Letzte Generation: Lehrer in Freiburg vom Amtsgericht verurteilt!

Am 14.11.2023 fand vor dem Amtsgericht Freiburg, unter Vorsitz von Richterin Bucher ein Prozess gegen einen Lehrer aus dem Freiburger Umland statt. Ihm wurde von der Staatsanwaltschaft zur Last gelegt am 07.02.2022, am 11.02.2022 und am 21.02.2022 sich in Freiburg an Straßenblockaden der Letzten Generation beteiligt zu haben. Verteidigt wurde der Lehrer durch den Freiburger Rechtsanwalt Düsselberg.

Im Gegensatz zu anderen Strafprozessen, die zu oft vor leerem Zuschauer*innen-Raum stattfinden, war diesmal der Gerichtssaal voll, kein Stuhl blieb unbesetzt. Es dürften um die 70 oder 80 Menschen im Zuschauer*innen-Raum gesessen haben, darunter auch ganze Schulklassen mit ihren Lehrkräften. Aber auch die Mutter des angeklagten Lehrers und weitere Angehörige.

Der Prozess zog sich von 9 Uhr bis in den Nachmittag hinein. Der Aktivist der Letzten Generation bekam die Möglichkeit in einem umfangreichen Eingangsstatement die Ziele der Letzten Generation zu erläutern. Auf den Tisch hatte er einen kleinen Stoffhasen gestellt, ihn „rettete“ er aus Lützerath, bevor das Dorf geräumt wurde.

Als Biologielehrer seien ihm die klimatechnischen Zusammenhänge voll bewusst, er habe sich in einem „Sabbatjahr“ intensiv eingearbeitet. Anschließend sei für ihn klar gewesen, er müsse etwas tun! Es sei nicht nur zulässig mit Methoden des zivilen Ungehorsams, wie den Blockaden von Straßen, auf den drohenden Klimakollaps und das Erreichen und Überschreiten der „Kipppunkte“ hinzuweisen, es gebe im Grunde eine entsprechende moralische Pflicht. Immer wieder gab es aus dem Publikum lauten Applaus für die Wortbeiträge den Lehrers, was die Richterin schweigend zur Kenntnis nahm. Zugleich wurde deutlich, dass auch wenn der Aktivist von einer „Überwindung des (bestehenden) Systems“ sprach, er tief im bürgerlichen Spektrum verankert ist: den als Zeugen vernommenen Polizeikräften dankte er ausdrücklich für deren gute und faire Arbeit. Darüber hinaus war ein wesentlicher Argumentationsstrang sein Beamteneid welchen er geschworen habe. Das Grundgesetz und die Landesverfassung „zu achten und zu verteidigen“ (§ 71 Landesbeamtengesetz BW) sei mit Leben zu füllen, angesichts der Milliarden von zu erwartenden Toten, dem Zusammenbruch der Zivilisation. Hier sehe er sich auch durch den Beamteneid verpflichtet zu handeln

Zwischen Verteidiger, Staatsanwaltschaft und Gericht wurde dann darum gerungen, ob hier das allgemeine Widerstand- oder das Notstandsrecht (§ 34 StGB: rechtfertigender Notstand) die Blockaden rechtfertigt haben könnten. An neuralgischen Punkten hatten die Aktivist*innen Anfang 2022 den Straßenverkehr für einige Zeit lahmlegen können und fraglich war ob die Blockaden in strafrechtlichem Sinne „gerechtfertigt“ gewesen sein könnten. Da der Lehrer den Strafbefehl des Amtsgerichts wegen Nötigung in drei Fällen, der ihm per Post geschickt worden war, nicht akzeptierte, wurde nun vor großem Publikum verhandelt.

