Erster Tattoo Circus in Freiburg! Am 03. Oktober ist es soweit – der Tattoo Circus öffnet seine Tore

Während des verlängerten Wochenendes, vom 03. Oktober 2024 an, findet in Freiburg der erste Tattoo Circus statt.

Tätowierungen stehen nur bedingt im Mittelpunkt, auch wenn es dann am 04. und 05. Oktober viele Möglichkeiten geben wird, sich tätowieren zu lassen. Der Tattoo Circus ist vielmehr ein umfasssendes politisches und soziales Event, das sich gegen Gefängnisse, staatliche Repression und für Solidarität einsetzt. Neben den Tätowier-Sessions, wird es deshalb viele Workshops, Vorträge,Performances und Konzerte geben.

So kommen Tutti Dilemma aus Wien, Unicorn Partisans aus Leipzig und Murmansk, catbiteback aus Berlin und Freiburg. Ebenfalls aus Freiburg kommend, treten auf Zora, Freakin Freddy und Young Ulrich.

Conny und Jacques aus dem Orga-Team sprachen mit mir für Radio Dreyeckland über das kulturelle und inhaltliche Rahmenprogramm.

Veröffentlicht unter Allgemeines/Soziales/Krieg | Verschlagwortet mit , , , , , | Schreib einen Kommentar

Bundesregierung antwortet auf Anfrage der LINKEN im Fall Maja

Nachdem die deutsche Justiz am 28. Juni 2024 in aller Eile dafür sorgte, dass Maja T. aus dem Komplex „Budapest“, an die ungarischen Behörden ausgeliefert wurde, so dass ein beim Bundesverfassungsgericht gestellter und erfolgreicher Antrag auf vorläufigen Aufschub der Auslieferung ins Leere lief, gab es zahlreiche parlamentarische Anfragen. Nunmehr liegt eine Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der LINKEN im Bundestag vor.

Was wollte die LINKE im Bundestag wissen?

Die LINKE wollte wissen welche Bundesbehörden involviert waren, welchen Kenntnisstand die Bundesregierung hatte, inwieweit der Verfassungsschutz eingebunden ist, aber auch welche Konsequenzen die Bundesregierung aus den Berichten über ein generell queerfeindliches Klima in Ungarn allgemein und in den dortigen Haftanstalten im Besonderen für künftige Auslieferungen bzw. Überstellungen an ungarische Strafverfolgungsbehörden ziehe.

Antwort der Bundesregierung

Die Bundesregierung bestätigte, wenig überraschend, die Beteiligung von BKA und Bundespolizei. Es sei die Bundespolizei gewesen, die Maja am 28. Juni „auf dem Landweg vom Flugplatz Vilshofen (Bayern) an die deutsch-österreichische Grenze“ gefahren habe.

Auch der Generalbundesanwalt sei informiert und beteiligt gewesen, schließlich hatte dieser, vor der vom Kammergericht Berlin bewilligten Auslieferung, beim Bundesgerichtshof die Aufhebung des gegen Maja T. bestehenden Haftbefehls erwirken müssen.

Was das queerfeindliche Klima in Ungarn und eigene Schlussfolgerungen der Bundesregierung anbetrifft, meint diese: „Die Bundesregierung darf nach den europarechtlichen Vorgaben auf die Übergabeverfahren nach einem Europäischen Haftbefehl keinen Einfluss nehmen“, es sei Sache der Gerichte entsprechende Aspekte zu prüfen.

Soweit zu einer Beteiligung des Bundesamtes für Verfassungsschutz bei Fahndungsmaßnahmen in dem Komplex „Budapest“ Fragen gestellt wurde, verweist die Bundesregierung lapidar auf vorherige Antworten auf Fragen der AfD (!). Sucht man sich dann die Antworten heraus, erfährt man lediglich, dass sich die Bundesregierung hierzu öffentlich nicht äußern möchte, denn die „Betroffenen Akteure könnten dementsprechend Abwehrstrategien entwickeln und dadurch die Erkenntnisgewinnung des BfV erschweren oder in Einzelfällen unmöglich machen. Dies kann die Funktionsfähigkeit des BfV nachhaltig beeinträchtigen und damit einen Nachteil für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland bedeuten“ (hier in der Drucksache zu finden auf Seite 21, Frage 21).

