Presserat rügt Knast-Artikel

Die „Badische Neueste Nachrichten“ (http://www.bnn.de) berichtete am 24. Dezember 2011 in einem großen Artikel über die Situation hinter den Bruchsaler Gefängnismauern. Unter der etwas pointierten Überschrift „Weihnachten kocht auch die härtesten Jungs weich“ wurde über Weihnachten im Knast berichtet.

Hierbei kam es zu unzutreffenden Darstellungen, die mich zu einer Beschwerde beim Deutschen Presserat (http://www.presserat.de) veranlassten, dem Selbstkontrollorgan der deutschen Presse. 

Die Beschwerde 

Nicht jede Ungenauigkeit ist einer Beschwerde wert; hier hatte jedoch die Journalistin in ihrem Rührstück davon geschrieben, der Herr Anstaltsleiter, Thomas Müller, habe ein kleines Geschenk für seine Insassen. Namentlich seien bis Dreikönig die Werkstätten geschlossen und an Weihnachten gebe es statt eines Spazierganges im Hof derer zwei, zudem dürfe man sich mit Mitgefangenen treffen, um z. B. Karten zu spielen.

Ich hatte die BNN gebeten, diese falschen Informationen richtig zu stellen. Nach dem keine Antwort erfolgte, beschwerte ich mich beim Presserat. 

Die Entscheidung 

Mit Beschluss vom 15. März 2012 missbilligte der Presserat die Berichterstattung, da journalistische Sorgfaltspflichten verletzt worden seien (Beschwerde-Nr. 0039/12/2-BA).

Die oben wiedergegebenen Auszüge aus dem Artikel, über angeblich kleine Geschenke des Anstaltsleiters erwiesen sich nämlich als falsch. Hinzu kam noch, dass der Artikel mit einem Foto bebildert war, das bei der Leserschaft den Eindruck erweckte, es zeigte die Räumlichkeiten der JVA Bruchsal, was jedoch nicht der Fall war. 

Reaktion der BNN 

Nach Einreichung der Beschwerde beim Presserat hatte sich am 17.2.2012 die Journalistin, Sibylle Kranich, welche den Artikel geschrieben hatte, bei mir gemeldet. Sie teilte mit, dass sie mein in der Beschwerde erhobener Vorwurf der mangelhaften Recherche getroffen habe, denn sie sei seit fast 20 Jahren Journalistin und wichtig sei ihr immer, akkurat zu informieren. Sie habe jedoch keinen Grund gehabt, den Aussagen des Anstaltsleiters, Thomas Müller, zu misstrauen. 

Was sollte die Beschwerde 

Auch wenn die Beschwerde nichts ändern wird, und sie zudem für die nicht im Knast befindliche LeserInnenschaft kaum von Interesse sein dürfte, sollte doch nicht auf dieses Instrument, sich gegen Falschberichterstattung zu wehren, verzichtet werden.

Zumal der Presserat ausdrücklich im Sinne „fairer Berichterstattung empfiehlt“, dass die BNN die Missbilligung veröffentlichen sollte. 

Gerade marginalisierten Gruppen, wie Gefangenen, bietet sich hier die kostenfreie Möglichkeit, gegen unzutreffende Berichterstattung vorzugehen. 

Es steht hier also nicht das in dem Artikel transportierte konservative Gedankengut, wonach ein Anstaltsleiter, ähnlich einem kleinen Sonnenkönig, nach Gusto „kleine Geschenke“ verteilen könne, im Mittelpunkt, sondern harte Fakten.

Fakten, die in der in dem Artikel präsentierten Form schlicht unzutreffend waren.

 

Thomas Meyer-Falk, c/o JVA Z. 3113, Schönbornstr. 32, D-76646 Bruchsal

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HIV-Gefangener ringt mit Tod

Schon mehrmals berichtete ich über „Willi aus Bruchsal“, den 45-jährigen, HIV-positiven Gefangenen in der JVA Bruchsal (zuletzt in der Sonderausgabe der Roten Hilfe zum 18.3.2012, vgl. http://www.18maerz.de).

 

Willi hatte sich 1996 beim Drogenkonsum im Gefängnis mit HIV infiziert, da die benutzte Nadel nicht ausreichend desinfiziert worden war. Da sich sein Gesundheitszustand zunehmend verschlechterte, kämpfte er seit Anfang 2011 um seine Freilassung, um ein menschenwürdiges Sterben in Freiheit.