Letztlich konnten jedoch weder er noch sein Rechtsanwalt die Richterin überzeugen: kurz vor 15 Uhr erging das Urteil. 45 Tagessätze zu jeweils 60 €, wegen Nötigung in drei Fällen. Es habe sich bei der Sitzblockade um strafbare „Gewalt“ im Sinne des § 240 StGB gehandelt und diese Gewalt sei auch verwerflich, denn in einer Demokratie müsse sich der Angeklagte anderer Mittel bedienen, auch wenn die Vorsitzende Richterin ihm ausdrücklich hohe moralisch Ideale zubilligte. Auch seine Verzweiflung über die klimapolitische Situation spreche zu seinen Gunsten. Aber Gewalt bleibe Gewalt. Die Autofahrenden seien psychisch und physisch gehindert an der Weiterfahrt gehindert worden, dies stelle „Gewalt“ im Sinne des Nötigungsparagrafen dar.

Auf Rückfrage von RDL nach der Urteilsverkündung, gab der nunmehr verurteilte Lehrer an, er werde in die nächste Instanz ziehen!

Auf Radio Dreyeckland berichtete ich am 15.11.2023 über den Prozess im Interview mit Max.

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Nach der Haft- was nun: Theorie meets Praxis. Eine Rechtsanwältin und eine Kulturanthropologin sprechen im Interview über Ihre Arbeit

In der Katholischen Akademie in Freiburg fand am 06. November 2023 eine Vortrags- und Diskussionsveranstaltung unter der Überschrift „Du kommst aus dem Gefängnis frei- Resozialisierung-Impulse aus Theorie und Praxis“ statt. Norbert Schwab, stellvertretender Direktor und einer der Studienleiter der Akademie, leitete die Veranstaltung mit einem kurzen Impuls ein. In Monopoly-Spiel, so Schwab, verhelfe einem die Ereigniskarte „Du kommst aus dem Gefängnis frei“ zurück ins Spiel.In der Wirklichkeit sei das aber nicht so einfach. Wer fängt Menschen nach der Freilassung aus dem Gefängnis auf ihrer emotionalen Achterbahn ab, wer hilft, was leistet die Gesellschaft? Im Anschluss an Schwabs Impuls hielten die aus Würzburg angereiste Theologin Katharina Leniger und die Freiburger Uni-Dozentin Dr. Barbara Sieferle jeweils einen etwa zwanzigminütigen Vortrag. Leniger sprach aus der Sicht der Ethikerin was den ein „resozialisiertes Leben“ meine und wie Strukturen aussehen sollten um ein solches zu gewährleisten. Das Problem im Haftalltag, so Leniger, sei nicht nur die Entfremdung von Familie und Freund*innen, sondern auch das Fehlen von Eigenverantwortung. Selbst die einfachsten Alltagshandlungen, wie kochen, Wäsche waschen, würden den Gefangenen abgenommen, so dass nach der Freilassung viel zu vieles erst wieder neu gelernt werden müsste. Kritisch positionierte sich Leniger auch zur Frage der „Sicherheit“: diese sei ein wichtiges Gut, aber letztlich sei es doch ein „leerer Begriff“, dominiere aber zu häufig die politische Debatte, wenn es um den Strafvollzug gehe.

Dr. Sieferle wiederum sprach in ihrem Vortrag aus der Perspektive der Kulturwissenschaften. Sie erzählte einleitend, dass sie viele Jahre gedankenlos an der Mauer der örtlichen Haftanstalt vorbei gefahren sei auf dem Weg zur Uni, sich nicht ansatzweise für die Welt und die Menschen dahinter interessiert habe. Nun, nach, vielen Jahren intensiver wissenschaftlicher Beschäftigung mit Strafe, Strafvollzug und insbesondere den hafterfahrenen Menschen sehe sie einen deutlichen Widerspruch zwischen den gesetzlichen Vorgaben Inhaftierte zu „re-sozialisieren“ einerseits und der Wirklichkeit andererseits. Schon dem Begriff der „Resozialisierung“ begegnete sie mit viel Skepsis und dekonstruierte ihn, auch wenn er als Konzept eine wichtige politische Funktion habe.  Wenn sie heute an der Mauer der Haftanstalt vorbei fahre, frage sie sich immer wieder, welche Alternativen es zu den Gefängnissen geben könne.