Resümee

Offenbar auch als Folge der Auslieferung von Maja T. an Ungarn, plant nunmehr die Bundesregierung, wie kürzlich LTO berichtete, eine Reform des Auslieferungsrechts und will die Möglichkeit einer mündlichen Anhörung auszuliefernder Personen ebenso einführen, wie die eines Rechtsbehelfs. Hierzu liegt ein Referentenentwurf aus dem Bundesjustizministerium vor.

All das hilft Maja nichts! Aber aus der Antwort der Bundesregierung wird vielmehr deutlich, dass das Handeln der beteiligten Mitarbeitenden von Behörden wie auch des Kammergerichts, davon geprägt gewesen schien, Maja eiligst an Ungarn zu auszuliefern. Eine mögliche, ja eine wahrscheinliche Intervention des Bundesverfassungsgerichts sollte verunmöglicht werden.









































Veröffentlicht unter Allgemeines/Soziales/Krieg, Innen und Rechtspolitik, Strafvollzug | Verschlagwortet mit , , , , , , , , | Schreib einen Kommentar

Zustände in deutschen Gefängnissen und Psychiatrien von Anti-Folterstelle kritisiert

Im kürzlich veröffentlichten Tätigkeitbericht für das Jahr 2023 kritisiert die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter, erneut vielfach die Zustände in deutschen Gefängnissen, Psychiatrien, Abschiebeeinrichtungen, aber auch in Alten- und Pflegeeinrichtungen.

Was ist die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter?

In der Selbstbeschreibung heißt es, die Stelle sei „eine unabhängige nationale Einrichtung zur Prävention von Folter und Misshandlung in Deutschland“, deren Errichtung „auf dem Zusatzprotokoll zu dem Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe“ beruhe.

Was ist die Aufgabe der Nationale Stelle zur Verhütung von Folter?

Deren Mitglieder sollen alle Orte besuchen, an denen Personen aufgrund behördlicher oder gerichtlicher Anordnung die Freiheit entzogen wird. Aufgrund dieser Besuche hat sie dann Empfehlungen an die zuständigen Aufsichtsbehörden mit dem Ziel abzugeben, die die von Freiheitsentziehung betroffenen Menschen, vor Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe besser schützen.

Wie ernst es die Bundesrepublik Deutschland und die 16 Bundesländer mit dieser Einrichtung nehmen, beweist die chronische Unterfinanzierung. So musste die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter 2024 ihre Besuche in den Einrichtungen vorübergehend aussetzen, da sie schlicht kein Geld mehr dafür zugewiesen bekam.

Wer sitzt in der Nationalen Stelle zur Verhütung von Folter?

Mitglieder sind im wesentlichen ehemalige Mitarbeitende aus dem Bereich der Justizvollzugs. Exemplarisch kann das festgemacht werden am Vorsitzenden Rainer Dopp, ehemaliger Staatssekretär im Justizministerium des Landes Mecklenburg-Vorpommern, aber auch an Friedhelm Kirchhoff, ehemaliger Leiter der bayrischen JVA Kaisheim oder an Dr. Werner Päckert, ehemals Leiter der teilprivatisierten JVA Hünfeld in Hessen. Weitere Mitglieder*innen waren u.a. Parlamentsabgeordnete oder Richter*innen.

Gefängnisse

Besucht wurden im Berichtsjahr u.a. die Vollzugsanstalten Freiburg, Wuppertal-Vohwinkel, Bochum, Butzbach, Aachen, Billwerder (in Hamburg), aber auch das Vollzugskrankenhaus Leipzig.

Lange Isolationshaft, Unterbringung im „Bunker“ (einer leeren Zelle, oftmals ohne Decke, kameraüberwacht, fast nackt), offenes Klo in mit mehreren Gefangenen belegten Zellen, zu kleine Zellen, ,respektloser Umgang, problematischer Umgang mit Daten bei ärztlichen Gesprächen, und vieles mehr. Die entsprechenden Besuchsberichte sind in vielen Fällen zugänglich, mitunter auch die Erwiderungen der jeweiligen Justizministerien.