Verzögerungstaktik durch Landgericht Karlsruhe

 

Seit Sommer 2011 lag dem Landgericht ein Antrag auf Freilassung wegen Vollzugsuntauglichkeit vor; die zuständige Richterin meldete sich monatelang gar nicht, als dann ein Anwalt eingeschaltet wurde, weigerte sie sich strikt, diesen (auf Staatskosten) zum Pflichtverteidiger zu bestellen, da die Sach- und Rechtslage einfach sei. Als der Anwalt sie erstmals telefonisch erreichen konnte, bestand ihre erste Reaktion darin, sich bei dem Anwalt über ihre überbordende Arbeitslast bei Gericht zu beklagen, als Begründung für das Ausbleiben einer Entscheidung über Willis Gesuch.

 

Der Tod erledigt sein Geschäft

 

Nach dem Willi zwischenzeitlich auch von einem Psychiater begutachtet worden war, denn das Gericht wähnte in Willi eine mögliche Gefahr für die Allgemeinheit, und dieser zu dem Schluss kam, eine Entlassung in eine betreute Einrichtung sei vertretbar, schöpfte Willi Hoffnung. Diese verflog allerdings ebenso rasch mit jeder neu eintreffenden Absage von angeschriebenen Einrichtungen.

 

Seit knapp zwei Wochen ging es ihm zunehmend schlechter, so dass der Arzt der JVA Willis Wunsch unterstützte, des Nachts mit einem Mitgefangenen zusammen geschlossen zu werden. So verbrachte A. nun jede Nacht auf einer Matratze, die auf dem Boden lag, in Willis Zelle.

 

Ostermontag jedoch war Willis Zustand derart schlecht, er war zeitlich und örtlich desorientiert, hatte Halluzinationen, phasenweise reagierte er gar nicht, Wasser in Lunge und Bauch erschwerten die Atmung, dass „Alarm“ ausgelöst wurde, als er bei der Mittagessensausgabe leblos im Bett gefunden wurde. Noch Minuten zuvor hatte ich selbst mit ihm gesprochen, soweit man seine leisen, kaum verständlichen Worte als Gespräch bezeichnen möchte.

 

Und so wurde Willi ins städtische Krankenhaus notverlegt, dort wurde eine akute Lungenentzündung festgestellt. Vorsorglich wurde seine nächste Angehörige (die Mutter) telefonisch informiert; eine Rückkehr in die Anstalt ist wenig wahrscheinlich, da er mutmaßlich diesen letzten Kampf nicht gewinnen wird.

 

Jeder verweigerte Willi ein Sterben in Freiheit

 

Willi hatte den GRÜNEN Ministerpräsidenten Kretschmann um einen Gnadenakt gebeten. Willi hatte die Staatsanwaltschaft Freiburg um Haftentlassung wegen Vollzugsuntauglichkeit gebeten. Willi hatte das Landgericht Karlsruhe um Haftentlassung ersucht. Alles auch unterstützt vom Gefängnisarzt, der die Prognose als „infaust“ bezeichnete, der attestierte, mit einer lebensbedrohlichen Krisis sei jederzeit zu rechnen, die angesichts des desolaten Gesamtzustandes zum Tode führen könne.

Niemand hat ihn erhört.

In den Morgenstunden des 10. April 2012 hat Willis Herz aufgehört zu schlagen. Er ist gestorben!

Trauriger Einzelfall?

 

Nein, es ist kein Einzelfall, von dem hier berichtet wird, sondern es ist der symptomatische Umgang von Staat und Justiz mit einem Marginalisierten. So wie ihm ergeht es unzähligen anderen Menschen – und erst wenn die Marginalisierten, die rechnerisch in der absoluten Mehrheit sind, sich zusammen schließen und bereit sind sich zu wehren, zur Tat zu schreiten, ihre Würde und ihr Mensch-Sein zu verteidigen gegenüber jenen, die ihnen das Mensch-Sein verweigern, auf die Straßen gehen, wie am 31. März weltweit, wird sich etwas ändern.

 

 

Thomas Meyer-Falk, z. Zt. JVA, Schönbornstr. 32, D-76646 Bruchsal

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Etappensieg für Wiesenhof!