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Auf RDL sprach Konstantin mit mir über die GG/BO und auch darüber wo die Männer in den Solistrukturen bleiben

In der RDL Sendereihe „Ausbruch-die Antirepressionswelle“ spricht Konstantin, ein langjähriger politischer Aktivist, mit unserem Redakteur Thomas, über die Gründung der Gefangenengewerkschaft GG/BO im Jahre 2014, die Folgezeit sowie den aktuellen Stand. Anschließend versuchen die beiden der Frage nachzugehen, weshalb in (Gefangenen)Solistrukturen der Großteil der Care-Arbeit an Frauen oder weibliche gelesenen Personen hängen bleibt-und wo da die Männer bleiben!

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Landgericht Freiburg ändert einen kleinen Teil der Weisungen in meinem Fall

Am 29.08.2023 wurde ich nach fast 27 Jahren aus der Haft entlassen. Jedoch hat das Gericht sogenannte „Führungsaufsichtsauflagen“ angeordnet. So darf ich nicht ohne Erlaubnis die BRD verlassen, muss mich monatlich bei der Bewährungshilfe melden. Aber ich hätte mich auch bei der FAB regelmäßig melden müssen. Diesbezüglich gab es eine Änderung, ebenso bei der Nutzung von Messern.

Die FAB-Weisung

Die Forensischen Ambulanzen (bios/FAB) überwachen auch Ex-Gefangene, bieten zugleich jedoch ein therapeutisches Angebot, im Wissen darum, dass nach (oftmals langer) Haft, der Wiedereinstieg in die Freiheit mit Hürden verbunden ist, die auch psychisch bewältigt werden müssen. In meinem Fall hat die Geschäftsführung der FAB in Karlsruhe entschieden, mich als Klienten abzulehnen, nachdem ich deren Datenschutzkonzept nachdrücklich in Frage gestellt hatte (Erfahrungsbericht)

Das Landgericht Freiburg hatte angeordnet, dass ich mich dort melden müsse, käme ich dem nicht nach, würde ich mich strafbar machen (§ 145 a StGB). Die FAB jedoch lehnte den Kontakt zu mir ab. Was nun? Das Gericht änderte seine Weisung dahingehend, dass ich mich nunmehr selbst „ernstlich um die Aufnahme ambulanter psychologischer/psychotherapeutischer Gespräche/Behandlungsstunden“ zu bemühen und dies der Bewährungshelferin quartalsweise nachzuweisen hätte.

Wer weiß, wie schwer es mitunter sein kann eine therapeutische Behandlung zu erhalten, mag ahnen, dass das eine längere suche werden kann.

Messer und Gehstöcke erlaubt- zumindest gelegentlich!

So ein Weisungskatalog kann sehr kleinteilig sein: ich darf weder Schuss-,Hieb-, oder Stichwaffen führen oder besitzen, mit Ausnahme von Messern Zuhause und an der Arbeitsstelle. Aber was mache ich in einem Lokal beim Essen? Da mir zudem auch der Besitz, oder das Führen von dingen verboten ist, die sich als Hiebwaffen eignen und die Rechtsprechung solch ein Verbot sehr „großzügig“ auslegt, zum Nachteil der Angeklagten, hatte ich beantragt dies zu klären.

Nunmehr darf ich, mit dem Segen des Gerichts, „einfache Besteckmesser in einem Speiselokal“ gerne „bestimmungsgemäß“ gebrauchen, und angesichts einer Knieerkrankung bei Einholung eines ärztlichen Attest, „bestimmungsgemäß Gebrauch (…) von Gehhilfen“ machen- ja, das schreiben die so wörtlich.

Warum darf (endlich) auch im Speiselokal ein Besteckmesser nutzen!? Weil, wieder ein Zitat, „einerseits von derartigen Messern ein lediglich sehr geringes Gefahrenpotential ausgeht und andererseits das Speisen in einem Restaurant für den Lebensalltag und die gelingende  Wiedereingliederung in die Gesellschaft wesentliche Bedeutung hat“. Selbiges gelte „im Ergebnis für den Gebrauch medizinisch/orthopädisch indizierter Gehhilfen (Gehstöcke, etc.)“.

