Hat Polizist in Stuttgart Menschen durch Schuss in den Rücken umgebracht?

Wie am 01. Juli 2025 berichtet wurde, hat die Stuttgarter Polizei nachts eine Menschen umgebracht, in dem sie ihn erschossen hat. Nun stellt sich heraus, mutmaßlich wurde er durch einen Schuss in den Rücken getötet.

Was ist geschehen

Laut Pressemitteilung der Polizei soll sich folgendes zugetragen haben: „Gegen 2:00 Uhr waren Einsatzkräfte zu einer Auseinandersetzung zwischen zwei Männern in eine Gaststätte in der Ostendstraße gerufen worden. Dabei verletzte nach derzeitigem Stand der Ermittlungen ein 18-jähriger Algerier einen 29-jährigen ebenfalls algerischen Staatsangehörigen mit einem scharfen Gegenstand schwer am Hals und flüchtete zunächst. Hinzugerufene Polizei- und Rettungskräfte versorgten den Schwerverletzten, der zur weiteren Versorgung in ein Krankenhaus verbracht wurde.

Der 18-Jährige wurde kurz darauf im Rahmen der Fahndungsmaßnahmen in Tatortnähe in einem Hinterhof durch einen Polizeibeamten gestellt. Im weiteren Verlauf gab der Beamte einen Schuss ab, der den Mann im Oberkörperbereich traf. Trotz sofort eingeleiteter Reanimationsmaßnahmen verstarb der Mann noch vor Ort.“

Traf der Schuss das Opfer in den Rücken

Wie der Südwestrundfunk berichtet, liege ihm das Video vor, das eine Person von einem Balkon aus aufgenommen habe und das den Todesschuss zeige. Aus dem schriftliche Begleittext zu dem SWR-Beitrag geht das nicht hervor, erst wenn man sich den TV-Beitrag dazu ansieht wird deutlich: der von der Polizei erschossene Algerier hat sich von dem Polizisten weg bewegt. Das lässt nun die Frage aufkommen, ob es sich um ein weiteres Opfer handelt, das von der Polizei „in Notwehr“ durch einen Schuss in den Rücken umgebracht wurde. Schon am 02. Juli berichtete das Frauenkollektiv Stuttgart von einem Schuss in den Rücken!

Bewertung

Die mediale Berichterstattung wurde jedoch schnell dominiert von Aussagen des Innenministers Strobl, wonach wer Polizisten angreife, eben damit rechnen müsse, sein Leben zu riskieren. Und der Baden-württembergische Ministerpräsident Kretschmann sekundiert, dass die Pistolen bei der Polizei nicht locker säßen.

Die SWR-Berichterstattung ist auch grenzwertig devot, denn im schriftlichen Begleittext zu dem verlinkten Beitrag, fehlt eine entscheidende Aussage von Professoren Dr. Buchert, der an der Polizeihochschule lehrt, und dem das Video zur Auswertung vorlag. In dem Fernsehbericht, der in den schriftlichen Beitrag eingebettet ist, sagt Buchert (ab Minute 1:47), dass sich zum Zeitpunkt der Schussabgabe das Opfer von der Polizei „wegbewegt“ habe.

Immer wieder tötet die Polizei Menschen durch Schüsse in den Rücken, und noch fast immer finden sich dann Gutachter:innen die das als „Notwehr“ einstufen, entsprechende Ermittlungsverfahren verlaufen im Sande.

Es ist zu hoffen, dasss sich auch für den in Stuttgart von der Polizei getöteten Menschen solidarische Menschen finden und seinen Tod skandalisieren!

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Fonds sexueller Missbrauch bearbeitet keine Neuanträge mehr! „Wir sind schockiert und wütend!“- sagt Wildwasser e.V.

Seit 2013 gibt es den Fonds Sexueller Missbrauch. Dieser hat bislang auf sehr niederschwelliger Basis Menschen, die in Kindheit und Jugend sexualisierte Gewalt erlitten haben, in einer Höhe bis zu 10.000 € finanziell unterstützt. So wurden zum Beispiel notwendige Psychotherapien mitfinanziert. 