In allen Haftanstalten hatte die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter Anlass Missstände zu beanstanden. Da, wie oben angedeutet, deren Mitglieder primär aus  Menschen besteht, die selbst über Jahrzehnte genau jene Missstände zu verantworten hatten bzw. verursacht oder geduldet haben, die sie nun kritisieren, mag dies zumindest für bürgerliche Kreise ein Fingerzeig auf die Situation hinter Gittern sein.

Psychiatrien

Die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter besuchte 2023 auch diverse forensische Psychiatrien: Hörstel, Werneck, Heidelberg, Emmendingen, Bedburg-Hau, Mainkofen.

Gerügt wurde kontinuierliche Überbelegungen, Mehrfachbelegungen von kleinen Räumen (u.a. auf Campingbetten würden Patient*innen schlafen müssen), langdauernde Fixierungen, langdauernde Isolierungen (aus Bedburg-Hau wird von einem Pateinten berichtet, der schon 10 Jahre in einem karg eingerichteten „Isolierraum“ verbringe).

Auch hier sind von vielen der besuchten Einrichtungen die Besuchsberichte im einzelnen abrufbar, wie auch die Erwiderungen der Ministeren.

Abschiebeeinrichtungen/Abschiebebeobachtungen

Die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter kritisiert, dass trotz eindringlicher Empfehlungen, die Achtung des Kindeswohls bei Abschiebungsmaßnahmen regelmäßig nicht ausreichend berücksichtigt werde. So fänden immer wieder Abschiebungen von Familien mit Kindern, darunter Kleinkinder und Säuglinge, aber auch von unbegleiteten Minderjährigen statt. Im Jahr 2023 wurden insgesamt 2.863 Minderjährige abgeschoben. Regelmäßig würden die betroffenen Kinder zur Nachtzeit aus den Betten gerissen und abgeschoben.

Wer die deutsche Grenze überschreitet, könne nicht sicher sein, so bemängeln es die Kommissionsmitglieder, dass ausreichend über das Recht auf Asyl aufgeklärt wird.

Detaillierte Informationen können dem Jahresbericht, aber auch einzelnen Besuchsberichten entnommen werden.

Alten- und Pflegeeinrichtungen

Besucht wurde 2023 ein Pflegeheim in Berlin, in dem auch Menschen mit psychischen Erkrankungen untergebracht waren: die bauliche Situation wie auch erhebliche Defizite in Unterbringung und personeller Situation wurden beanstandet, und es kam dann zu einem Wechsel von Schriftsätzen der zuständigen Senatorin und der Nationalen Stelle über die Missstände, denn -wenig überraschend- die Senatorin wollte solche Missstände nicht erkennen.

Zusammenfassung

Eine mit viel zu wenig Geld ausgestattete offizielle, auf einem Übereinkommen der UNO beruhende Stelle in Deutschland, besetzt mit Personen die fast durchweg in hohen und höchsten Justizämtern über Jahrzehnte tätig sind, kritisiert seit es diese Nationale Stelle zur Verhütung von Folter gibt, also seit dem Jahr 2009, die eklatanten Missstände in den Gefängnissen, Abschiebehafteinrichtungen, Psychiatrien, Heimen und bei Abschiebungen. Wirklich viel geändert hat sich nichts. Oftmals mit den selben Argumenten verteidigen die Verwaltungen die Zustände seit nunmehr 15 Jahren.

Immerhin mögen einzelne Besuchsberichte geeignet sein, in einem eher bürgerlichen Spektrum für Interesse zu werben, denn allzu oft wird Aktivist*innen vorgeworfen, sie würden übertreiben und es wird behauptet, es gehe doch hinter den hohen Mauern und hinter Gittern alles nach Recht und Gesetz vor sich.