Thomas Meyer-Falk

https://breakdownthewalls.site36.net/

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Radiointerview zur Prozessbeobachtung des Prozesses gegen Dubravko Mandic

Am 27.10.2023 sprach RDL-Redakteur Lukas mit mir im Morgendradio über den Prozess gegen Dubravko Mandic.
Radio Dreyeckland (rdl.de)

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Strafsache Dubravko Mandic: Landgericht Freiburg spricht Mandic frei- hier der ausführliche Prozessbericht!

Wie schon am 25.10.2023 kurz berichtet, fand am selben Tag eine mehrstündige Berufungsverhandlung vor dem Landgericht Freiburg statt. Verhandelt wurde über eine Strafsache von 2016. Ihm waren fünf Fälle der Beleidung zur Last gelegt worden. Unter Vorsitz von Richter Dr. Bleckmann, kam das Schöffengericht jedoch zu dem Ergebnis, dass Mandic freizusprechen sei und die Staatskasse die Kosten des Verfahrens zu tragen habe. 

Der Strafbefehl von 2017

Schon 2017 erging auf Antrag der Staatsanwaltschaft Karlsruhe gegen Mandic Strafbefehl durch das Amtsgericht Freiburg. Er habe auf seinem Facebook Account ein Foto verbreitet, welches eines der bekannntesten Fotos aus dem NS-Hauptkriegsverbrecherprozess zeigt, nur, dass in der Aufnahme auf der Facebook Seite von Mandic, rund 17 der Originalgesichter ausgetauscht waren: nun sah man dort Frau Merkel, Cem Özdemir, Claudia Roth, Ralf Stegner und weitere Politprominenz auf der Anklagebank. Zudem habe Mandic von „Türken-Özi“ geschrieben, gemünzt auf Cem Özdemir. Dies sei strafbar nach § 185 StGB in fünf Fällen; fünf der Betroffenen hätten fristgerecht Strafantrag gestellt.

Einspruch und weiterer Verfahrensgang

Gegen den Strafbefehl hatte Mandic Einspruch eingelegt, so dass das AG Freiburg mündlich darüber verhandelte und ihm am 27.04.2018 entsprechend verurteilte; auf seine Berufung hin stellte das Landgericht im Jahr 2022 das Verfahren ein, denn die Geschädigten hätten nicht fristgerecht ihre Strafanträge eingereicht. Die 3-Monatsfrist innerhalb derer Strafantrag hätte gestellt werden müssen, hätte schon im Jahr 2015 zu laufen begonnen, denn sonst würde bei Äußerungen im Internet die Strafantragsfrist unzulässig ausgedehnt. Hier seien die Strafanträge nunmehr zu spät gestellt worden, dies stelle ein nicht behebbares Verfahrenshindernis dar.

Hiergegen erhob die Staatsanwaltschaft Revision zum Oberlandesgericht Karlsruhe, der mit Urteil vom 18.Januar 2023 stattgegeben und an das Landgericht Freiburg zurück verwiesen wurde (Az.: 2 Rv 34 Ss 589/22). Danach sei zu unterscheiden zwischen der Tatvollendung und der Tatbeendigung- beide Zeitpunkte fielen oftmals in eins, aber eben nicht immer. Bei Publikationen wie hier, sei die Tat erst beendet, wenn das Bild gelöscht worden sei.

Im selben Urteil hat das OLG Karlsruhe, dies nur der Vollständigkeit halber, das Rechtsmittel des Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgericht Freiburg wegen gefährlicher Körperverletzung verworfen. Mandic war zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt worden, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden war.

Der Berufungsprozess am 25.10.2023

An einem verregneten Mittwochmorgen trafen die Staatsanwaltschaft Karlsruhe, vertreten durch Staatsanwalt Röber, zwei Verteidiger*innen von Dubravko Mandic, nämlich der Kölner Rechtsanwalt Jochen Lober (bekannt als Verteidiger von Ralf Wohlleben im NSU Prozess https://www.nsu-watch.info/2015/08/neue-anwaelte-fuer-wohlleben-in-vertretung/) und Rechtsanwältin Dr. Sylvia Schwaben im Saal II des Landgericht Freiburg aufeinander. Unter Vorsitz von Richter Dr. Bleckmann und zwei Schöffinnen wurde bis den ganzen Vormittag und dann auch am Nachmittag um die Deutung des Bildes sowie der schriftliche Zusatz „Türken-Özi“ gerungen.