Allerdings stand der Fonds nie auf soliden finanziellen Füßen. Hieß es vor einigen Monaten noch, es könnten bis zum 31.08.2025 Anträge auf finanzielle Unterstützung gestellte werden, veröffentlichte vergangene Woche still und leise der Fonds auf einer Unterseite seines Internetauftritts den Hinweis, dass Neuanträge voraussichtlich garnicht mehr bewilligt werden könnten und nur für Anträge die bis 19. März 2025 dem Fonds vorlagen, überhaupt eine Chance bestünde, genehmigt zu werden.

Der aktuellste Jahresbericht für 2023 weist eine jährliche Unterstützung für Betroffene von 27,6 Millionen Euro aus. Bei steigender Tendenz. So hätte alleine 2023 die Zahl der antragstellenden Personen um 21% zugenommen. Um so fataler jetzt die Abwicklung.

Für Radio Dreyeckland sprach ich mit Diplom-Pädagogin Lisa Meßmer vom Verein Wildwasser e.V in Freiburg, was die Abwicklung für Betroffene bedeutet, aber auch was für ein gesamtgesellschaftliches Zeichen hier gesetzt wird.

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Anti-Nazi-Musikfestival in Jamel weiterhin vom Aus bedroht!

Seit 2007 findet in Jamel (MeckPom) ein Open-Air Festival gegen Rechtsextremismus statt. Nun versuchen Gemeinde und der Landkreis dem Festival ökonomisch und rechtlich den Stecker zu ziehen. Jamel ist ein Dorf in Mecklenburg mit weniger als 40 Bewohner:innen und gilt seit Anfang der 1990er-Jahre als Hochburg der rechtsextremen Szene.

Das Dorf Jamel 

Eine Nazihochburg. Im Jahr 1992 feierten 120 Neonazis Hitlers Geburtstag. Seit Jahren dominieren zu über 90 Prozent Neonazis das Dorf. Das Verwaltungsgericht Schwerin schrieb in einem Urteil vom 05.05.2022 von einer  „Dorfgemeinschaft Jamel“ (…), welche „eine national befreite Zone“ anstrebe. Im Folgejahr gab es u.a. in Jamel eine Razzia im Zusammenhang mit den neonazistischen Hammerskins. Im Jahr 2004 zog aus Hamburg das Ehepaar Lohmeyer nach Jamel und engagiert sich konsequent und trotz vieler Versuche sie zu vertreiben, gegen die neofaschistischen Umtriebe und Entwicklungen. Mal brannte ihre Scheune ab (dazu ein Video bei SPIEGEL TV), mal mussten sie sich diffamieren lassen, ein Verfahren führte ein Neonazi bis zum Bundesverfassungsgericht, wo er verlor. In der Silvesternacht 2024/25 drangen mutmaßliche Neonazis auf das Grundstück von Birgit und Horst Lohmeyer ein und bewarfen das Wohnhaus und in der Folge auch das Ehepaar selbst mit Feuerwerkskörpern und Raketen. Dazu wurden Nazi-Parolen gerufen. 

Schon 2013 titelte die britische Zeitung Daily Mail von Jamel als ‚Nazi Town‘, einem Dorf in welchem auf einem Findling zu lesen ist „Dorfgemeinschaft Jamel, frei – sozial – national“. 

Das Festival „Jamel rockt den Förster“ 

In diesem Umfeld organisiert seit 2007 das Ehepaar Lohmeyer das Festival „Jamel rockt den Förster“, als Zeichen gegen Rechtsextremismus und für Toleranz. Im vergangenen Jahr waren, wie der ndr berichtete, rund 3.500 Menschen angereist.

Das Festival steht 2025 auf wackligen Füßen 

Seit Monaten wird vor Gericht um eine Gebührenrechnung gerungen: die Veranstalter:innen sollen dieses Jahr nämlich knapp 8.000 € bezahlen. In einem ersten Eilverfahren verloren sie im Mai vor dem Verwaltungsgericht Schwerin, darüber berichtete unter anderem LTO. Dann folgte die Ankündigung des Landkreises vermutlich ein Alkoholverbot zu verfügen und auch zwei Parkplätze, die in den Jahren zuvor genutzt werden durften, nicht mehr bereit zu stellen. In diesem Verfahren verloren die Veranstalter:innen am 26.06.2025 ebenfalls in einem Eilverfahren, wie nun LTO berichtet. Unverdrossen werben die Veranstalter:innen für das Festival, aber aktuell ist offen, ob es so wie bisher wird stattfinden können. 

