Amtsgericht Freiburg verhängt über 5 Jahre Haft wegen Betrugs

Es ist recht ungewöhnlich, dass in einem amtsgerichtlichen Verfahren, zumal noch vor einem Einzelrichter, ein Urteil mit fünf Jahren und vier Monaten Gefängnisstrafe gegen einen Vater von fünf Kindern, endet. Doch Richter Klein vom Freiburger Amtsgericht brachte dieses juristische Kunststück kurz nach Weihnachten fertig.

Die Vorgeschichte

Es waren mehrere Prozesstage gegen den Untersuchungshaft sitzenden Peter Müller (Name geändert) ins Land gegangen, als am 27.12.2023 der letzte Prozesstag folgen sollte. Im Rahmen der Beweisaufnahme kamen frühere Strafurteile zur Verlesung. Danach habe Herr Müller in seinem 48-jährigen Leben mittlerweile um die sieben Jahre in Gefängnissen zugebracht, in der Regel wegen Betrugs oder ähnlicher Delikte. Der letzte Prozesstermin war unterbrochen worden auch um Verständigungsverhandlungen über ein mögliches Strafmaß im Falle eines Geständnisse zu führen. Denn aktuell wurden ihm diverse neue Betrugstaten zur Last gelegt. Er habe sich mehrfach in Hotels eingemietet, einmal wurde es auch eine Doppelhaushälfte- ohne jeweils zu bezahlen, oder wenn, dann nur teilweise.

Einem seiner Betrugsopfer, Herr G., habe er einen Barkredit von über 30.000 € abgeschwatzt und geraten, dieser solle davon nichts seiner, Herrn G.s, Partnerin erzählen. Die Beziehung von G. und dessen Frau sei, als dann doch alles herauskam, darüber zerbrochen. Ein anderes Mal habe Herr Müller Waren über e-bay verkauft ohne zu liefern, und in einem anderen Fall: bestellt ohne zu bezahlen. Einer Firma die Trauringe verkaufe, habe er um zwei Ringe im Wert von fast 5.000 € betrogen. Der Gesamtschaden belief sich am Ende auf rund 70.000 €.

Die Zäsurwirkung eines Urteils

Vom Landgericht Freiburg war Herr Müller im Mai 2022 zu einem Jahr und sieben Monaten Freiheitsstrafe verurteilt wurden. Allerdings hatte er danach weitere Betrugsdelikte begangen, so dass das Urteil von Mai 2022 eine „Zäsur“ darstellt. Für die Taten die er danach begangen hatte muss eine eigene Gesamtstrafe gebildet werden. Und für Taten vor dem landgerichtlichen Urteil, die erst jetzt zur Verhandlung kamen, musste auch eine eigene Gesamtstrafe gefunden werden. Das Gericht konnte aus rechtlichen Gründen nicht alle Taten, die der Angeklagte im Rahmen einer Verständigung zwischen Staatsanwaltschaft, Gericht und Verteidigung einräumte, zusammenfassen und eine einzige Gesamtfreiheitsstrafe verhängen.

Die Gutachterin

Mit der Begutachtung von Herrn Müller war die im Zentrum für Psychiatrie tätige Diplompsychologin M. beauftragt. Vier mal habe sie ihn in der JVA Freiburg besucht um mit ihm zu sprechen. Die sehr erfahrene Gutachterin, sie ist schon 71 Jahre alt, konnte keine Persönlichkeitsstörung feststellen, allerdings sprach sie von dissozialen, narzisstischen und histrionischen Akzentuierungen. Der Angeklagte benötige eine langjährige Therapie, am besten zwei einzeltherapeutische Sitzungen pro Woche und noch ergänzend eine Gruppentherapie.

Die Plädoyers

Da es eine Absprache zwischen den Verfahrensbeteiligten gab, es wurden zwei getrennte Gesamtstrafen vereinbart von in der Summe von mindestens 5 Jahren vier Monate und maximal 6 Jahren zehn Monate für den Fall eines Geständnisses, hielten sich die Plädoyers von Erstem Staatsanwalt Schmid und Verteidiger Rechtsanwalt Wagner zeitlich in Grenzen. Der Staatsanwalt stellte die zahlreichen Vorstrafen heraus, betonte jedoch zugleich, dass die Taten auch schon länger zurückliegen würden, die nun zu erwartende Strafe angesichts des eher überschaubaren finanziellen Schadens, schon sehr hoch und belastend ausfallen würde.

Rechtsanwalt Matthias Wagner (Freiburg) stellte, wenig überraschend, die besonderen Härten für seinen Mandanten heraus, dankte jedoch zuerst dem Staatsanwalt für dessen sachlichen Vortrag, der ohne jeden Verfolgungseifer ausgekommen sei. Die beiden kennen sich schon seit Jahrzehnten, wie der Rechtsanwalt in einer Prozesspause berichtete, und begegnten sich immer wieder im Rahmen von Prozessen. Wenn ein Gericht Ulli Hoeneß, so der Verteidiger in seinem Schlusswort, für einen Steuerschaden von 6 Millionen Euro mit 3 Jahren und sechs Monaten Haft bestraft , werde besonders deutlich wie wichtig der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sei, denn vorliegend sei lediglich ein Schaden von um die 70.000 € zu beklagen .

Das Urteil

Der Vorsitzende Richter Klein orientierte sich bei seinem Urteil an dem vereinbarten Minimum der Verfahrensabsprache und verhängte zwei Gesamtfreiheitsstrafen die in Summe dazu führen, dass Herr Müller für 5 Jahre und vier Monate in Haft wird bleiben müssen. Für seinen knapp 2-jährigen Sohn, seine Freundin und ihn selbst eine große Belastung, eine lange Zeit! Etwas ungewöhnlich war, dass im Anschluss an die Urteilsbegründung sich noch ein Dialog zwischen dem Vorsitzenden Richter und Herrn Müller entspann. Richter Klein redete dem nunmehr Verurteilten nachdrücklich ins Gewissen und verwies darauf, dass es „auch wegen Betrugs die Sicherungsverwahrung“ geben könne. Wenn Müller also weiterhin Betrugstaten begehe, werde er irgendwann in der Sicherungsverwahrung enden. Rechtlich ist das falsch. Für Betrug kann schon seit einer Gesetzesreform von 2010 keine Sicherungsverwahrung verhängt werden und so rätselte der einzige Zuschauer im Saal, der war, wie so oft, ich selbst, was der Richter damit beabsichtigte.

Als die Sitzung geschlossen wurde, standen die beiden Gerichtswachtmeister auf, legten Herrn Müller Handschellen an und führten ihn aus dem Saal- zurück auf den Weg ins Freiburger Gefängnis.


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