Veröffentlicht unter Allgemeines/Soziales/Krieg, Innen und Rechtspolitik, Strafvollzug | Verschlagwortet mit , , , , , , , , | Schreib einen Kommentar

Landtagswahlen in Sachsen – Kraftvolle Demonstration noch am Wahlabend

Am 01.09.2024 wurden in Thüringen und Sachsen die Landtage neu gewählt. Wenig überraschend holte in beiden Bundesländern die AfD jeweils über 30% der abgegeben Stimmen, so das vorläufige amtliche Ergebnis der jeweiligen Landeswahlleitungen.

Nur zwei Stunden nach Schließung der Wahllokale in Sachsen, gingen zwischen 600 und 700 Menschen in Dresden unter dem Motto „Wir bleiben unregierbar“, auf die Strasse. Im Aufruf zur Demonstration hieß es, man brauche eine „organisierte, schlagkräftige Linke“, sowie „antifaschistischen Selbstschutz“.

Gerahmt von mehreren Bannern, wie „Tod dem Faschismus“ und „Krieg den deutschen Zuständen“, begleitet von Bengalos und Feuerwerk, wurde durch die Strassen gezogen. Die Polizei zeigte deutlich Präsenz, aber es kam, soweit ersichtlich, während und auch unmittelbar nach Ende der rund eineinhalbstündigen Demonstration zu keinen Zugriffversuchen durch die Polizei. Jedoch hatte diese die gesamte Zeit über gefilmt. Im Nachgang muss aber strafrechtliche Verfolgung befürchtet werden, denn im Verlaufe der Demo wurde durch die Versammlungsleitung mitgeteilt, die Polizei weise darauf hin, dass die Vermummung untersagt sei. Ein Verstoß könne strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

Für Radio Dreyeckland war ich vor Ort und habe Redebeiträge, sowie Stimmen von Teilnehmenden und Passant*innen eingefangen.

Veröffentlicht unter Allgemeines/Soziales/Krieg, Innen und Rechtspolitik | Verschlagwortet mit , , , , , , , | Schreib einen Kommentar

Seit einem Jahr nicht mehr hinter Gittern

Am 29. August 2024 jährt sich meine Haftentlassung zum erstem Mal. Am späten Vormittag vor einem Jahr wurde mir jenes Telefax des OLG Karlsruhe ausgehändigt, das mir die sofortige Freilassung bescherte. Vielen Menschen durfte ich seitdem begegnen, viel habe ich erlebt.

Der Tag der Freilassung

Wie jeden Werktag saß ich am Vormittag in der Zelle und las Zeitung, als es an der Zellentüre klopfte. Ich möge umgehend zu Frau Dr. S. mitkommen, sie hätte mir etwas wichtiges mitzuteilen. Sie leitete zu diesem Zeitpunkt die Abteilung Sicherungsverwahrung, und so übergab dann sie mir das Telefax des Gerichts: die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen meine Freilassung war verworfen worden, ich sei unverzüglich auf freien Fuß zu setzen.

Es dauerte dann doch drei Stunden bis meine Zelle leergeräumt, ich mich bei Mitinsassen verabschiedet hatte und die Kartons in einen JVA-Transporter verladen worden waren. Die Anstalt spendierte einen „Umzugsservice“, stellte zwei Beamte ab, die mich in besagtem Transporter an meine neue Wohnstätte fuhren. Wo mich Menschen solidarisch aufnahmen, zwar theoretisch wissend, wer da kommen würde, aber ohne mich wirklich zu kennen.

Zwischenzeitlich verschickte ich SMS („Ich bin frei!!“), telefonierte mit Freund*innen und schon gegen 15 Uhr stand ich am Schalter des Job-Centers. Eine Stunde später bei meiner Krankenkasse. Der Abend wurde lang, denn zum ersten Mal seit vielen, vielen Jahren, saß ich im Kreis von Menschen zum Abendessen zusammen.

