfahrens nicht zum Ausdruck kommen; geschweige denn – bewusst
politisch motiviert oder durch fragwürdig durchgeführte jounalistische
Recherchearbeit – verschwiegen werden.

Zum Hintergrund ist zu sagen:
Seit dem 17. März 2008 läuft das Verfahren gegen die fünf Migranten,
denen auf Basis des 2002 eingeführten §129b die „Mitgliedschaft in einer
ausländischen terroristischen Vereinigung“ vorgeworfen wird. Vorgeworfen
wird ihnen konkret die Mitgliedschaft in der DHKP-C (Revolutionäre
Volksbefreiungspartei/Front), welche in der Türkei auch bewaffnet für
eine sozialistische Revolution kämpft. Die Anklagepunkte beziehen sich
auf das Sammeln von Spendengeldern, auf die Organisation von Picknicks
und Veranstaltungen, wie auch auf die Organisation von einem
Waffentransport. Basis der Anklage sind neben Akten und Aussagen aus der
Türkei die Aussagen des Hauptbelastungszeugen Hüseyin Hiram. Dieser
arbeitete sowohl für den türkischen Geheimdienst (MIT) als auch für den
deutschen Verfassungsschutz und wurde bereits dafür verurteilt. Darüber
hinaus leidet er unter Schizophrenie, was die Qualität seiner Aussagen
erheblich beeinflusst.

Was ereignete sich aktuell?
Am 20. Juli erfolgte nun die Abtrennung des Prozesses in zwei
§129b-Verfahren. Hintergrund waren die Einlassungen von drei der
Angeklagten: dem herzkranken Mustafa Atalay, Ilhan Demirtas und Hasan
Subasi, die sie auf Basis ausgehandelter Urteile gemacht haben. Devrim
Güler und Ahmet Düzgün Yüksel machten keine Einlassungen, das Verfahren
gegen sie läuft deswegen getrennt weiter.

Wie in einigen Medien lanciert aber wurde, sollen „Geständnisse“ den
Grund für die Abtrennung der Verfahren der drei Angeklagten darstellen.
Entgegengesetzt zu den gebrachten Meldungen belasten die Angeklagten in
den bereits angesprochenen Einlassungen niemanden und distanzieren sich
nicht von der kriminalisierten Organisation.

Der Fall von Mustafa Atalay schildert die Situation und den Beweisstand
des Verfahrens eindrücklich und soll exemplarisch dafür dienen, uns die
Umstände zu verdeutlichen: Mustafa Atalay, der über 15 Jahre in der
Türkei bereits im Gefängnis saß und dort schwer gefoltert worden war,
wurde im November 2006 nur zwei Wochen nach einer schwierigen
Herzoperation aus einer Reha-Klinik heraus verhaftet und befindet sich
seitdem in Einzel-Untersuchungshaft unter Isolationsbedingungen. Durch
seinen angeschlagenen Gesundheitszustand, der bereits vor der Haft
kritisch war und sich während dessen stetig verschlechterte, sowie dem
Umstand geschuldet, dass der Senat sein Leben durch die dreimalige
Ablehnung des Antrags auf Haftunfähigkeit und der fehlenden nötigen
medizinischen Versorgung aufs Spiel setzte und weiterhin setzt, ließ man
ihm – trotz der Tatsache, dass keine Beweise existieren – keine andere
Wahl als die ausgehandelten Bedingungen zu akzeptieren. In seiner
Einlassung bekannte er sich dazu „Sozialist zu sein und das Programm der
DHKP-C zu kennen“ – wie es wohl auch die Generalbundesanwältin
Becker-Klein kennen wird. Dafür soll er nun eine Strafe von fünf Jahren
bekommen.

Ilhan Demirtas soll eine Strafe von dreieinhalb Jahren bekommen und
Hasan Subasi soll mit zwei Jahren und 11 Monaten bestraft werden.
Der Umstand, dass die Angeklagten einen Großteil ihrer Strafe bereits
abgeleistet haben, bedeutet dass Ilhan Demirtas und Hasan Subasi am Tag
der Urteilsverkündung freigelassen werden und dass Mustafa Atalay im
November aus der Haft entlassen wird und die Reststrafe zur Bewährung
ausgesetzt wird.

