Prozessbesuch im Rahmen der A-Tage in Freiburg

Die Woche ging schon ihrem Ende zu, da fanden sich rund 15 Menschen im Rahmen der Anarchistischen Tage vor dem Freiburger Amtsgericht ein, um einen Prozess zu besuchen. Welcher Prozess besucht wurde, wie Besucher:innen das Geschehen erlebten, was der Richter für ein Urteil sprach, darum soll es im Folgenden gehen.

„CourtWatch“ – Die Vorgeschichte des Prozessbesuchs

Seit einigen Monaten gibt es in Freiburg die Gruppe „CourtWatch“. Ein loser Zusammenhang von Menschen, die sich verabreden um gemeinsam, oder auch alleine Gerichtsprozesse zu besuchen. Meist solche die nicht im Licht der Öffentlichkeit stehen. Dort wo die Klassenjustiz ihr Tagwerk verrichtet: ob am Verwaltungsgericht. Dort kämpfen zum Beispiel fünf Tage die Woche, das ganze Jahr über, Betroffene um ihren aufenthaltsrechtlichen Status, ihre asylrechtliche Anerkennung oder gegen ihre Abschiebung. Das Amtsgericht verhandelt tagtäglich in Straf- und Zivilsachen. Nicht zu vergessen das Sozialgericht: dort geht es unter anderem um Klagen gegen das Jobcenter. Dann gibt es noch das Landgericht, sowie das Landesarbeitsgericht.

CourtWatch möchte eine justizkritische, betroffenenparteiische Beobachtung etablieren, denn in der Regel sitzen in den öffentlichen Verhandlungen fast nie Zuschauer:innen. Alleine, verloren, vergessen sitzen die Menschen vor Gericht, ohne ein freundliches Gesicht im Publikum.

Je nach Kapazität berichtet CourtWatch im Anschluss nach Prozessbesuchen über die jeweiligen Verfahren, wobei die Namen zum Beispiel der Angeklagten anonymisiert werden.

Zugangskontrolle an der Gerichtspforte

Im Rahmen des Programms der Anarchistischen Tage in Freiburg war der Prozessbesuch beworben worden- rein „zufällig“ wurde an diesem Morgen der Zugang zu dem Gebäude streng ab 08.30 Uhr kontrolliert. In Freiburg ist dies beim Amtsgericht sonst nicht üblich. Zahlreiche uniformierte Justizmitarbeitende durchsuchten die Zuschauer:innen, tasteten sie ab. Das alles ging so gründlich von statten, das sich vor dem Eingang eine lange Schlange von Wartenden bildete.

Die Auswahl des Prozesses

Die Beobachtungsgruppe ging die einzelnen Gerichtssäle ab und schaute, welche Termine an diesem Morgen stattfinden würden. Es wurde dann entschieden in einen Strafprozess zu gehen, der um 9:30 Uhr beginnen sollte. „Diebstahl u.a.“ war auf der Anzeigetafel zu lesen, dazu der Name des Angeklagten, der hier Joachim Schmitt heißen soll, seines Verteidigers Harald König, sowie der Name des Vorsitzenden Richters, Richter Am Amtsgericht Klein.

Im Gerichtssaal

In Saal 9 gibt es zwei Stuhlreihen für die Zuschauer:innen. Links sitzt die Staatsanwaltschaft, rechts die angeklagte Person mit Verteidigung. Wobei es tagtäglich Strafprozesse gibt, in denen Angeklagte auf sich alleine gestellt sind! Das war hier anders, denn kaum haben wir Platz genommen, führen zwei uniformierte Justizwachtmeister:innen einen an Händen und Füßen gefesselten, hager wirkenden Mann in der typischen Gefängniskleidung in den Saal. Erst als der Richter den Saal betritt, werden Joachim Schmitt die Handschellen abgenommen, die Fußketten wird er den ganzen Tag über tragen.

Die Anklage

Staatsanwalt Feltes, der den Eindruck macht, noch etwas verschlafen zu sein, liest die Vorwürfe vor: Schmitt soll im März vergangenen Jahres im Augustiner, nachts aus dem nicht verschlossenen Lager Fleisch, Wurst und Fisch für rund 255 Euro sowie Alkoholika im Wert von 120 Euro, entwendet haben. Zudem habe er ein E-Bike das dort einer Bewohnerin im Haus gehörte, gestohlen. Dabei sei er von der Eigentümerin beobachtet und auch angesprochen worden. Das ganze spielte sich nachts gegen fünf Uhr ab.