Bewertung und Ausblick 

„Grevesmühlen ist bunt“, so wirbt das Amt Grevesmühlen-Land, zu dessen Sprengel Jamel gehört, auf seiner Webseite. Es ist nur ein Detail: der Slogan wird als Verlinkung angezeigt, allerdings führt dieser ins Nichts. Dafür scheinen die Verwaltung der Gemeinde, die erstmals Gebühren erhebt, und der Landkreis Nordwestmecklenburg mit den angekündigte Auflagen ihre ganz eigene Agenda gegen das linke Forstrock-Festival zu verfolgen. CDU und AfD haben bei den Kommunalwahlen 2024 zusammen über 60% der Stimmen errungen. Mittels Verwaltungsentscheidungen, missliebigen linken Events und Strukturen die ökonomische und rechtliche Basis zu entziehen hat Tradition in Deutschland und wird in den kommenden Jahren eher noch weiter zunehmen. Um so wichtiger erscheint es, sich mit aller Kraft gegen solche Praktiken zu verteidigen!

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Angst vorm Fliegen? Open Airport in Freiburg- Flugplatz öffnet seine Hangars

Etwas sportlich werben die Veranstalter des „Open Airport Freiburg“ Wochenendes vom 28. und 29. Juni 2025, mit einer 118-jährigen Geschichte des Freiburger Flugplatzes, denn 1907 flog erstmals ein Ballon über den Platz der später der Flugplatz werden sollte. Seit Jahren findet im Sommer ein „Tag der offenen Hangartore“ statt, so auch in diesem Jahr. Für Radio Dreyeckland war ich am Samstag vor Ort, sprach mit Besucher:innen, Mitarbeitenden des THW, der Flugrettung, der Bergwacht, der Flughafenfeuerwehr sowie mit Dr. Christoph Maschowski, dem verantwortlichen Veranstalter.

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Thomas Walter: „Wie machst Du, mit bescheidenen Mitteln, möglichst viel Lärm!?“ – Teil 2

Auch im Juni wieder eine besondere AUSBRUCH-Sendung, denn Thomas Walter (K.O.M.I.T.E.E.) hatte uns kürzlich besucht und ein Interview gegeben.

Er, Bernhard Heidbreder und Peter Krauth wurden 1995 beschuldigt u.a. einen Anschlag auf ein Gebäude des im Umbau befindliche Abschiebegefängnisses in Berlin-Grünau geplant zu haben. Die drei tauchten ab und verbrachten rund 30 Jahre im Exil, denn die Verjährungsfrist für die Verabredung zu dem Sprengstoffanschlag auf den Knast betrug mittlerweile 40 Jahre.

Am 27. Mai 2021 starb Bernhard im Venezuela an Krebs. Thomas und Peter erhielten Ende des selben Jahres in Venzuela politisches Asyl. Vor rund zwei Monaten kehrten beide nach Deutschland zurück, nachdem es zu einer Absprache mit der Justiz kam: zwei Jahre auf Bewährung.

Thomas war bei AUSBRUCH zu Gast. Während wir im Interview welches wir letzten Monat gesendet haben in einem Querschnitt von den 90ern bis zur Gegenwart alle Stationen angeschnitten hatten, haben wir im zweiten Teil des Gesprächs einzelne Aspekte vertieft behandelt: wie war das in den 90ern, die „Straßenjahre“, politisch, die Auseinandersetzungen mit den Neonazis. Welche politischen Entwicklungen gab es nach dem Untertauchen in Südamerika und schließlich, wie war es, zurück zu kehren. Was bedeutet es, die Verhärtungen, die ein Leben im Untergrund mit sich bringt, wieder los zu lassen?

Wer mehr über die Zeit der 90’er Jahre in diesem Zusammenhang lesen möchte, dem sei „Aus der Zwischenwelt. Ein Leben auf der Flucht vor dem deutschen Staat“ empfohlen, das unter dem Namen Bernd Heidbreders erschienen ist.