Zu diesen Absprachen kam es durch die seit Dezember 2008 stattfindenden
Gespräche zwischen Bundesanwaltschaft, Senat und Verteidigung, in denen
eine Abkürzung des Verfahrens erwirkt werden sollte.
Juristisch bedeutet das, dass mit einer Abtrennung der Verfahren, die
eine Beschleunigung des gesamten Verfahrens darstellen, ein wichtiger
Schritt in Richtung der Etablierung des §129b getan ist. Falls das
Urteil dann auch in der Revision bestätigt werden würde, wäre der
Paragraph durch.

Wir bringen an dieser Stelle erneut unseren Protest gegen die deutschen
Anti-Terror-Gesetze §§129, 129a und 129b zum Ausdruck. Politisches
Engagement in Form des Kampfes für soziale Gerechtigkeit und des
Widerstandes gegen imperialistische Kriege, Ausbeuitung und
Unterdrückung sind kein Verbrechen, sondern legitim und notwendig.

Weg mit den §§129!
Freiheit für alle politischen Gefangenen!

Komitee gegen §§129
www.no129.info
23.07.2009

Prozessbericht vom Montag, den 20. Juli 2009

Prozessbericht vom Montag, den 20. Juli 2009 – Getrennte Verfahren
Um 11.40 Uhr begann der Prozess. Doch statt der üblicherweise fünf saßen
nur drei Angeklagte auf der Anklagebank – Mustafa Atalay, Ilhan Demirtas
und Hasan Subasi.

Hintergrund dessen ist die forcierte Abtrennung der Verfahren, um das
Verfahren abzukürzen: Seit Dezember fanden mehr oder weniger regelmäßig
Gespräche zwischen Bundesanwaltschaft, Senat und Verteidigung statt, um
sich in irgendeiner Hinsicht zu einigen. Letztlich ließen sich die drei
Angeklagten darauf ein ausgehandelte Einlassungen abzugeben, in denen
sie sich weder distanzieren noch jemand anderen denunzieren. Da sich die
anderen zwei gegen ein solches Abkommen stellten wurde die Abtrennung
der Verfahren beantragt.

Am Dienstag, den 07. Juli (der Tag der Prozessdelegation) sollte die
Entscheidung des Senats hinsichtlich der Abtrennung bekannt gegeben
werden. Jedoch wurde von der Verteidigung von Ahmet D. Yüksel und von
Devrim Güler ein Befangenheitsantrag gestellt, der die Entscheidung
vertagte. Begründet wurde der Befangenheitsantrag damit, dass nicht alle
Anwälte von der Aushandlung der Einlassungen in Kenntnis gesetzt wurden
und nur mit der jeweilig betroffenen Verteidigung kommuniziert wurde. In
diesem Kontext wurde bekannt, dass der Senat bis auf das Komma
vorformulierte Einlassungen an die Verteidigung schickte und den
Angeklagten vorlegen ließ. Die Verteidigung formulierte mit den
Angeklagten Gegenvorschläge und es wurde sich dann nach kurzem Hin und
Her geeinigt.

Eigentlich hätte letzte Woche Dienstag bereits über den
Befangenheitsantrag entschieden werden sollen, jedoch beendete der
Vorsitzende den Prozesstag vor der Entscheidungsverkündung (siehe
Prozessbericht vom 14. Juli 2009). Doch auch am heutigen Montag sollte
nicht über den Befangenheitsantrag entschieden werden – zumindest nicht
öffentlich. Von Beginn an waren nur die drei Angeklagten anwesend und
damit die Abtrennung der Verfahren beschlossene Sachen.