Und war der um den es ging, Dubravko Mandic? Er ließ sich von seinem Rechtsanwalt vertreten, was in einer Konstellation wie der hier verhandelten möglich ist. Der aus dem Norden angereiste Verteidiger Lober stellte im Verlauf der Verhandlung 11 Beweisanträge. Unter anderem wollte er, dass ein Sachverständigengutachten eingeholt werde zum Beweis der Tatsache, dass es sich bei der Fotomontage um Kunst handele. Einem anderen Beweisantrag legte er ein Lineal bei. Damit sollte der Abstand der Gesichter auf der Fotomontage vermessen werde, um so zu verdeutlichen, dass keines der (Politker*innen)Gesichter irgendwie besonders hervorgehoben sei.

Denn das war seine Verhandlungsstrategie: unter Hinweis auf die „ACAB“-Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichts, das 2016 entschieden hatte, dass die Verwendung „ACAB“ nicht per se strafbar sei, denn bei „Kollektivbeleidigungen“ müssen sich sie Äußerung auf eine hinreichend überschaubare und abgegrenzte Personengruppe beziehen. Hier, so Rechtsanwalt Lober, stünden die Gesichter der Politiker*innen jedoch für die Politikerklasse als solche, die nämlich AfD Politiker in die Nähe des Nazismus rücken würden. Weshalb neben der Fotomontage auch der Hinweis „Hautptanklagevorwurf Üble Nachrede“ gestanden habe.

Das Gericht lehnte die meisten Beweisanträge ab, so zum Beispiel den Antrag auf Vernehmung der Verlegerin Friede Springer: sie sollte dazu vernommen werden um zu beweisen, dass es sich bei der Fotomontage um reine Satire handele.

Die Verteidigung bemängelte zudem, dass die Staatsanwaltschaft Karlsruhe gegen einen linken Blog, der ein vergleichbares Foto verwendet habe, keine Ermittlungen führte, sondern nur gegen ihren Mandanten. Die Verfahrensbeteiligten und drei Zuschauer bekam dann noch ein Video zu sehen, welches Mandic im Gespräch mit einer Frau des Kanals „News Front“ zeigt, und in welchem er erklärte das Bild gepostet zu haben, sich dem „Patriotischen Lager“ zurechne und politische Korrektheit für ihn weniger eine Rolle spiele.

Fast durchgehend bezeichnete der Verteidiger Mandic als „meinen Kollegen“, also als Rechtsanwaltskollegen, der dieser ja tatsächlich ist. Rechtsanwalt Lober gefiel sich augenscheinlich darin, das Verfahren auch ins Lächerliche zu ziehen, wenn der den Begriff „Türken-Özi“ in eine Reihe stellte mit DJ Özi, der ja aus Österreich komme. Dann müsse man ja auch den „feschen Franzosen“ und die „rassige Italienerin“ offenbar unter Strafe stellen, im übrigen sei es Özdemir selbst, der seine türkischen Hintergrund auf seiner Internetseite thematisiere. Man sei zudem im politischen Sektor oft sehr robust unterwegs.

Er forderte wenig überraschend Freispruch für seinen Mandanten.

Staatsanwalt Röber betonte, dass es sich bei der Aussage „Türken Özi“ um eine strafbare rassistische Beleidigung handele und die Fotomontage sei kein Beitrag zur Meinungsbildung, sie die Verteidigung meine, sondern ebenfalls strafbare Beleidigung, da si ehrverletzenden Charakter habe, bzw. dieser im Vordergrund stünde. Die Staatsanwaltschat forderte eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen à 100 €.