Begegnungen

Endlich konnte ich Menschen außerhalb des Überwachungsregimes einer Haftanstalt begegnen: wann, wo und solange diese und ich es wollten, keine Bediensteten die den Besuch optisch oder akustisch überwachten. Über rund 27 Jahre Menschen nur in kahlen Besuchsräumen treffe zu können, das prägt. Zudem wird oft übersehen was Besuchspersonen auf sich nehmen: eine oft sehr weite Anreise (und auch Rückreise), die strengen Durchsuchungsmaßnahmen der Vollzugsanstalten, Monat für Monat, Jahr um Jahr. Schuhe ausziehen, sich absonden und abtasten lassend. Darüber wird nach meiner Erfahrung nicht so oft gesprochen wie es eigentlich nötig wäre.

Endlich konnte ich anrufen und angerufen werden, nicht mehr vermittelt, kontrolliert und vor allem reglementiert durch das Gefängnisregime.

Aufgaben

Dank der Unterstützung durch Radio Dreyeckland konnte ich dort bald nach der Entlassung erst ein Praktikum beginnen, welches dann in einen Bundesfreiwilligendienst überging. Dazu dann Aufgaben im politischen Bereich, Veranstalter*innen die mir die Möglichkeit gaben (und nach wie vor geben) über die Haftzeit zu erzählen. Der Versuch, Menschen die selbst von Inhaftierung bedroht sind, oder in ihrem Umfeld solche kennen, etwas aus dem gegenwärtigen Vollzugsalltag zu berichten, das womöglich ein wenig die Besorgnis zu nehmen vermag.

Die Rote Hilfe e.V. gab und gibt mir die Möglichkeit über die Hafterfahrung zu sprechen, vor und mit Menschen die selbst von Haft bedroht oder in Solistrukturen aktiv sind.

Dank eines befreundeten Verleger, Florian Günther, konnte ein kleines Buch erscheinen. Und viele andere Aufgaben mehr.

Viel zu wenige ehemalige Insass*innen erleben nach ihrer Freilassung ein Ankommen in solchen Aufgaben- und diese sind etwas anderes, als bloße „Möglichkeiten“. Wir leben, so habe ich den Eindruck, in einem Überfluss von Möglichkeiten, aber erst die Aufgaben sind es, die unser Leben strukturieren, es erfüllen, Sinn vermitteln.

Stolperstellen

Viele Jahre habe ich an Orten gelebt, die geprägt waren und es weiterhin sind, von Ohnmacht. Von innerer Zerrissenheit. Von Verzweiflung. Orte, die eher (seelischen) Grabstätten glichen. Bewohnt von Menschen, die nur noch den Tod vor sich sehen und dennoch leben müssen. Bewohnt von Menschen, die selten ihre innere Leere, ihre innere Qual herausschreien sondern sich lieber betäuben: mit Psychopharmaka die die Gefängnisärzt*innen verordnen, oder mit Hilfe illegalisierter Substanzen.

Wie sehr mich dies seelisch aber ebenso auch körperlich (mit-)prägte, begann ich erst nach der Freilassung im Verlaufe der folgenden Monate zu begreifen, vor allem aber zu spüren. Nicht, dass wir nicht auch außerhalb der Gefängnisse Ohnmacht, Zerrissenheit, Verzweiflung kennen würden, aber Gefängnisse sind geradezu paradigmatische Orte, an denen Gesellschaften, oftmals innerlich besonders ohnmächtige, besonders zerrissene, besonders verzweifelte Menschen (zwangsweise) zusammenführen und aufbewahren. Stätten des Leidens. Wie Untote in Grabkammern, richten sich diese dort ein.

Schritt zu Schritt muss ich neu erlernen was es heißt, in einer Gemeinschaft von Menschen zu leben, die sich freiwillig zum Zusammenleben entschieden haben, und jeden Tag aufs neue dafür entscheiden, mit Menschen zusammen zu leben, die gelegentlich auch von ihren Dämonen begleitet werden, die aber in einem lebendigen Umfeld leben. Menschen die viel mehr von einer vorausschauenden Haltung aus Fühlen, Denken und Tun geprägt sind, welche davon ausgeht, dass es Gelegenheiten für die nächsten und ferneren Lebensschritte gibt und sie dadurch auch finden. Die trotz der Ungewissheit der Zukunft viel eher auf die Möglichkeit des Gelingens als die des Scheiterns schauen, die aus sich heraus gehen, sich weit machen, statt, wie es in den Gefängnissen eingeübte Praxis ist, sich zu verengen, all dann selbst wieder zuzulassen, ist ein (offenbar) langwieriger Prozess.