Somit laufen nun zwei Verfahren nach dem §129b in Stuttgart Stammheim:
Der heute stattfindende Prozess gegen Mustafa Atalay, Ilhan Demirtas und
Hasan Subasi, der vermutlich bis August laufen wird, und der morgen
stattfindende Prozess gegen Devrim Güler und Ahmet Düzgün Yüksel, der
erstmal bis September angesetzt ist. Die weiteren Prozesstermine werden
bekannt gegeben.

Wann und ob über den Befangenheitsantrag entschieden wurde ist noch
unklar. Die Abtrennung der Verfahren ist jedoch beschlossene Sache.

Zum Inhalt des heutigen Prozesstages:
Es wurden seitens des Senats Dokumente des BKAs und des Niederländischen
Forensischen Institutes (NFI) verlesen. Die Dokumente des BKAs befassten
sich mit dem versuchten Anschlag auf den ehemaligen türkische
Justizminister (Samieh Türk) und dem Ergenekon Prozess in der Türkei und
dem darin fallenden Sabanci-Anschlag. Die Dokumente des NFI befassten
sich mit den in den Niederlanden gefundenen Dateien und über die Art der
Verschlüsselung, sowie deren Entschlüsselung seitens des NFI. Dem NFI
war es nur deswegen möglich die über 13000 Dateien (nur knapp 150
Dateien konnte das NFI nicht entschlüsseln), die mit Key-Safe
verschlüsselt waren, zu entschlüsseln, da das Passwort kurz (10 Zeichen)
und nur aus Buchstaben bestand. Zwar waren in den einzelnen
verschlüsselten Dateien weitere verschlüsselte Dateien, die aber alle
mit demselben Passwort gesichert waren…

Wir wollen diese Gelegenheit nutzen, um auf sichere
Verschlüsselungsarten aufmerksam zu machen und verweisen auf die
Anleitungen der Rosa Antifa Wien (http://raw.at/compsec/index.htm) und
der Bunten Hilfe Stuttgart (http://bunte-hilfe.fasthoster.de/pc/pc_1.html)

Nach der Mittagspause ging es weiter mit der Analyse der Übersetzung
einiger Telefongespräche und Mitteilungen. Der sachverständige
Übersetzer glich die deutschen Übersetzungen mit den türkischen
Gesprächen/Mitteilungen ab und gab dazu seine Analyse ab.

Der nächste Prozesstag, dieses Prozesses findet am Donnerstag, den 30
Juli statt.

Prozess gegen Devrim Güler und Ahmet Düzgün Yüksel:
Dienstag, 28.07.2009 || 8.30 Uhr
Dienstag, 04.08.2009 || 8.30 Uhr
Freitag, 07.08.2009 || 9.30 Uhr
Montag, 17.08.2009 || 9.30 Uhr
Sommerpause
Montag, 14.09.2009 || 9.30 Uhr
Dienstag, 15.09.2009 || 8.30 Uhr

Gericht verweigert Freilassung von Meyer-Falk

Nach meiner Festnahme 1996 wurde ich 1997 vom Landgericht Heilbronn wegen eines versuchten Banküberfalls zu 11 1/2 Jahren und Sicherheitsverwahrung verurteilt. In weiteren Verfahren kamen summa summarum 5 Jahre und 3 Monate Haft hinzu, da sich einige RichterInnen und PolitikerInnen von mir beleidigt, bzw. bedroht fühlten.
Nachdem 2007 von den Strafen zwei Drittel verbüßt waren, beantragte ich meine Freilassung auf Bewährung. Dies lehnte das Landgericht Karlsruhe (Vorsitzender Richter Kleinheinz, Richterinnen am Landgericht Görlitz und Herlitze) mit Beschluss vom 04. Mai 2009 ab.
Die Kammer ist der Ansicht, ich bedürfe einer langjährigen Sozialtherapie (in einer entsprechenden Abteilung einer JVA) um dort die „bestehende Persönlichkeitsproblematik“ aufzuarbeiten, insbesondere aber einen „sozialkompetenten Umgang mit Konfliktsituationen“ zu erlernen. Es bestehe eine „ausgeprägte narzisstische Persönlichkeitsstörung“, von deren „Hintergrund die Straftaten gesehen werden“ müssen.