Strafbar als gewerbsmäßiger Diebstahl, denn er habe sich durch die Diebstähle eine Einkommensquelle verschaffen wollen. Zudem soll Schmitt in der Nähe des Stühlinger Kirchplatzes einem anderen einen Kopfstoß versetzt haben, und im Februar dieses Jahres sei es vor der Notunterkunft OASE zu einem Fußtritt von Schmitt gekommen, in dessen Folge ein Mann eine Treppe hinabstürzte und sich nicht unerheblich verletzt habe. Zudem sei es am selben Tag zu Schlägen gegen den Kopf eines Mitbewohners gekommen.

Deshalb lautete die Anklage auch auf Körperverletzung.

Der Prozessverlauf

Dieser soll hier nicht en detail nachgezeichnet werden, sondern nur ein paar Schlaglichter. Joachim Schmitt, vor knapp einem Monat 53 Jahre alt geworden, äußerte sich weder zur Person nocht zu den Vorwürfen. Als dann Auszüge eines anderen Strafurteils vorgelesen wurden, kam die ganze traurige, prekäre Lebenslage des Angeklagten trotz der juristischen Vokabeln an die Zuschauer:innen heran. Armut, (sexualisierte) Gewalterfahrungen, Kinderheim, Obdachlosigkeit, und später im Prozessverlauf wurden 42 Vorstrafen aufgezählt, meist wegen Fahren ohne Fahrerlaubnis, Beleidigung, Diebstahl, Betrug, Fahren ohne gültiges Ticket. Immer wieder Drogentherapieversuche, denn Drogen nimmt er seit seinem frühen Jugendalter.

Als es dann um die Tatvorwürfe selbst geht, werden einige Polizist:innen vernommen, dann auch eine 26-jährige Augenzeugin, die bei der abendlichen Auseinandersetzung vor der OASE mit auf der Treppe saß. Zudem wurde die Eigentümerin des E-Bikes vernommen.

Sie hatte, folgte man einem Polizeizeugen, den Angeklagten im Rahmen einer Lichtbildvorlage nicht mit Gewissheit identifizieren können, am Ende seien drei Fotos übriggeblieben, auf einem war der Angeklagte zu sehen, wer von den dreien es aber gewesen sein soll, da war sie sich unsicher. Auch in der Verhandlung blieb es eher unscharf, ob sie Joachim Schmitt wirklich erkannte.

Als er das Rad gestohlen haben soll, rief die Zeugin die Polizei und kurze Zeit später wurde Schmitt auf dem E-Bike von der Polizei angetroffen und festgenommen. Dieser enge zeitliche Zusammenhang, und auch der Fund der Taschen mit dem Alkohol und Fleisch in räumlicher Nähe, sprächen für seine Täterschaft, da war sich Polizeihauptkommissar Jürgen Schlegel, vom Polizeirevier Süd, ganz sicher. Er habe selbst auf google-maps nachgeschaut. Zwischen „Tatort“ und „Aufgriffsort“ sei es nicht wirklich möglich gewesen, dass irgendein Dritter dem Angeklagten das Rad und die Taschen übergeben hätten.

Im Rahmen der immer wieder von Pausen unterbrochenen Verhandlung wurden auch Lichtbilder angeschaut. Zum Beispiel vom Augustiner, dem Fleisch, dem Fisch.

Dabei nahm der Vorsitzende Richter Klein den Grundsatz der Öffentlichkeit sehr ernst. Das haben jene die schon einige Prozesse besucht haben, so noch nie erlebt: er bat alle Zuschauer:innen die die Bilder sehen wollten, zum Zeug:innen-Tisch und blätterte die einzelnen Fotos durch und erläuterte, was dort zu sehen war.

Auch die Bilder des von Treppensturz Verletzten wurden gezeigt. Dieser war im Gesichtsbereich erheblich verletzt, wobei es unklar war, ob dafür der Sturz oder nachfolgende Schläge durch einen anderen ursächlich waren.