Es sind in meinem eigenen Fall also weder die finanziellen Umstände, denn mit dem Bürgergeld komme ich aus, noch wohnliche, denn ich darf immer noch dort wohnen, wo ich am 29.08.2023 eingezogen bin, noch berufliche, da ich weiterhin bei Radio Dreyeckland arbeite, die Schwierigkeiten bereiten. Zudem gibt es ein sehr freundliches, warmherziges, freundschaftliches und solidarisches Umfeld. Dies alles sind die bei vielen, vielen anderen ehemaligen Insass*innen, ganz prägnante Stolperstellen.

Die aber, so meine These, für alle Ex-Gefangenen größte Stolperstelle, so auch für mich selbst, ist das offene „sich-einlassen“ auf all das was Leben sonst so ausmacht: die Vielfalt, das Unvorhergesehene, die Unsicherheit, die Offenheit und Weite die vor uns liegt. Eben weil Gefängnisse Menschen derart umfassend prägen, vereinzeln, regredieren.

Die Zukunft

Um sich im Leben gut orientieren zu können, ist es hilfreich den Eindruck der Machbarkeit, den der Verstehbarkeit, sowie jenen der Sinnhaftigkeit zu gewinnen. Meine eigenen Ressourcen sind bescheiden, sie reichen oft nicht aus, all die Herausforderungen und Probleme die sich mir in meinem neuen Lebensabschnitt stellen, zu bewältigen. Viele Situationen verstehe ich nicht, zu sehr hat sich vieles in den letzten drei Jahrzehnten verändert. Die Erfahrung, dass mein Leben Sinn bereit hält, es sich lohnt mit Blick auf die Zukunft gezielt etwas zu unternehmen, mache ich immerhin punktuell: denn so viele Menschen sind in Haft oder von Haft bedroht, der Repressionsdruck ist hoch, und dürfte eher höher werden. Die Aufgaben alleine in diesem Bereich werden nicht ausgehen.

Aber oftmals ist es mir so, wie an einem Abgrund zu stehen, der Boden unter mir scheint zu wanken. Denn, bleiben wir bei der Situation von Gefangenen, damit zu leben, dass wir ihnen ihre Erfahrungen nicht abnehmen können, berührt mich heute viel mehr, als zu der Zeit, als ich noch selbst in Haft saß.

Doch gibt es sie: die Zukunft! Sie liegt vor uns, offen und weit wie das Meer. Gemeinsam mit anderen die Aufgaben anzugehen, vielleicht kommt es darauf einfach an.

Veröffentlicht unter Allgemeines/Soziales/Krieg, Strafvollzug | Verschlagwortet mit , , , , , | Schreib einen Kommentar

Summer in the city- Soko Linx lässt grüßen: Razzia in Leipzig

Anstatt den heißen Sommertag an einem Badesee zu genießen, machte sich die Soko Linx des LKA Sachsen auf, um eine Wohnung in Leipzig-Connewitz zu stürmen. Nach einer mutmaßlichen Attacke auf besagte Prokuristin Claudia P., wurde seinerzeit auf indymedia ein Bekenner*innen-Schreiben publiziert, welches das Betreiber*innenkollektiv später jedoch vom Server nahm, da der Angriff auf die Immoblienmitarbeiterin kein „emanzipatorischer Akt“ gewesen sei.

Der staatliche Angriff wenige Tage vor den Landtagswahlen

Nur vier Tage, bevor in Sachsen und Thüringen gewählt werden wird, und der AfD hervorragende Aussichten prophezeit werden, bringen sich die sächsische Generalstaatsanwaltschaft, das für die Razzia zuständige Gericht, wie auch die sächsische Polizei, der AfD freundlich in Erinnerung, damit auch alle dort wissen, auf wessen Seite das justizielle Herz schlägt.