An anderer Stelle (http://de.indymedia.org/2012/03/326053.shtml) berichtete ich vor kurzem über Unterlagen, betreffend die Firma Wiesenhof: bekannt durch Funk und Fernsehen, sowie Printmedien imZusammenhang mit Fragen, wie ernst es der Geflügelprodukte-Spezialistmit lebensmittelrechtlichen Bestimmungen nimmt. Zuletzt hatte McDonalds
einen, nach Unternehmensangaben nur vorübergehenden, Lieferstopp für Fleisch der Unternehmensgruppe bekannt gemacht
(http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/reaktion-auf-hygienemaengel-mcdonalds-kauft-keine-huehner-mehr-von-wiesenhof-1.1305366).

Landkreis Straubing

Nicht nur im sachsen-anhaltinischen Möckern hat Wiesenhof einen Betrieb, sondern auch im schönen Süden, in Bayern, genauer gesagt in Bogen. Dort hat eine Zweigniederlassung der Lohmann & Co. AG, zu der Wiesenhof gehört, ihren Sitz.
Allerdings lehnt es das Landratsamt Straubing-Bogen, Referat „Öffentliche Sicherheit und Ordnung, Verbraucherschutz“, in Gestalt von Frau Regierungsrätin Fuchs, ab, Informationen über lebensmittelrechtliche Verstöße mitzuteilen.

Die Entscheidung vom 22.03.2012

Auf immerhin sieben Seiten führt Frau Fuchs aus Straubing in Ihrem Bescheid aus, weshalb mir keine Auskünfte über die dort vorhandenen Informationen zu lebensmittelrechtlichen Verstößen im Betrieb in Bogen erteilt werden würden.
Zugute zu halten ist Frau Fuchs, dass sie sich in immerhin drei Punkten ihrer Entscheidung nicht auf die Seite von Wiesenhof und ihren Anwälten stellt. Alleine der Umstand, dass ich in Haft sitze, mache meinen Antrag nach dem Verbraucherinformationsgesetz noch nicht rechtsmissbräuchlich.
Unzutreffend sei auch der Vortrag der Firma Wiesenhof, bzw. deren Vertreter, dass das Landratsamt Straubing-Bogen über keine Informationen verfüge. Das Gegenteil sei der Fall.
Allerdings seien meine Motive „sachfremd“ und mithin „rechtsmissbräuchlich“.

Was heißt hier „rechtsmissbräuchlich“?

Nach Ansicht von Frau Regierungsrätin Fuchs sei mein Motiv für die Antragstellung auf Zugang zu den entsprechenden Informationen nicht (mehr) von Sinn und Zweck des Gesetzes gedeckt. Zu diesem Schluss kam die Beamtin, nachdem sie meine Berichte über Wiesenhof im Internet gelesen hatte.

In ihrem Bescheid zitiert sie auf über einer Seite aus meinen Beiträgen und verweist auf meine Webseite sowie die Tatsache, dass meine Beiträge auch teilweise (u.a. auf http://www.abc-berlin.net) auf „Internet-Plattformen hinterlegt“ seien. Daraus werde ersichtlich, wie ich zu Wiesenhof stünde. Meine Berichterstattung sei „derart kritisch,
(und) teilweise eindeutig negativ“, dass nach „allgemeiner Lebenserfahrung Produkte dieser Firma“ für mich nicht mehr in Frage kämen, mithin könne es mir nur darum gehen, „weiteres Material gegen die Firma zu sammeln und zu veröffentlichen.“ Hierfür sei jedoch das Verbraucherinformationsgesetz nicht geschaffen.

Bewertung

Hier hat Wiesenhof einen Punktsieg errungen; und die – bundesweit bekannte – bayerische Verwaltung hat in kreativer Anwendung, bzw. Interpretation des Verbraucherinformationsgesetzes für alle Antragsteller das Gesetz ausgehebelt, die es wagen, kritisch über den Milliardenkonzern zu berichten. Offenbar haben nur VerbraucherInnen Anspruch auf Zugang zu Informationen, die widerspruchslos die Produkte verspeisen, möglichst den Hersteller lobpreisen, ihn aber bitte nicht
kritisieren. Wobei, dies sei noch angemerkt, meine Berichte lediglich in der Wiedergabe amtlicher Unterlagen bestanden.

Wohl bekomm’s!

Thomas Meyer-Falk, z.Zt. JVA-Z. 3113, Schönbornstr. 32, D-76646 Bruchsal
http://www.freedom-for-thomas.de
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