Besonders nachteilig wirke, so das Gericht, daß ich nicht regelmäßig an gemeinschaftlichen Veranstaltungen innerhalb der JVA teilnehmen würde; dies lasse nur den Rückschluss zu, daß ich „nach wie vor nicht konfliktfähig im Sinne einer sozialkompetenten Auseinandersetzung mit anderen“ sei.

Eine gegen den Beschluss eingelegte Beschwerde wurde durch das Oberlandesgericht (1. Strafsenat) Karlsruhe verworfen, so daß die Entscheidung nun rechtskräftig ist. Bis 2013 kann (und werde ich wohl auch) alle 6 Monate meine Freilassung beantragen und nach Beginn der Sicherungsverwahrung kann dann alle zwei Jahre ein solches Gesuch gestellt werden.

Was heißt nun „sozialkompetenter Umgang mit Konfliktsituationen“? Habe ich jemals z.B. einen Wärter der mich provozierte physisch angegriffen? Nein. Oder einen Mitgefangenen? Ebenfalls nein. Ich nehme mir jedoch die Freiheit über Missstände im Strafvollzug zu berichten, sie öffentlich zu machen, anstatt sie „sozialadäquat“ unter den Teppich zu kehren.

Über die Sinnhaftigkeit und Wirksamkeit von Sozialtherapien kann gestritten werden (erst kürzlich wurde ein wegen Sexualverbrechen vorbestrafter ehem. Sicherungsverwahrter, den die sozialtherapeutische Abteilung in Asperg/bei Stuttgart „behandelt“ hatte und den ein Gericht 2007 dann frei ließ, erneut in Bruchsal eingeliefert, nachdem er nämlich 2008 prompt wieder eine Frau vergewaltigte). Ich für mich lehne sie ab; denn eine solche Zwangstherapie die darauf setzt, daß der Proband am Ende in die Schablonen der TherapeutInnen, GutachterInnen und RichterInnen passt ist mit meinen Menschenbild nicht zu vereinbaren.

Diese Haltung brachte mir schon den von mir als zynisch erlebten Vorwurf ein: „Du willst doch garnicht mehr raus“. Es geht mit Sicherheit darum wieder frei zu kommen, aber nicht um den Preis sich jahrelang (denn es geht um eine Jahre dauernde Therapie) zu verbiegen, von staatlichen Psychologinnen und Psychologen im Hirn herumdoktern zu lassen, bis man -wie ein pawlow´scher Hund- zu sabbern beginnt, wenn die TherapeutInnen mit dem Glöckchen klingeln. Das mag eine sehr subjektive Sicht der Dinge sein, jedoch bekam ich von therapeutisch tätigen Personen in meinem Umfeld durchaus zu hören, daß unter qualitativen Gesichtspunkten bspw. die Sozialtherapie auf dem Asperg ziemlich sinnlos sei.

Aber auch eine qualitativ hochwertige Therapie kann nicht dem Betroffenen aufgezwungen werden; es mutet zudem perfide an den politischen Aspekt der Handlungen die mit Knast und SV geahndet wurden vollkommen zu negieren und alles einer „narzisstischen Persönlichkeitsstörung“ zuzuschreiben. Es ist eine banale Erkenntnis, daß die menschliche Psyche es ist die uns motiviert dieses oder jehnes zu tun oder zu lassen.
Die hier beobachtbare Pathologisierung menschlichen Tuns entspricht zweifelsohne dem Menschenbild des Gutachters und der RichterInnen, aber sie ist kein Grund auf ihre Forderungen einzugehen und sich damit ihrem Diktat zu unterwerfen.

Und so werde ich vorerst weiter aus dem Knast berichten, anstatt mich in Freiheit an der Auseinandersetzung beteiligen zu können.

Thomas Meyer-Falk, c/o JVA-Z 3113, Schönbornstr. 32, D-76646 Bruchsal

http://www.freedom-for-thomas.de
http://www.freedomforthomas.wordpress.com