Auch zwei Videos wurden angeschaut, allerdings waren zu Anfang weder Richter, noch der Staatsanwalt, oder die Gerichtsschreiberin und auch nicht die Justizwachtmeister:innen in der Lage den Fernseher, der an einer Seite des Saals an der Wand hing, in Betrieb zu setzen. Nach einigen Minuten kam technische Hilfe- und man sah die unscharfen Aufnahmen von dem Vorgang vor der OASE. Auf dieser war der Angeklagte nicht zu identifizieren, diesen Job erledigte ein Polizist: er sei kurz nach dem Vorfall eingetroffen und habe schon vor Ort die Videos gesichtet und anhand der Kleidung den Angeklagten als jenen Mann identifiziert, der den Tritt ausgeführt habe. Das Opfer des Tritts war auch als Zeuge geladen, konnte sich aber an den Abend nicht mehr erinnern, auch nicht daran, wer ihn getreten hatte.

Die Plädoyers

Der Staatsanwalt forderte, mittlerweile war es 13:30 Uhr, eine Haftstrafe von einem Jahr und 10 Monaten, es gebe keinerlei positive Prognose für Herrn Schmitt. Ja, er habe ein schweres Leben gehabt und immer noch, das spreche ebenso für ihn, wie der Umstand, dass das „Diebesgut“ längst wieder im Besitz der Eigentümer:innen sei, d.h. es gebe, bis auf ein geknacktes Fahrradschloss, keinen Schaden aus den Diebstählen. Aber strafschärfend sei die Hafterfahrung zu werten, ebenso die zahlreichen Vorstrafen.

Rechtsanwalt König hielt sein Plädoyer kurz, um nicht zu sagen sehr kurz: keine ganzen zwei Minuten. Er schloss sich der Beweiswürdigung der Staatsanwaltschaft an, und bat um eine „milde Strafe“.

Joachim Schmitt lehnte in seinem letzten Wort den Staatsanwalt wegen Befangenheit ab, begründete dies aber nicht. Ein Antrag den der Richter nach kurzer Unterbrechung als unzulässig verwarf.

Das Urteil

In seinem Urteil  um 14:17 Uhr sprach der Richter Klein den Angeklagten schuldig; nur ein Punkt der Anklage, es ging um Schläge gegen den Kopf eines OASE-Bewohners, war noch während der Verhandlung eingestellt worden. Für ein Jahr und sechs Monate schickt Richter Klein den nun Verurteilten ins Gefängnis. In allen Anklagepunkten gehe er von einer verminderten Steuerungsfähigkeit aus, und ja, der Angeklagte bringe vieles in seiner Biografie mit, aber gerade der Tritt gegen den anderen Mann vor der OASE, der sei „saugefährlich“ gewesen, dabei kann jemand sterben.

Wie geht’s weiter und Rückblick

Joachim Schmitt kann binnen einer Berufung oder auch Revision einlegen. Manche der Zuschauer:innen waren wütend, andere bedrückt. Wütend über eine (Straf-)Justiz die hier gegen Menschen, welche in sehr prekären Lebensverhältnissen ihr Dasein fristen, mit viel Härte vorgeht. Klassistische Stereotype über den angeblich „verwahrlost“ wirkenden Angeklagten machten auch wütend.

Bedrückt über das spürbare traurige Leben des Menschen, der da in Gefängniskleidung auf der Anklagebank saß, der zwar bekundete hoffnungsvoll in die Zukunft zu schauen, den aber die Justizvollzugsanstalt dabei eher nicht wirkungsvoll unterstützen wird.

Was die Pflichtverteidigung angeht, war das Verfahren auch ein Beispiel für den Klassencharakter: für eine Haftsache vor dem Amtsgericht gibt’s nur wenige hundert Euro Gebühren aus der Staatskasse, das führt dazu, dass das Engagement oftmals eher übersichtlich bleibt. So auch hier: der Angeklagte äußerte sich nicht Vorwürfen, entsprechend kritisch hätte der Rechtsanwalt König die Zeug:innen befragen können. Gerade der Diebstahlsvorwurf war keineswegs so eindeutig zu belegen. Selbst bei dem Tritt vor der OASE, auf dem Video war der Angeklagte nicht zu identifizieren, hätte ein engagierter Verteidiger den Polizeizeugen entsprechend nachdrücklich befragen können.

Nichts davon geschah. Es gibt Wahlverteidiger die in Prozessen, in welchen es um „zu dichtes Auffahren auf der Autobahn“ geht, mehr Einsatz zeigen. Aber diese werden auch besser bezahlt als ein Pflichtverteidiger.

CourtWatch wird weiterhin Prozesse besuchen und vielleicht gründe sich auch in anderen Städten entsprechende Initiativen, zeigen (solidarische) Präsenz und machen den Gerichtsalltag auf diese Weise etwas transparenter.