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Freiheit für Maja – Solikundgebung in Freiburg für Maja im Hungerstreik

Am 09.06.2025 gab es eine Solidaritätskundgebung für Maja, ein nicht-binäres Antifaschisti, welches am 05. Juni 2025 im Hungerstreik getreten ist. Maja ist eine der gefangenen Personen des sogenannten Budapest-Komplexes und befindet sich derzeit unter menschenrechtsverletzenden Bedingungen in Budapest in Untersuchungshaft.

  • Text von: Budapest antifacist solidarity comitee 2:47
  • Queere Menschen in Ungarn 2:38
  • Hungerstreikerklärung Maja 5:59
  • Brief von Maja an Thomas – Rede eines ehemaligen Gefangenen 4:59
  • Einordnung der politischen Situation in Ungarn 6:15

Es wurde betont, wie mutig und hoffnungsvoll Maja im Gerichtssaal auftrat und ein Soli-Foto mit den Beteiligten gemacht

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Naziangriff auf linkes Wohnprojekt Zelle79 in Cottbus – „Lippenbekenntnisse zu Demokratie bringen nichts“

Neonazis haben in der Nacht vom 23. auf den 24. Mai 2025 das linke Wohnprojekt „Zelle 79“ in Cottbus angegriffen.

Am Anfang von Zelle-79 stand eine Hausbesetzung: Seit 1999 ist es Teil des Mietshäusersyndikats. Oben wohnen Leute und im Erdgeschoss sitzt ein gemeinnütziger Verein, der Raum für linkes, subkulturelles Szeneleben bietet.

Immer wieder attackieren Neonazis das Hausprojekt: 2015 ein Brandanschlag, dazu immer wieder Nazischmierereien an der Fassade. In letzter Zeit häufen sich wieder die Angriffe.

Ende März bewarf nachts eine Gruppe vermummter Personen das Haus zweimal mit Pflastersteinen und rief rechtsextreme Parolen. Jetzt gab es in der Nacht auf Samstag einen weiteren Angriff.

Da die Betroffenen ihre Stimmen aus Sicherheitsgründen nicht im Internet hören möchten, haben Bewohnende des Wohnprojekts „Zelle 79“, Radio Dreyeckland schriftlich auf einige Fragen geantwortet:

Wir kommen langsam zum Ende unseres Gesprächs: Wie geht es für Euch
   weiter?


 * Wir versuchen im Pressewirbel die Übersicht zu behalten und die
   entstandenen Schäden zu reparieren. Der OB möchte sich demnächst mit uns zusammen setzen und besprechen, wie wir und andere Locations besser geschützt werden können. Wir sind gespannt, ob dabei etwas konstruktives heraus kommt – aber es schwingt viel Skepsis mit. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass auf die Parlamentarier:innen oft kein Verlass ist. Deshalb arbeiten wir mit Hochdruck an der „Initiative Sichere Orte Südbrandenburg“, der wir kürzlich beigetreten sind. Sie vernetzt (sub-)kulturelle, antifaschistische Orte und organisiert im Grunde unseren kollektiven Selbstschutz. Naja und ganz nebenbei versuchen wir das durchatmen nicht zu vergessen… Uns gegenseitig zu bestärken und zu lachen, so viel es geht – denn das hilft am besten gegen die Ohnmacht.

Es ist erst rund 48 Stunden her, dass erneut Nazis
   bei Euch nicht nur vor dem Haus standen sondern Parolen riefen,  Pyrotechnik zündeten, im Hinterhof brannte es dann. Bevor wir näher auf diesen Angriff und die Zusammenhänge eingehen: wie ist heute, am Montagmorgen, die Stimmung bei Euch?


 * Es ist eine merkwürdige Stimmung zwischen Alltag und
   Ausnahmezustand. Wir sind teilweise wieder in der Uni und auf
   Arbeit, wer heute freimachen kann, kümmert sich um die
   Presseanfragen und Solibekundungen. Wir sind erschöpft,
   trotzdemkönnen wir auch mal kurz die Küche aufräumen.
 