Das Urteil des Landgerichts Freiburg

Es wurde dann 16:30 Uhr als das Landgericht verkündete, dass Mandic freigesprochen werde, die Kosten des Verfahrens trage die Staatskasse. Nach den Worten des Vorsitzenden Richters Dr. Bleckmann seien zwar fristgerecht Strafanträge gestellt worden, jedoch liege hier keine Beleidigung im Sinne des § 185 StGB vor. Es lasse sich eben nicht sicher ausschließen, dass Mandic einen Beitrag zur politischen Diskussion habe leisten wollen. Hier gälten dann andere Maßstäbe, so wie ja auch in „bayrischen Bierzelten“ die GRÜNEN verballhornt würden. Nicht beweisen lasse sich, dass Mandic durch die Verwendung der Fotomontage die dort Gezeigten mit den Nationalsozialisten habe gleichsetzen wollen, und so gelte „in dubio pro reo“ (Im Zweifel für den Angeklagten). Und zudem sei nicht alles was rassistisch ist auch strafbar. In einer Schlussbemerkung in Richtung des Verteidigers, dessen Kollegin erschien nach der Mittagspause nicht mehr, wies der Vorsitzende noch darauf hin, dass Mandic offenbar einen Wandlungsprozess durchgemache und sich nicht mehr entsprechend äußere.

Reaktionen der Beteiligten

Die Staatsanwaltschaft Karlsruhe teilte RDL auf Anfrage mit, man habe das Urteil zur Kenntnis genommen und werde nun prüfen ob Revision eingelegt werde. Von Dr. Ralph Stegner kam über sein Büro die Rückmeldung folgende Rückmeldung: „In einem demokratischen Rechtsstaat muß man die Urteile unabhängiger Gerichte akzeptieren. Das gilt für mich auch in diesem Fall. In der Sache bleibt der Vorgang allerdings vollständig inakzeptabel und die Gleichsetzung mit den Nazi-Kriegsverbrechern bleibt eine empörende Diffamierung, gegen die ich mich immer wieder zur Wehr setzen würde.“
Und was macht Dubravko Mandic? Wie sein Verteidiger auf Frage von RDL lachend erklärte, werde der das Urteil nun wohl feiern. Es sei doch „eine Super Sache“, in nur rund 3% der Strafsachen gebe es einen Freispruch.

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Bundesverfassungsgericht rügt bayrische Justiz für Razzia bei Erlanger Professor

Das Bundesverfassungsgericht hat zwar die Verfassungsbeschwerde des Erlanger Psychologieprofessors Dr. Stemmler gegen eine angordnete Razzia des LKA vom 30.01.2020 nicht zur Entscheidung angenommen, rügt aber die bayrische Justiz für ihr Vorgehen.

Die Vorgeschichte

Am Lehrstuhl des Erlanger Professors fand ein Forschungsvorhaben über islamistische Radikalisierung in Geföngnissen statt, eiin Projekt das die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) förderte. Beteiligten Gefangenen wurde Vertraulichkeit zugesichert. Allerdings geriet ein 26-jähriger irakischer Insasse und Teilnehmer an der Studie in den Fokus der Justizbehörden. Angeblich sei er möglicherweise Mitglied einer terroristischen Vereinigung im Ausland gewesen. Im Zuge der Ermittlungen wurde dann auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft von der Ermittlungsrichterin am OLG München ein Durchsuchungsbeschluss gegen den Professor und bezogen auf dessen Räumlichkeiten. Insbesondere sollten im Zuge des Forschungsvorhaben gewonnene Unterlagen und Gesprächsaufnahmen mit dem Beschludigten irakischen Gefangenen sicher gestellt werden. Um eine Durchsuchung der Räume zu verhindern gab der Professor die Unterlagen heraus, legte danach aber Rechtsmittel ein.

OLG München weist Beschwerde ab

Mit Beschluss vom 28.07.2020 wies das OLG München die Beschwerde des Forschers zurück Die Forschungsfreiheit die grundgesetzlich gerantiert ist ziehe kein irgendwie geartetes Zeugnisverweigerungsrecht nach sich. Ein Vergleich mit der Presse sei nicht angezeigt, diese sei darauf angewiesen die Anonymität ihrer Quellen zu schützen, wohingegen die Wissenschaft mit größtmöglicher Transparenz arbeite um Nachvollziehbarkeit und Reproduzierbarkeit sicher zu stellen. Nach der Strafprozessordung gebe es kein Zeugnisverweigerungsrecht für die Wissenschaft.