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Strafjustiz in Freiburg -Gewalt zwischen Gefangenen vor Gericht

Nicht oft wird ein Blick hinter die hohen Mauern eines Gefängnisses ermöglicht. Manchmal wenn Vorfälle die hinter Gittern passsiert sein sollen, vor Gericht verhandelt werden, öffnet sich ein kleiner Spalt in der Mauer. Am 24. Juli verhandelte das Schöffengericht am Amtsgericht Freiburg bis in den Nachmittag hinein über den Fall einer geraubten Goldkette: einem Gefangenen soll von Mitinsassen dessen Kette mit Gewalt weggenommen worden sein.

Für Radio Dreyeckland war ich vor Ort, berichte über den Prozess und ordnet diesen ein.

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Anarchistische Tage in Freiburg! „Die A-Tage richten sich an alle Menschen“

Vom 24.07.2025 bis zum 28.07.2025 finden in Freiburg die Anarchistischen Tage statt. Es wird verschiedene Workshops geben. Darunter beispielsweise einen zur Sicherheitskultur in politischen Gruppen. Ebenso eine queer-anarchistische Analyse von Patriarchat und Staatsfeminismus. Ab er auch etwas darüber, wie Menschen in Gefängnissen Briefe geschrieben werden können, oder auch zur Abschaffung von Gefängnissen- und vieles mehr!

Für Radio Dreyeckland sprach ich im Vorfeld der A-Tage mit Cosmo aus der Orga-Crew.

Zu den einzelnen Veranstaltungen geht es hier.

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EDEKA-Händler kündigt erneut Angestelltem!

Vor über einem Jahr kündigte ein großer lokaler EDEKA-Händler seinem Arbeitnehmer Herrn S. fristlos und auch ordentlich. Der Mitarbeiter hatte eigentlich einen Betriebsrat gründen wollen. Nachdem das Arbeitsgericht Freiburg am 15. Mai die Kündigungen aufgehoben hatte, Radio Dreyeckland berichtete, bekam Herr S. noch am gleichen Tag erneut eine fristlose und hilfsweise eine ordentliche Kündigung. Nun warf man ihm vor, er habe im mündlichen Termin vor dem Arbeitsgericht vom selben Tag die Unwahrheit gesagt.

Knapp zwei Monate später, fand nun ein erster mündlicher Termin statt: eine Güteverhandlung. Der Vorsitzende Richter Mohn versuchte auszuloten, ob es eine gütliche Einigung geben könnte. Seitens des Klägers wurde dies abgelehnt.

Deshalb wurde für den 14. Oktober 2025 eine mündliche Hauptverhandlung angesetzt. Im Anschluss an den Gütetermin sprach ich für Radio Dreyeckland mit dem anwaltlichen Vertreter des klagenden Arbeitsnehmers. Rechtsanwalt Winfried Jörissen ist unter anderem Fachanwalt für Arbeitsrecht in Freiburg.

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Hat Polizist in Stuttgart Menschen durch Schuss in den Rücken umgebracht?

Wie am 01. Juli 2025 berichtet wurde, hat die Stuttgarter Polizei nachts eine Menschen umgebracht, in dem sie ihn erschossen hat. Nun stellt sich heraus, mutmaßlich wurde er durch einen Schuss in den Rücken getötet.

Was ist geschehen

Laut Pressemitteilung der Polizei soll sich folgendes zugetragen haben: „Gegen 2:00 Uhr waren Einsatzkräfte zu einer Auseinandersetzung zwischen zwei Männern in eine Gaststätte in der Ostendstraße gerufen worden. Dabei verletzte nach derzeitigem Stand der Ermittlungen ein 18-jähriger Algerier einen 29-jährigen ebenfalls algerischen Staatsangehörigen mit einem scharfen Gegenstand schwer am Hals und flüchtete zunächst. Hinzugerufene Polizei- und Rettungskräfte versorgten den Schwerverletzten, der zur weiteren Versorgung in ein Krankenhaus verbracht wurde.