Was ist in der Nacht auf Samstag konkret passsiert?

 * Nun, es war eine ruhige Nacht, die meisten von uns haben schon
   geschlafen oder waren gerade dabei ins Bett zu gehen. Kurzvor
   Mitternacht hörteich draußen unglaublich lauten Lärm, es knallte und Schepperte. Dann habe ich aus dem Fenstergeschaut und konnte für wenige Sekunden 5 Gestalten sehen. Sie riefen „Wir sind die Gang. Adolf Hitler Hooligans. Kommt raus ihr Fotzen, kommt raus“. Dann war schon alles in Rauch gehüllt und ich hab dieüberall rote Flammen gesehen und Knalle gehört. Krieg, war der erste Gedanke in meinem Kopf. Dann war schon nichts mehr zu sehen und ich musste das Fenster schließen um den Rauch draußen zu lassen.

 * So wie der erste große Rauch verzogen war, konnten wir ein wenig die Lage checken. Die Angreifer waren weg. Während wir uns zusammen gesammelt haben,haben wir einen entstehenden Brandherdim Hinterhof entdeckt. Durch unsere schnelle Reaktion konnten wir das Feuer im Hinterhof rechtzeitiglöschen.Schließlich sind wir rausgegangen. Vor der Tür lag ein Zaunstück, das als Rambock benutzt worden ist, Pyroreste Lage rum. In dem Moment kam die Polizei dann auch.
 

Wie hat die Polizei reagiert?

 * Die Polizei war nach 20 Minutenvor Ort. MehrerePersonen aus der
   Nachbar*innenschaft hatten die Polizei gerufen.Relativ schnell drauf wurde die gesamte Stadt relativ dicht bestreift und mehrere
   Personalien von eventuell Verdächtigen aufgenommen. Allerdings
   wissen wir mittlerweiledurch die Berichterstattung, dass keine
   verdächtigen Personen ermittelt werden konnten.

 * Noch in der selben Nacht wurden Zeug*innenaussagen aufgenommen und auch in der Nachbar*innenschaft wurde bestätigt, dass es eindeutig rechten Parolen waren,die dort gerufen wurde. Hier war schnell klar, dass die Tat auch politisch motiviert war, auch aus Sicht der Polizei, was nicht immer selbstverständlich ist.
 

Welche Schäden am Haus gibt es?

 * Ja, wir haben Schäden am Haus. Die Angreifenden haben versucht mit einem Zaunstück, welches als Rammbock genutzt wurde,die Tür zu durchbrechen. Dabei wurde das Türblattbeschädigt und musste schnell repariert werden. Das fand alles noch in der selben Nacht statt, um sicher sein zu können. Außerdem wurde die Hausfassade beschädigt. In der zweiten Etage ist z.B. bedrohlich nah an einem Fenster ein größeres Einschlagloch von einem Stein zu sehen. Da wollen wir uns nicht ausmalen, was passiert wäre, hätten die Angreifer getroffen.
 

Wie ging es Euch in dieser Nacht, habt Ihr noch Schlaf gefunden?

 * Nun, wie gerade schon erwähnt ging es erstmal daran Schäden zu
   reparieren. Außerdem war der Adrenalinpegel viel zu hoch um ruhig ins Bett zu gehen. So haben die einen schonmal die Tür repariert und ein paar andere haben sich zusammengesetzt und probiert, sich über das Geschehene Gedanken zu machen. Wir haben natürlich auch so viel miteinander geredet,um uns gegenseitig einfach zu unterstützen, haben schonmal Freund*innen geschrieben und liebe und solidarische Antworten bekommen. Aber um auf die Frage zurück zu kommen, viel Schlaf war nicht zu holen in der Nacht.
 

Es ist einer von vielen Angriff seitens Nazis auf Euer Hausprojekt.
 Wie ist die Stimmung in der Nachbarschaft, erfahrt Ihr Solidarität?