Verfassungsbeschwerde des Professors (nicht ganz) erfolglos!

Gegen den Beschluss des OLG München erhob der Wissenschaftler Verfassunsgbechwerde und rügte einen Eingriff in die Wissenschaftsfreiheit. Interviewpartner würden ihre Bereitschaft zur Mitwirkung zurücknehmen, wenn sie mit der staatlichen Beschlagnahme der Unterlagen zu rechnen hätten, bzw. würden sich erst garnicht bereit erklären mitzuwirken.

Das Bundesverfassungsgericht wies die Beschwerde ab, da der Prozessbevollmächtigte diese offenbar zu spät eingereicht hatte (Entscheidung).

Allerdings nutzte das Karlsruher Gericht die Gelegenheit, den bayrischen Richterkolleg*innen Nachhilfe in der Auslegung des Grundgesetzes zu erteilen: danach bestünden „erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken“ geegen das Vorgehen. So formuliert das Gericht: „Die Forschungsfreiheit (…) umfasst auch die Erhebung und Vertraulichkeit von Daten im Rahmen wissenschaftlicher Forschungsprojekte als Bestandteil der Prozesse und Verhaltensweisen bei der Suche nach Erkenntnissen.“ Um dann abschließend festzustellen, dass „eine rationale Kriminalprävention in hohem Maße auf Erkenntnisse über Dunkelfelder und kriminalitätsfördernde Dynamiken angewiesen (ist). Eine effektive Verhinderung von Straftaten setzt deshalb genau jene Forschung voraus, die durch den Zugriff auf ihre Daten zum Zwecke der konkreten Strafverfolgung erheblich erschwert oder verunmöglicht wird.“

Bewertung und Ausblick

Der Beschluss zeigt zum einen, wie fristenfixiert die Justiz ist, auch wenn vorliegend der Rechtsprofessor der die Verfassungsbeschwerde formuliert hatte, eigentlich die Fristen kennen dürfte, zum andere ist der Fall ein weiteres Beispiel dafür, wie sich die (gerne immer wieder die bayrische) Justiz ihr eigenes Recht versucht zu etablieren- und es ist kaum fraglich, daß bei nächster Gelegenheit die Polizei, die Staatsanwaltschaft und die Instanzengericht nicht genauso handeln werden.
Und Inhaftierte sollten bedenken, daß alles was sie gegenüber staatlichen Vertreter*innen, und seien es Forscher*innen die ihnen „Vertraulichkeit“ zusichern, gegen sie verwendet werden kann.

Anna und Arthur halten’s Maul“ ist eine zeitlos aktuelle und gute Devise!

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Radiointerview zum Urteil gegen Iraker wegen angeblichen „Einschleusens mehrerer Ausländer“

Wie vor ein paar Tagen berichtet, verurteilte das Amtsgericht Freiburg einen jungen Iraker wegen angeblichen „Einschleusens von mehreren Ausländern“ zu einer Geldstrafe.

Hierzu findet ihr hier ein Interview das auf Radio Dreyeckland geführt wurde
Schöffengericht Freiburg verurteilt 28-Jährigen wegen „Einschleusens mehrerer Ausländer“ zu Geldstrafe | Radio Dreyeckland (rdl.de)

Der Beitrag ist ebenfalls zu finden auf der Seite von www.freie-radios.net.

Dort, wie auch in der Mediathek von RDL, sind viele, viele weitere spannende Berichte zu finden, meist über Themen und Menschen die sonst in den „großen“ Medienhäusern nicht vorkommen, die aber dennoch gehört werden sollten:

FRN: Schöffengericht Freiburg verurteilt 28-Jährigen wegen „Einschleusens mehrerer Ausländer“ zu Geldstrafe (freie-radios.net)

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