Der 18-Jährige wurde kurz darauf im Rahmen der Fahndungsmaßnahmen in Tatortnähe in einem Hinterhof durch einen Polizeibeamten gestellt. Im weiteren Verlauf gab der Beamte einen Schuss ab, der den Mann im Oberkörperbereich traf. Trotz sofort eingeleiteter Reanimationsmaßnahmen verstarb der Mann noch vor Ort.“

Traf der Schuss das Opfer in den Rücken

Wie der Südwestrundfunk berichtet, liege ihm das Video vor, das eine Person von einem Balkon aus aufgenommen habe und das den Todesschuss zeige. Aus dem schriftliche Begleittext zu dem SWR-Beitrag geht das nicht hervor, erst wenn man sich den TV-Beitrag dazu ansieht wird deutlich: der von der Polizei erschossene Algerier hat sich von dem Polizisten weg bewegt. Das lässt nun die Frage aufkommen, ob es sich um ein weiteres Opfer handelt, das von der Polizei „in Notwehr“ durch einen Schuss in den Rücken umgebracht wurde. Schon am 02. Juli berichtete das Frauenkollektiv Stuttgart von einem Schuss in den Rücken!

Bewertung

Die mediale Berichterstattung wurde jedoch schnell dominiert von Aussagen des Innenministers Strobl, wonach wer Polizisten angreife, eben damit rechnen müsse, sein Leben zu riskieren. Und der Baden-württembergische Ministerpräsident Kretschmann sekundiert, dass die Pistolen bei der Polizei nicht locker säßen.

Die SWR-Berichterstattung ist auch grenzwertig devot, denn im schriftlichen Begleittext zu dem verlinkten Beitrag, fehlt eine entscheidende Aussage von Professoren Dr. Buchert, der an der Polizeihochschule lehrt, und dem das Video zur Auswertung vorlag. In dem Fernsehbericht, der in den schriftlichen Beitrag eingebettet ist, sagt Buchert (ab Minute 1:47), dass sich zum Zeitpunkt der Schussabgabe das Opfer von der Polizei „wegbewegt“ habe.

Immer wieder tötet die Polizei Menschen durch Schüsse in den Rücken, und noch fast immer finden sich dann Gutachter:innen die das als „Notwehr“ einstufen, entsprechende Ermittlungsverfahren verlaufen im Sande.

Es ist zu hoffen, dasss sich auch für den in Stuttgart von der Polizei getöteten Menschen solidarische Menschen finden und seinen Tod skandalisieren!

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Fonds sexueller Missbrauch bearbeitet keine Neuanträge mehr! „Wir sind schockiert und wütend!“- sagt Wildwasser e.V.

Seit 2013 gibt es den Fonds Sexueller Missbrauch. Dieser hat bislang auf sehr niederschwelliger Basis Menschen, die in Kindheit und Jugend sexualisierte Gewalt erlitten haben, in einer Höhe bis zu 10.000 € finanziell unterstützt. So wurden zum Beispiel notwendige Psychotherapien mitfinanziert. 

Allerdings stand der Fonds nie auf soliden finanziellen Füßen. Hieß es vor einigen Monaten noch, es könnten bis zum 31.08.2025 Anträge auf finanzielle Unterstützung gestellte werden, veröffentlichte vergangene Woche still und leise der Fonds auf einer Unterseite seines Internetauftritts den Hinweis, dass Neuanträge voraussichtlich garnicht mehr bewilligt werden könnten und nur für Anträge die bis 19. März 2025 dem Fonds vorlagen, überhaupt eine Chance bestünde, genehmigt zu werden.

Der aktuellste Jahresbericht für 2023 weist eine jährliche Unterstützung für Betroffene von 27,6 Millionen Euro aus. Bei steigender Tendenz. So hätte alleine 2023 die Zahl der antragstellenden Personen um 21% zugenommen. Um so fataler jetzt die Abwicklung.

Für Radio Dreyeckland sprach ich mit Diplom-Pädagogin Lisa Meßmer vom Verein Wildwasser e.V in Freiburg, was die Abwicklung für Betroffene bedeutet, aber auch was für ein gesamtgesellschaftliches Zeichen hier gesetzt wird.

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Anti-Nazi-Musikfestival in Jamel weiterhin vom Aus bedroht!

Seit 2007 findet in Jamel (MeckPom) ein Open-Air Festival gegen Rechtsextremismus statt. Nun versuchen Gemeinde und der Landkreis dem Festival ökonomisch und rechtlich den Stecker zu ziehen. Jamel ist ein Dorf in Mecklenburg mit weniger als 40 Bewohner:innen und gilt seit Anfang der 1990er-Jahre als Hochburg der rechtsextremen Szene.