 * Also unsere Nachbar:innenschaft ist schon stabil. Es gab
   Menschen,die das zufällig bemerkt und die Polizei informiert
   haben.Grundsätzlich würde ich sagen,dassviele Leute mit
   verschiedensten Hintergründenin der Nachbar:innenschaft leben und wir vermutlich nicht bei allen Themen unbedingt einer Meinung sind, aber wir können reden und streiten. Wenn uns Nazis hier die Tür einhauen und Brandsätze werfen, dann ist aber auch klar,dassdie
   Nazis hier das Problem sind. Auch die Nachbar:innenschafthatja
   Stress durch sowas. Das ist schon ein wenig paradox, aber die Nazis wollen uns brechen und einschüchtern, schaffen aber durch solche Aktionen auch irgendwie positive Effekte. Die Solidarität ist schon enorm.

 * Auch über die Nachbar:innenschaft hinaus. Wir wurden durch andere Initiativen, Klubs und WG’s mit Essen versorgt, es gabganz viel Support. Nicht nur die Szene rückt näher zusammen, auch
   Veranstaltungsorte der Subkultur, Galerien und viele Einzelpersonen. In der Klubszene haben wir uns ja nun auch schon organisiert und die „Initiative Sichere Orte“mit gegründet. Dort sind Kulturorte vereint, die die Bedrohungslage schon lange erkannt haben. Weit vor den öffentlichen Stellen die sich plötzlich alle zum Thema besorgt äußern.
 

Linke Subkultur hat es im Osten ganz besonders schwer. Wie prägen die Angriffe der Nazis euren Alltag im Haus?

 * Schon stark. Du richtest deine Aktivitäten schon ein bisschen nach
   Events in der Stadt aus. Du analysierst immer wie hoch ist
   eigentlich die Bedrohungslage.Istnoch dasStadtfestim Gange? Oder ist heute ein Fußballspiel? Oder was auch immer. Der Punkt ist, wir sind seit den 90er Jahren als Projekt da und uns haben die Nazis nie klein bekommen. Aktionen wie diese sollen uns einschüchtern, aber sie  erreichendas Gegenteil.Mehr Solidarität, mehr Spenden und mehr negative Presse. Außerdem haben wir auch unsere tollen Orte und Veranstaltungen in der Stadt, wir sind ja nicht komplett isoliert
   oder so. Wir müssen nur immer kollektiven Selbstschutz
   mitdenken,denndas übernimmt weder Politik, Polizei oderPresse. Wenn es knallt, bist du erstmal auf dich gestellt, immer! Auch wenn die Politik aufeinmal bemüht ist Lösungen zu finden, ich bin skeptisch. Das Problem liegt seit Jahren auf der Hand, traurig das jetzt reagiert wird, nachdem wir uns in der „Initiative Sichere
   Orte“zusammengeschlossen haben. Das hätte doch mal eher passieren können.
 

Für wie verfestigt haltet Ihr Neonazistrukturen in Cottbus?

 * Um einmal den Brandenburgischen Verfassungsschutz zu paraphrasieren: In Cottbus gibt es ein toxisches Gebilde, welches aus beinharten Neonazis, Rockern, Türstehern und Kampfsportlern besteht. Dies würde ich und viele andere in der Stadt so unterschreiben. In der Stadt und im Landkreis drum herum haben sich über Jahre und Jahrzehnte etablierte Strukturen heraus gebildet und nach und nach professionalisiert, auch mit legalen Geschäftsbereichen wie Klamottenläden oder Restaurants.

 * Der Fußball spielte und spielt sicherlich eine große Rolle und kann
   als Ankerpunkt zwischen oben genannten Gruppen gesehen werden. Und er hilft natürlich auch bei der Rekrutierung neuer Leute.

 * Wie an vielen Orten auch medial schon festgestellt wurde, gibt es
   auch in Cottbus mittlerweile sehr junge, eher aktionsorientierte
   Jungnazis, die sich über TikTok (vor-)radikalisieren und dies dann
   auch auf die Straße tragen wollen. Manche sympathisieren mit der
   Kleinstpartei 3. Weg, viele gehen zum Fußball. In jedem Fall ist die
   Hemmschwelle zur Gewaltbereitschaft niedrig.
 

Um materielle Schäden zu beseitigen ist Geld wichtig, aber was muss  muss Eurer Sicht im Alltag getan werden, um solche Angriffe zumindest einzudämmen?