 Der Tag an dem die Doku zur Traumatisierung durch Razzien online geht

Seit einigen Stunden ist eine Doku online, die die Brutalität der Polizeibehörden im Rahmen einer Razzia im Zusammenhang mit dem Budapest-Verfahren dokumentiert und analysiert.

Die Produzent*innen schreiben dazu: „Aufgeschossene Türen, traumatisierte Kinder und demütigende Spezialeinsatzkräfte – Am 15. März 2023 fanden in Leipzig und Jena Hausdurchsuchungen im Rahmen des sogenannten Budapest-Verfahren statt. Den beschuldigten Antifaschist:innen, deren vermeintliche Adressen an diesem Tag durchsucht wurden, wird vorgeworfen, mehrere Akteure der organisierten rechtsextremen Szene bei dem jährlichen Wehrmachts- und SS-Gedenken „Tag der Ehre“ in Budapest angegriffen zu haben. Unsere Recherchen zeigen: die Hausdurchsuchungen waren gekennzeichnet durch ein besonders brutales Vorgehen der unterschiedlichen Landespolizeien.“

Ausblick

Der Verfolgungsdruck ist hoch, er ist traumatisierend, wie die erwähnte Doku spürbar macht, und er wird auf lange Sicht nicht kleiner werden. Um so wichtiger ist es, solidarisch zusammen zu stehen, sich gegenseitig Halt zu geben, den staatlichen Angriffen Stand zu halten!

Veröffentlicht unter Allgemeines/Soziales/Krieg, Innen und Rechtspolitik | Verschlagwortet mit , , , , , , , | Schreib einen Kommentar

Polylux vor den Landtagswahlen im Gespräch: „Man muss Scheiben bezahlen die eingeschmissen werden….“

Am 01.09.2024 werden in Thüringen und Sachsen die Landtage neu gewählt.
Der AfD werden überragende Wahlergebnisse in Aussicht gestellt.Der Verein Netzwerk Polylux e.V. sammelt seit Jahren Spenden und Fördermitgliedschaften, um in Ostdeutschland, und dort insbesondere auch im ländlichen Raum, Vereine,
Initiativen und Projekte der kritischen Zivilgesellschaft vor Ort
finanziell zu unterstützen zu können, um den rechten und rechtsextremen
Strukturen etwas entgegen setzen zu können.

Veröffentlicht unter Allgemeines/Soziales/Krieg | Verschlagwortet mit , , , | Schreib einen Kommentar

Anarchistische Tage in Greifswald: Theorie, Praxis, DIY! Lebendiges, selbstorganisiertes Zusammensein

Vom 23.-25.August 2024 fanden in Greifswald anarchistische Tage statt. Für Radio Dreyeckland war ich in Mecklenburg-Vorpommern vor Ort und sprach mit Menschen die Workshops durchführten, die am Awareness-Stand von AwA* Menschen Support anboten, einer Besucherin und jemandem von der Orga-Crew. So ging es, neben zahlreichen anderen Themen bei den anarchistischen Tagen unter anderem, um Grundlagen sowie politische Theorie des Anarchismus, um die Gestaltung des Lebens ohne Lohnarbeit, um Anarch@feminismus, aber auch historische Rückblicke, wie jenen auf die „Schwarze Scharen“, die Widerstandsgruppen von anarchistischen und anarcho-syndikalistischen Jugendlichen und jungen Erwachsenen in den letzten Jahren der Weimarer Republik, wurden angeboten.

Für das leibliche Wohl wurde vor, nach und während des vielen Inputs auch gesorgt. Zudem wurden Kinofilme, beispielsweise Einhundertvier gezeigt. Der Film macht anschaulich, wie quälend lange es dauert, 104 Personen von einem sinkenden Schlauchboot zu bergen.

Am letzten Veranstaltungstag fand von 10-18 Uhr eine Buchmesse mit über 10 Verlagen statt.

Die Collage kann hier angehört werden.

Veröffentlicht unter Allgemeines/Soziales/Krieg, Innen und Rechtspolitik | Verschlagwortet mit , , , , | Schreib einen Kommentar