Das Dorf Jamel 

Eine Nazihochburg. Im Jahr 1992 feierten 120 Neonazis Hitlers Geburtstag. Seit Jahren dominieren zu über 90 Prozent Neonazis das Dorf. Das Verwaltungsgericht Schwerin schrieb in einem Urteil vom 05.05.2022 von einer  „Dorfgemeinschaft Jamel“ (…), welche „eine national befreite Zone“ anstrebe. Im Folgejahr gab es u.a. in Jamel eine Razzia im Zusammenhang mit den neonazistischen Hammerskins. Im Jahr 2004 zog aus Hamburg das Ehepaar Lohmeyer nach Jamel und engagiert sich konsequent und trotz vieler Versuche sie zu vertreiben, gegen die neofaschistischen Umtriebe und Entwicklungen. Mal brannte ihre Scheune ab (dazu ein Video bei SPIEGEL TV), mal mussten sie sich diffamieren lassen, ein Verfahren führte ein Neonazi bis zum Bundesverfassungsgericht, wo er verlor. In der Silvesternacht 2024/25 drangen mutmaßliche Neonazis auf das Grundstück von Birgit und Horst Lohmeyer ein und bewarfen das Wohnhaus und in der Folge auch das Ehepaar selbst mit Feuerwerkskörpern und Raketen. Dazu wurden Nazi-Parolen gerufen. 

Schon 2013 titelte die britische Zeitung Daily Mail von Jamel als ‚Nazi Town‘, einem Dorf in welchem auf einem Findling zu lesen ist „Dorfgemeinschaft Jamel, frei – sozial – national“. 

Das Festival „Jamel rockt den Förster“ 

In diesem Umfeld organisiert seit 2007 das Ehepaar Lohmeyer das Festival „Jamel rockt den Förster“, als Zeichen gegen Rechtsextremismus und für Toleranz. Im vergangenen Jahr waren, wie der ndr berichtete, rund 3.500 Menschen angereist.

Das Festival steht 2025 auf wackligen Füßen 

Seit Monaten wird vor Gericht um eine Gebührenrechnung gerungen: die Veranstalter:innen sollen dieses Jahr nämlich knapp 8.000 € bezahlen. In einem ersten Eilverfahren verloren sie im Mai vor dem Verwaltungsgericht Schwerin, darüber berichtete unter anderem LTO. Dann folgte die Ankündigung des Landkreises vermutlich ein Alkoholverbot zu verfügen und auch zwei Parkplätze, die in den Jahren zuvor genutzt werden durften, nicht mehr bereit zu stellen. In diesem Verfahren verloren die Veranstalter:innen am 26.06.2025 ebenfalls in einem Eilverfahren, wie nun LTO berichtet. Unverdrossen werben die Veranstalter:innen für das Festival, aber aktuell ist offen, ob es so wie bisher wird stattfinden können. 

Bewertung und Ausblick 

„Grevesmühlen ist bunt“, so wirbt das Amt Grevesmühlen-Land, zu dessen Sprengel Jamel gehört, auf seiner Webseite. Es ist nur ein Detail: der Slogan wird als Verlinkung angezeigt, allerdings führt dieser ins Nichts. Dafür scheinen die Verwaltung der Gemeinde, die erstmals Gebühren erhebt, und der Landkreis Nordwestmecklenburg mit den angekündigte Auflagen ihre ganz eigene Agenda gegen das linke Forstrock-Festival zu verfolgen. CDU und AfD haben bei den Kommunalwahlen 2024 zusammen über 60% der Stimmen errungen. Mittels Verwaltungsentscheidungen, missliebigen linken Events und Strukturen die ökonomische und rechtliche Basis zu entziehen hat Tradition in Deutschland und wird in den kommenden Jahren eher noch weiter zunehmen. Um so wichtiger erscheint es, sich mit aller Kraft gegen solche Praktiken zu verteidigen!

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Angst vorm Fliegen? Open Airport in Freiburg- Flugplatz öffnet seine Hangars

Etwas sportlich werben die Veranstalter des „Open Airport Freiburg“ Wochenendes vom 28. und 29. Juni 2025, mit einer 118-jährigen Geschichte des Freiburger Flugplatzes, denn 1907 flog erstmals ein Ballon über den Platz der später der Flugplatz werden sollte. Seit Jahren findet im Sommer ein „Tag der offenen Hangartore“ statt, so auch in diesem Jahr. Für Radio Dreyeckland war ich am Samstag vor Ort, sprach mit Besucher:innen, Mitarbeitenden des THW, der Flugrettung, der Bergwacht, der Flughafenfeuerwehr sowie mit Dr. Christoph Maschowski, dem verantwortlichen Veranstalter.

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