 * Es braucht die aufrichtige Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit.
   Lippenbekenntnisse zu Demokratie und Gewaltfreiheit bringen uns und anderen Betroffenen, bis auf warme Worte,gar nichts. Auch das
Geheule um ein schlechtes Image der Stadt sind für uns eine Farce und  wurden über Jahre immer eher nach vorne gestellt, als die
Solidarität mit den Opfern. Gerade die, die wegen des
 Image-Verlustsam lautesten schreien, haben den größten
 Handlungsspielraum, etwas nachhaltig an diesem Image zu ändern. Aber dazu bräuchte es die harte Selbsterkenntnis aus Politik und
   Justiz,dass in den letzten Jahrenund Jahrzehntenviel zu wenig gegen Nazigewalt unternommen wurde. Prozesse werden und wurden verschleppt und schließlich eingestellt – die Opferperspektive,deren Finanzierung am seidenen Faden hängt, kann ein Lied davon singen.  Rechte Straftäter werden nicht konsequent und zeitnah verfolgt – das muss sich ändern.

 * Dasselbe gilt für den FC Energie Cottbus, der nach jeder
   Veröffentlichung zu seinen Nazi-Fans beklagt, dass sie ja schon so
   viel tun würden und zu unrecht in ein schlechtes Licht gerückt
   würden… Nur leider ist von all den Aktionen bisher wenig in den
   Köpfen angekommen. In der Kurve wird trotzdem weiterhin ausgiebig der rechte Arm gehoben und die wenigen linken Fans trauen sich kaum ins Stadion.

 * Und auch präventiv wird eher ab- als aufgebaut. Der Sozialausschuss unter Vorsitz der AfD hat für 2026 eine Kürzung von 20% des Haushalts beschlossen. Dieser Beschluss öffnet der Radikalisierung Tür und Tor, denn die Finanzierung von Sozialer Arbeit wird damit aufs Spiel gesetzt. Angebote zur Demokratiebildung, Vermittlung von Sozialkompetenzen oder die Beratung und Unterstützungsangebote für Gewaltbetroffene Personen und vieles mehr könnten vor dem Aus stehen. Ganz bildhaft gesprochen: die AfD kürzt das Geld, mit dem bspw. von Armut betroffene Kinder zumindest für eine Woche im Jahr auf Ferienfahrt fahren könnten.
 

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Linker Kinderladen darf weiterarbeiten! Gericht in Dresden kippt Schließungsanordnung

2023, es war kurz vor Weihnachten, gab es große Aufregung in einem linken Dresdner Kinderladen: das Landesjugendamt hatte mit sofortiger Wirkung dem Kinderladen, der sich im Haus des AZ Conni befindet, die Betriebserlaubnis entzogen.

Es läge eine akute Kindeswohlgefährdung vor. Hintergrund war die Aufnahme eines Kindes, dessen Vater als Polizist arbeitet. Dem Vater wurde schließlich ein Hausverbot erteilt, um nicht täglich einen Polizisten auf dem Gelände zu haben. Eigentlich war im Einvernehmen mit den Eltern eine Umsetzung des Kindes in einen anderen Kinderladen verabredet, aber der Vater beschwerte sich anschließend beim Landesjugendamt. Dieses sah hier eine unzulässige Diskriminierung aufgrund des Berufs des Vaters. Zudem recherchierte die Behörde im Netz: auf der Webseite des AZ war eine Hunde-Küfa beworben worden, mit dem Slogan „No Cops, No Nazis“. Offenbar würde man Polizist:innen mit Nazi gleichsetzen.

In einem Eilverfahren setze das Dresdner Verwaltungsgericht vor einem Jahr die Vollziehung des Bescheids bis zur Entscheidung in der Hauptsache aus. Vorletzte Woche nun die Hauptverhandlung und das Urteil: für einen Entzug und damit die Schließung des Kinderladens gebe es keine sachliche Gründe. Der Bescheid des Landesjugendamtes wurde aufgehoben.

Für Radio Dreyeckland sprach ich mit Ines und Martin über die Geschichte des Kinderladens, dessen pädgogisches Konzept sowie das Gerichtsverfahren.

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